Chronische Nierenerkrankung bei asymptomatischen Katzen
Chronische Nierenerkrankung (CNE) führt bei Katzen zu reduzierter Lebenserwartung und verminderter Lebensqualität. Eine frühzeitige Diagnose eröffnet aber Möglichkeiten für Therapien, die das Fortschreiten der Erkrankung verzögern. In diesem Artikel wird erörtert, wie häufig CNE bei asymptomatischen Katzen auftreten kann.

Kernaussagen
Chronische Nierenerkrankung (CNE) ist eine wichtige Ursache von Morbiditt und Mortalitt bei Katzen, und eine frhzeitige Diagnose der Erkrankung ist wichtig.
Die feline CNE ist nicht auf ltere Tiere beschrnkt, und bei einigen Katzen sind klinische Symptome einer renalen Dysfunktion mglicherweise nicht offensichtlich.
Eine jngste Studie mit 32 asymptomatischen Katzen ergab, dass 93,75 % erhhte Kreatininwerte hatten, wobei 68,7 % zustzlich Anomalien bei der sonographischen Nierenuntersuchung aufwiesen.
Die Untersuchung asymptomatischer Katzen auf CNE ermglicht eine frhzeitige Diagnose der Erkrankung und damit die Implementierung proaktiver Behandlungsstrategien zur Verzgerung des Fortschreitens der Erkrankung.
Einleitung
Die chronische Nierenerkrankung (CNE) ist eine wichtige Ursache von Morbidität und Mortalität bei Katzen [1],[2]. Zur Diagnose werden verschiedene klinische Tests eingesetzt, darunter Bluttests (Harnstoff, Kreatinin und SDMA (symmetrisches Dimethylarginin)), Harnanalysen (einschließlich Protein/ Kreatininverhältnis im Harn (UPC)), abdominale Sonographie und Blutdruckmessung [2],[3],[4],[5]. Die frühzeitige Diagnose einer CNE ist wichtig, da sie die zeitnahe Einleitung einer Behandlung bereits im frühen Verlauf der Erkrankung ermöglicht. Dies trägt dazu bei, das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern, die residuale Nierenfunktion zu erhalten und eine gute Lebensqualität zu fördern, so dass eine betroffene Katze mit höherer Wahrscheinlichkeit eine „chronische Nierenerkrankung“ hat und nicht die schädliche „Niereninsuffizienz im Endstadium“ [2],[4],[5]. Dieser Artikel stellt eine Studie vor, deren Ziel die Beurteilung des Potenzials für CNE bei Katzen ohne klinische Symptome war, um zu evaluieren, ob sich diese Erkrankung häufig im Stillen manifestiert.
Material und Methoden
Tiere
Ausgewählt wurden 32 asymptomatische Mischlingskatzen, bei denen bislang keine CNE diagnostiziert worden war. Alle Katzen wiesen einen adäquaten Body Condition Score und einen physiologischen Hydratationsstatus auf. Andere potenzielle Kandidaten für die Studie wurden aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen, darunter Katzen mit klinischen Symptomen, die auf eine CNE hindeuten könnten (Gewichtsverlust, Polyurie, Polydipsie, Dysorexie, Erbrechen, Diarrhoe, reduzierter Muskelmassenindex oder reduzierter Body Condition Score), sowie Katzen unter Behandlung mit Arzneimitteln mit potenziellem Einfluss auf die Serumkonzentrationen von Harnstoff oder Kreatinin, die glomeruläre Filtrationsrate oder das spezifische Harngewicht (SHG). Ebenfalls ausgeschlossen wurden Katzen mit abnormem großem Blutbild oder abnormen abdominalen Ultraschallbefunden (mit einem dilatierten Nierenbecken > 0,5 cm, das auf eine Hydronephrose schließen lässt).
Die 32 Katzen waren zwischen einem und14 Jahre alt, bei einem mittleren Alter (± Standardabweichung) von 5,91 (± 3,79) Jahren. Die meisten Probanden (13/32) wurden als adulte Katzen (3-6 Jahre alt) eingestuft, acht als „Junior“-Katzen (1-2 Jahre alt), sieben als „reife“ Katzen (7-10 Jahre) und vier als „Senior“ Katzen (11-14 Jahre). Unter den aufgenommenen Probanden gab es keine „Super-Senior“-Katzen (d. h. über 14 Jahre alt). 53,1 % der Katzen waren männlich und 46,9 % weiblich. Das mittlere Gewicht betrug 4,90 (± 1,18) kg, und der mittlere Body Condition Score lag bei 6,19 (± 1,12) (Tabelle 1).

Methoden
Bei den 32 Katzen wurden folgende Maßnahmen durchgeführt:
- Bestimmung des großen Blutbildes sowie der Harnstoff- und Kreatininkonzentrationen im Serum anhand von Nüchternproben.
- Harnuntersuchung mit Zystozenteseproben. Im Falle einer Isosthenurie oder Proteinurie wurde empfohlen, die Tests nach 7 Tagen zu wiederholen, um eine potenzielle Persistenz abzuklären und um extrarenale Erkrankungen auszuschließen.
- Abdominale Ultraschalluntersuchung durch speziell hierfür eingesetzte Untersucher*innen (Abbildung 1).
- Messung des systolischen Blutdrucks durch eine indirekte Methode (Doppler). Im Falle einer systemischen arteriellen Hypertonie (Blutdruck > 150 mmHg) wurde die Messung wiederholt, um eine potenzielle Persistenz abzuklären. Außerdem mussten weitere Erkrankungen außer der CNE mit potenziellem Einfluss auf den Blutdruck ausgeschlossen werden (Abbildung 2).
Es wurden statistische Analysen durchgeführt und Boxplot-Grafiken erstellt. Die deskriptive Statistik berücksichtigte Mittelwerte, Standardabweichungen sowie Minimal- und Maximalwerte, und es wurde eine Pearson-Korrelationsanalyse nach Anwendung des Wilcoxon-Tests durchgeführt, wobei ein p-Wert von unter 0,05 als Kriterium für einen statistisch signifikanten Unterschied gewertet wurde.


Ergebnisse
Da der physiologische IRIS-Referenzwert für Kreatinin < 1,6 mg/dl [6] beträgt, können Katzen mit Kreatininwerten von 1,6 mg/dl und darüber, als verdächtig für eine chronische Nierenerkrankung eingestuft werden. Im Einklang mit den IRIS-Leitlinien wird zur Bestätigung der Diagnose eine zweite Blutuntersuchung zur erneuten Beurteilung des erhöhten Kreatininwerts empfohlen, und sofern verfügbar, kann zur Unterstützung der CNE-Diagnose SDMA gemessen werden. Die in der Studie gemessenen Kreatininwerte lagen zwischen 1,43-6,00 mg/dl, bei einem Mittelwert (± SD) von 2,10 mg/dl (± 0,78) (Tabelle 1). Nach den Kriterien des etablierten IRIS-Scoring-Systems (Box 1) wiesen nur zwei der insgesamt 32 untersuchten Katzen keine Azotämie auf, mit Serumkreatininwerten von 1,43 mg/dl (C25) und 1,50 mg/dl (C29). Beide nicht-azotämischen Katzen zeigten im Ultraschall jedoch eine abnorme Nierenmorphologie und wurden daher in das IRIS-Stadium 1 eingestuft. Die anderen 30 Katzen hatten Kreatininwerte zwischen 1,60-6,00 mg/dl, mit einem Mittelwert von 2,20 mg/dl (± 0,79). Dabei wurden 28 Katzen (87,5 %) in das IRIS-Stadium 2 eingestuft, eine Katze (C15 – Kreatinin 2,94 mg/dl) in das Stadium 3 und eine Katze (C24 – Kreatinin 6,00 mg/dl) in das Stadium 4 (Abbildung 3).
Box 1. IRIS-Einteilung der CNE auf der Grundlage der Kreatininkonzentration im Blut von Katzen.
Kreatinin µmol/l / mg/dl |
Kommentare |
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Stadium 1 < 140 / < 1,6 |
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Stadium 2 140-250 / 1,6-2,8 |
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Stadium 3 251-440 / 2,9-5,0 |
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Stadium 4 > 440 / > 5,0 |
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Die Harnstoffwerte lagen zwischen 45,0-98,0 mg/dl, bei einem Mittelwert von 65,40 mg/dl (± 14,27). Bei den in IRIS-Stadium 2 eingestuften Katzen wurden die gleichen minimalen und maximalen Harnstoffwerte beobachtet, bei einem Mittelwert von 33,4 mg/dl (± 13,70 mg/dl). Bei den beiden Katzen im IRIS-Stadium 1 betrugen die Harnstoffwerte 45,0 (C25) und 53,0 (C29) mg/dl; die Katze im IRIS-Stadium 3 (C15) wies eine Harnstoffkonzentration von 54 mg/dl auf, während der Harnstoffwert bei der Katze im IRIS-Stadium 4 (C24) 68,0 mg/dl betrug (Abbildung 4).

Es wurde keine Korrelation (Pearson) festgestellt zwischen Serumkreatinin und Körpergewicht (r=-0,1961; p=0,2906), zwischen Kreatinin und BCS (r=-0,2014; p=0,2690), zwischen Harnstoff und Kreatinin (r=0,1355; p=0,4595) und zwischen Alter und Kreatinin (r=-0,2355; p=0,1945).
Sechs Katzen verhielten sich bei der Messung des Blutdrucks aggressiv. Da Erregung im Zusammenhang mit der Blutdruckmessung bekanntermaßen eine situative systemische Hypertonie begünstigen kann [6],[8], und da es nicht möglich war, diese Katzen nach sieben Tagen erneut zu untersuchen, wurden diese Daten ignoriert. Auf der Grundlage ihrer Bluttests wurden diese sechs Katzen dem IRIS-Stadium 2 zugeordnet, und drei dieser Katzen (C13, C16 und C25) wiesen zusätzlich auch Veränderungen in der renalen Sonographie auf (Tabelle 2). Bei den anderen 26 Katzen wurde kein persistierender Blutdruckanstieg festgestellt, bei Werten zwischen 110-150 mmHg und einem Mittelwert von 127,90 mmHg (± 14,13) (Tabelle 1).
Tabelle 2. Ultraschallbefunde der Nieren.
C1 | Unregelmäßige Konturen, HCE und Verdickung der Rinde |
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C2 | HCE |
C3 | HCE |
C4 | HCE |
C5 | Keine Veränderungen |
C6 | HCE |
C7 | Keine Veränderungen |
C8 | Keine Veränderungen |
C9 | Keine Veränderungen |
C10 | Asymmetrische Nieren, HCE und Infarkte |
C11 | HCE |
C12 | HCE |
C13 | HCE und medulläres Signal |
C14 | HCE am kortikomedullären Übergang |
C15 | Keine Veränderungen |
C16 | Unregelmäßige Konturen, medulläres Signal, Niereninfarkt und partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit |
C17 | HCE und Mikronephrolithiasis |
C18 | Unregelmäßig konturiert, einseitig |
C19 | Partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit und Infarkt |
C20 | Morphologische Veränderungen an den Wänden des Nierenbeckens |
C21 | Unilaterale Nephrolithiasis |
C22 | Unregelmäßige Konturen und morphologische Veränderungen der Beckenwände |
C23 | Unregelmäßige Konturen, HCE, partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit, medulläres Signal und Infarkt |
C24 | HCE, partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit, morphologische Veränderungen der Nierenbeckenwände und Nephrolithiasis |
C25 | Unregelmäßige Konturen, HCE |
C26 | Unregelmäßige Konturen, HCE, Zysten und partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit |
C27 | Unregelmäßige Konturen, HCE und partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit |
C28 | HCE und partieller Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit |
C29 | Unregelmäßige Konturen, HCE |
C30 | Keine Veränderungen |
C31 | Keine Veränderungen |
C32 | Keine Veränderungen |
HCE: hohe kortikale Echogenität |
Neben der Azotämie zeigten 75,0 % der Katzen (24/32) bei der Ultraschalluntersuchung der Nieren morphologische Anomalien, die auf eine CNE hindeuten. Dazu gehörten ein Verlust der kortikomedullären Differenzierbarkeit (15,63 %; 5/32), unregelmäßige Konturen (28,13 %; 9/32) und eine reduzierte Nierengröße und/oder erhöhte kortikale Echogenität (56,2 %; 18/32). Zweiundzwanzig der Katzen mit veränderter Nierenmorphologie wiesen Kreatininwerte von mehr als 1,6 mg/dl (68,75 %) auf (Tabelle 1 und 2, Abbildung 3).
Bei 19 Katzen wurde eine Zystozentese zur Gewinnung von Harnproben durchgeführt. Bei den restlichen 13 Katzen wurden keine Harnproben entnommen, da entweder nicht ausreichend Harn für eine Probenahme vorhanden war und/oder die Katzen nicht für einen zweiten Versuch einer Harnprobenentnahme zur Verfügung standen. Die Harnanalyse ergab für alle untersuchten Proben SHG-Ergebnisse über 1.040, und bei sechs Katzen (18,75 %) wurde mittels Reagenzstreifen eine Proteinurie gemessen (Abbildung 5), während die Untersuchung des Harnsediments keine besonderen Befunde ergab. Die Harnprobenentnahme wurde während der Studie nicht wiederholt, so dass eine Persistenz der Proteinurie nicht bestätigt werden konnte.

Diskussion
Obwohl CNE bei Katzen traditionell als durchaus prävalent beschrieben wird [1],[2],[3] waren die Beobachtungen in dieser Studie überraschend, da alle 32 asymptomatischen Katzen mindestens einen Marker aufwiesen, der auf die Diagnose einer CNE hindeutete.
Die abdominale Sonographie ist ein wichtiges Instrument für die Diagnose von CNE [1],[4],[9]. Obwohl es sich bei der vorliegenden Untersuchung um eine Querschnittsstudie handelt, geht man davon aus, dass die festgestellten sonographischen Veränderungen persistierender Natur sind, und allein schon aufgrund dieses Befundes würde man bei mindestens 24 der 32 in der Studie untersuchten Katzen (75 %) eine CNE vermuten. Lediglich zwei dieser Katzen wiesen zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Azotämie auf (Tabelle 1 und 2).
Da die Diagnose CNE bei Katzen gemäß Leitlinien durch den Nachweis einer Azotämie zu mindestens zwei Zeitpunkten gestellt werden kann (sobald andere potenzielle Ursachen einer Azotämie ausgeschlossen werden können) [1],[4],[9], besteht bei 93,75 % der in dieser Studie untersuchten Katzen ein hoher Verdacht auf IRIS-Stadien 1 und 2, wobei eine Katze sogar dem Stadium 3 und eine weitere dem Stadium 4 zugeordnet wird (Tabelle 1). Darüber hinaus wiesen 68,75 % der Katzen sowohl eine Azotämie als auch eine veränderte Nierenmorphologie auf, also einen Kombinationsbefund, der die Diagnose CNE stark untermauert [1],[2],[4],[5]. Es gab in dieser Studie zwar keine Follow-up-Untersuchungen zur Bestätigung einer Persistenz der Azotämie, bei diesen Katzen wurden jedoch keine prä- oder postrenalen Ursachen einer Azotämie festgestellt.
Von den 30 azotämischen Katzen in der Studie wiesen nur acht Tiere (25 %) keine sonographischen Anomalien auf. Eine hypothetische Erklärung für diesen Befund – Azotämie ohne sonographische Nierenveränderungen – ist eine Erhöhung der Kreatininkonzentrationen bei Katzen mit größerer Muskelmasse. Eine Möglichkeit, um diese Hypothese zu überprüfen, wäre eine SDMA-Bestimmung [3], die in dieser Studie jedoch nicht durchgeführt wurde. Es gab aber keine Korrelation zwischen Kreatininkonzentration und Körpergewicht oder zwischen Kreatininkonzentration und BCS, so dass möglicherweise auch die Anzahl der untersuchten Katzen dieses Ergebnis beeinflusst haben könnte.
Bekannt ist, dass die Prävalenz von CNE mit zunehmendem Alter steigt [7],[10],[11] und dass diese Erkrankung bei geriatrischen Katzen entsprechend häufiger auftritt. In der vorliegenden Studie lag das mittlere Alter jedoch bei 5,91 Jahren, und 53,13 % der untersuchten Katzen (17/32) waren jünger als fünf Jahre. Außerdem wurden ausschließlich Mischlingskatzen für die Studie ausgewählt, obwohl frühere Untersuchungen eine höhere Prävalenz von CNE bei einigen Rassekatzen (Perser, Maine Coon, Siam, Burmesen und Abessinier) aufgrund einer genetischen Prädisposition zeigen. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen früherer Studien [1],[2] wurde eine geschlechtsspezifische Prädisposition nicht nachgewiesen. Interessant wäre eine umfassende, größer angelegte Studie, um diese Ergebnisse zu bestätigen.
Die Beobachtungen in dieser Studie waren überraschend, da alle 32 asymptomatischen Katzen mindestens einen Marker aufwiesen, der auf die Diagnose CNE hindeutete.
Eine CNE bei Katzen kann sich aus erworbenen Ursachen entwickeln, wie z. B. sekundär infolge einer akuten Nierenschädigung, oder aus anderen Erkrankungen, wie z. B. einer Hyperthyreose [1],[2],[12],[13]. In dieser Studie war es nicht möglich, im Einzelfall eine Ätiologie für die Azotämie zu bestimmen, möglich ist aber, dass bei vier der Katzen das fortgeschrittene Alter eine kausale Rolle gespielt hat. In Anbetracht der Tatsache, dass acht teilnehmende Katzen juvenilen Alters waren, sind weitere Studien zu möglichen Ätiologien der felinen CNE erforderlich.
Die Harnanalyse ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Diagnose einer CNE und für das Screening auf Proteinurie und Isosthenurie; zudem liefert sie wertvolle Befunde für die Diagnose extrarenaler Erkrankungen [1],[2],[4],[5],[9]. Obwohl eine Harnanalyse in der vorliegenden Studie lediglich bei 19 der insgesamt 32 Katzen möglich war, wurden keine abnormen SHG-Werte festgestellt. Dieser Befund stimmt mit früheren Studien überein, die zeigen, dass der Verlust der Harnkonzentrierungsfähigkeit bei Katzen mit CNE im Vergleich zu chronisch nierenkranken Hunden später im Verlauf des Krankheitsprozesses auftritt [1],[4],[13].
Bei den in der vorliegenden Studie untersuchten Katzen wurde weder eine persistierende systemische Hypertonie noch eine Proteinurie verifiziert. Da beide Faktoren aber wichtige Kriterien für die Diagnose einer CNE sind, kann dies als Einschränkung der Studie betrachtet werden, scheint aber letztlich keinen Einfluss auf die festgestellten Ergebnisse gehabt zu haben. Betont werden muss an dieser Stelle jedoch, dass generell eine wiederholte Untersuchung betroffener Katzen zu empfehlen ist, um die Persistenz einer pathologischen renalen Proteinurie oder eines systemischen Bluthochdrucks zu bestätigen oder auszuschließen [6],[7],[8],[14]. Da eine systemische Hypertonie Schäden an Zielorganen (Herz, Augen, Gehirn und Nieren) verursachen und das Risiko eines Fortschreitens der CNE erhöhen kann [6],[7],[8], sollte der Blutdruck bei allen Katzen mit CNE regelmäßig überwacht werden. Bei der Analyse der Tatsache, dass es sich bei vielen der in dieser Studie untersuchten Katzen um relativ junge Tiere handelte, muss die geringe Probengröße berücksichtigt werden, und es ist nicht davon auszugehen, dass grundsätzlich jede Katze, also auch Tiere im Alter von unter 5 Jahren, irgendeinen Grad von Nierenerkrankung aufweist. Umfassendere Studien mit wiederholten Blutuntersuchungen (einschließlich SDMA) wären hilfreich, um die Inzidenz von okkulter CNE bei der Spezies Katze weiter zu untersuchen.
In der vorliegenden Studie wurden keine abnormen spezifischen Harngewichte festgestellt. Dies stimmt mit früheren Studien überein, die zeigen, dass der Verlust der Harnkonzentrierungsfähigkeit bei Katzen mit CNE im Vergleich zu chronisch nierenkranken Hunden später im Krankheitsprozess auftritt.
Schlussfolgerung
Die hier vorgestellten Beobachtungen decken sich mit den Ergebnissen anderer Studien, die darauf hinweisen, dass eine chronische Nierenerkrankung (CNE) bei Katzen still verlaufen kann. In der Schlussfolgerung bedeutet dies, dass die chronische Nierenerkrankung bei asymptomatischen Katzen eine hohe Prävalenz haben könnte und dass eine routinemäßige Bestimmung relevanter CNE-Marker (Kreatinin- und SDMA-Konzentrationen, Harnanalyse, möglicherweise in Verbindung mit Blutdruckmessung und Nierenultraschall) auch bei scheinbar gesunden Katzen empfehlenswert ist, da eine frühzeitige Diagnose den Zugang zu umfassenderen therapeutischen Möglichkeiten eröffnet und bessere Prognosen begünstigt.

Luciano H. Giovaninni
DVM, MSc, PhD, School of Veterinary Medicine and Animal Science, University of São Paulo, Brasilien
Brasilien
Dr. Giovaninni ist approbierter Tierarzt und besitzt einen Master’s Degree sowie einen Doktortitel in Animal Sciences von der Faculty of Veterinary Medicine and Animal Science, University of São Paulo. Er ist Spezialist für klinische Medizin bei Hunden und Katzen und arbeitet zusätzlich zu seiner Tätigkeit an der Universität in einer Privatpraxis in São Paulo, wo er urologische und nephrologische Fälle behandelt.

Cinthia Ribas Martorelli
DVM, MSc, PhD, School of Veterinary Medicine and Animal Science, University of São Paulo, Brasilien
Brasilien
Dr. Martorelli schloss ihr Tiermedizinstudium 2005 an der Universität Guarulhos ab und absolvierte dort anschließend eine Residency in der Small Animal Medical Clinic bevor sie einen Master‘s Degree zum Thema Proteinurie bei diabetischen Hunden an der University of São Paulo errang. Anschließend promovierte (PhD) Dr. Martorelli im Bereich Nephrologie mit Schwerpunkt Kalzium- und Phosphormetabolismus. Zurzeit arbeitet sie im Bereich Innere Medizin der Kleintiere mit Fokus auf Nephrologie und Urologie.
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