Persönliche Empfehlungen... Der Hund mit veränderten Leberenzymen
Geschrieben von Jordi Puig
Erhöhte Leberenzyme bei routinemäßigen biochemischen Screenings sind ein häufiger Befund in der Kleintierpraxis. Jordi Puig erläutert, auf welche Weise er entscheidet, ob solche Befunde signifikant sind oder nicht.
Article
Kernaussagen
Leberenzymkonzentrationen sind nicht die einzigen Marker der Leberfunktion. Die Einschätzung der Leberfunktion erfolgt durch die Beurteilung von Parametern, die die Synthese- und/oder Ausscheidungskapazität der Leber für Substanzen wie Gallensäuren widerspiegeln.
Eine einzelne Messung liefert in den meisten Fällen nicht genug Informationen. Eine Verlaufsuntersuchung ist sehr viel aussagekräftiger.
Die biochemischen Veränderungen bei Patienten mit sekundärer Hepatopathie werden in der Regel durch eine unspezifische reaktive Hepatitis hervorgerufen.
Bei fortgeschrittener Lebererkrankung, wie z. B. Zirrhose, können Anstiege der Leberenzyme geringgradig ausfallen.
Einleitung
Die korrekte Diagnose einer hepatobiliären Erkrankung kann eine schwierige Aufgabe darstellen. Eine Erhöhung der Leberenzyme ist ein häufiger Befund in der tierärztlichen Praxis. Um die richtige Diagnose zu stellen und die passende Behandlung einleiten zu können, müssen wir aber die tatsächliche Bedeutung dieser Erhöhung verstehen. Die der Vor- und Nachteile diagnostischer Labortests ist eine wesentliche Voraussetzung, um eine fehlerhafte Interpretation der Ergebnisse zu vermeiden.
Grundlagen der Leberenzymologie
Die meisten Methoden zur Messung von Enzymkonzentrationen basieren auf der Berechnung der Enzymaktivität. Die Enzymeinheit „E“ (oder englisch „U“ für Unit) entspricht der Menge eines Enzyms, die die Umwandlung von einem µmol eines Substrates in einer Minute katalysiert [1]. Die Referenzbereiche können je nach Labor und je nach angewendeter Methode variieren. Wenn Ergebnisse miteinander verglichen werden, muss dies immer auf der Grundlage der Größenordnung der Erhöhung geschehen und nicht einfach nur anhand der simplen Zahlenwerte. Zu beachten ist ferner, dass Faktoren wie Hämolyse, Ikterus oder Lipämie die Ergebnisse einer Probe verändern können, abhängig von der eingesetzten Analysemethode.
Das Ausmaß des Anstieges der Enzymaktivität korreliert tendenziell mit dem Grad der Leberschädigung. Solche Tests erlauben aber keine verlässliche Aussage zur Leberfunktion, zur Ursache des Problems oder zur Prognose. Wenn zum Beispiel eine fortgeschrittene Erkrankung wie eine Zirrhose vorliegt, kann der Anstieg der Leberenzyme geringgradig ausfallen. Ebenso hängt die Dauer eines jeden Anstieges von Leberenzymen hauptsächlich von der durchschnittlichen Halbwertszeit des Enzyms ab, aber auch von der Ursache der Schädigung und nicht zuletzt vom Grad des zugrundeliegenden Krankheitsprozesses. Eine einzelne Messung liefert dem Tierarzt somit nur selten ausreichend Informationen. Verlaufsuntersuchungen sind in diesen Fällen sehr viel aufschlussreicher. Jede Erhöhung der Leberenzyme kann in drei Stadien unterteilt werden [2]:
- Geringgradig: < 5 x die Obergrenze des Referenzbereiches
- Mittelgradig: 5-10 x die Obergrenze des Referenzbereiches
- Hochgradig: > 10 x die Obergrenze des Referenzbereiches
Die beiden Hauptmechanismen hinter einer Erhöhung der Konzentration von Leberenzymen im Serum sind Zellschäden und eine Induktion der Enzymsynthese. Die Enzyme sind hauptsächlich in den Mitochondrien, im Zytoplasma und in den Zellmembranen von Leberzellen lokalisiert. Wenn Enzymkonzentrationen aufgrund von Zellschäden erhöht sind, hängt die Enzymleckage von ihrer Konzentration in der Zelle und von ihrer Lokalisation innerhalb der Zelle ab. So weist zum Beispiel ein Anstieg von Enzymen, die in den Mitochondrien der Leberzelle lokalisiert sind, auf einen größeren Schaden hin als ein Anstieg von Enzymen, die nur im Zytoplasma der Zelle vorkommen. Leberenzyme werden im Allgemeinen in zwei Gruppen unterteilt: Enzyme, die einen Zellschaden anzeigen (Alanin-Aminotransferase und Aspartat-Aminotransferase) und Enzyme, die auf eine Induktion der Enzymsynthese hinweisen (alkalische Phosphatase und Gamma-Glutamyltransferase) [3].
Schließlich lässt die Messung von Leberenzymen keine Rückschlüsse auf die Funktionalität der Leber zu. Die Beurteilung der Leberfunktion basiert vielmehr auf Parametern, die die Synthese- und/oder Ausscheidungskapazität der Leber widerspiegeln, wie zum Beispiel Bilirubin, Glukose, Cholesterin, Harnstoff, Albumin oder Gallensäuren (Gallensäurestimulationstest) (Tabelle 1).
| Leberenzyme liefern uns keine Informationen über die funktionelle Kapazität der Leber. Die häufigsten Tests zur Bestimmung der Leberfunktion sind: |
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Alanin-Aminotransferase (ALT)
ALT, früher auch bekannt unter der Bezeichnung Serum-Glutamat-Pyruvat- Transaminase (GPT oder SGPT), kommt hauptsächlich im Zytoplasma von Leberzellen vor mit hohen Konzentrationen in der periportalen Zone (Zone 1 – (Box 1)) [2]. Dieses Enzym wird zwar auch in anderen Organen gefunden (Herzmuskel, Skelettmuskel, Nieren, rote Blutkörperchen), in der Leber ist die ALT-Konzentration aber vier Mal höher als beispielsweise im Herzmuskel und zehn Mal höher als in der Niere. Im Falle einer ALT-Erhöhung muss zunächst ein extrahepatischer Ursprung ausgeschlossen werden (z. B. Hämolyse oder hochgradiges Muskeltrauma). Die durchschnittliche Halbwertszeit dieses Enzyms liegt bei zwei bis drei Tagen.
Die Freisetzung dieses Enzyms geht im typischen Fall mit Veränderungen der Permeabilität der Leberzellmembran einher und wird in den meisten Fällen durch Toxine, entzündliche Prozesse, Hypoxie, Gewebetraumata oder Neoplasien hervorgerufen (Tabelle 2). Die größten Anstiege werden bei Nekrosen und Entzündungen festgestellt. Die Höhe des Anstieges korreliert mit der Anzahl geschädigter Zellen, ist aber nicht spezifisch für einen bestimmten Prozess. Bei fortgeschrittener Zirrhose oder Gefäßerkrankungen findet man oft nur geringgradige ALT-Erhöhungen. Zu beachten ist, dass eine ALT-Erhöhung nicht immer gleichbedeutend ist mit einer primären Lebererkrankung. Zahlreiche Erkrankungen, deren primäre Ursache zum Teil weit von der Leber entfernt lokalisiert sein kann, können zu erhöhten Leberenzymen führen (z. B. metabolische Erkrankungen, systemische Entzündungsprozesse). Bei akuten Erkrankungen gilt eine Abnahme der ALT-Konzentration während der ersten Tage der Erkrankung um mehr als 50 % als positiver prognostischer Faktor.
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Aspartat-Aminotransferase (AST)
AST – früher auch bekannt unter der Bezeichnung Serum-Glutamat-Oxalacetat- Transaminase (GOT oder SGOT) – kommt in den Mitochondrien von Leberzellen in höherer Konzentration vor als ALT, und zwar vor allem in der Zone 3 des Leberazinus (Box 1) [2]. AST hat eine geringere Spezifität als ALT und wird auch in Muskeln und in roten Blutkörperchen gefunden. Wie bei ALT muss zunächst ein extrahepatischer Ursprung einer AST-Erhöhung ausgeschlossen werden (z. B. Hämolyse, Muskeltrauma). Wenn erhöhte Konzentrationen festgestellt werden, sind grundsätzlich aber ähnliche Differenzialdiagnosen abzuklären wird bei einer ALT-Erhöhung. Die Halbwertszeit der AST beim Hund beträgt 5 bis 12 Stunden. In den meisten Fällen verläuft der Anstieg von AST und ALT parallel, bei einigen Patienten normalisiert sich AST aufgrund ihrer kürzeren Halbwertszeit und der Lokalisation in den Mitochondrien zeitlich aber vor der ALT-Konzentration.
Alkalische Phosphatase (AP)
Alkalische Phosphatase (AP) wird von zwei Genen kodiert: einem unspezifischen Gewebe-Gen und einem intestinalen Gen. Das unspezifische Gewebe-Gen transkribiert die in Leber, Niere, Plazenta und Knochen zu findenden Isoenzyme [2]. Das intestinale Gen kodiert für die intestinalen und Kortikosteroid-induzierten Isoenzyme. Die Isoenzyme katalysieren dieselbe chemische Reaktion, haben aber unterschiedliche Aminosäuresequenzen. Die Halbwertszeit von intestinaler, renaler und plazentaler AP ist sehr kurz (unter 6 Minuten). AP in der Leber und im Knochen sowie Kortikosteroid-induzierte AP weisen jedoch Halbwertszeiten von nahezu 60 Stunden auf. Bei Tieren unter einem Jahr hat die aus Knochen stammende AP den größten prozentualen Anteil an der Gesamt-AP [5], während bei älteren Tieren das Leber-Isoenzym dominiert. Die Kortikosteroid-induzierte AP trägt zu 10-30 % zur Gesamt-AP-Konzentration bei, wobei ältere Hunde am oberen Ende dieser Spanne liegen. Aufgrund dieser Verteilungsmuster beträgt die Spezifität dieses Enzyms für hepatobiliäre Erkrankungen etwa 51 %, die Sensitivität liegt dagegen bei 80 % (Tabelle 3) (Box 2).
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Die aus der Leber stammende AP ist in der Leberzellmembran der Gallenkanälchen und Sinusoide lokalisiert. Die beiden Hauptmechanismen hinter einer Erhöhung der hepatischen AP sind eine Cholestase und eine arzneimittelbedingte Induktion. Cholestase führt zu einer Akkumulation von Gallensäuren, die wiederum die Produktion von AP induzieren. Arzneimittel wie Phenobarbital und Kortikosteroide führen zu einer Steigerung der hepatischen AP.
Kortikosteroid-induzierte AP wird in der Leber gebildet. Ihre Konzentration steigt tendenziell bei Hyperadrenokortizismus, dieses Isoenzym kann aber auch bei anderen Erkrankungen erhöht sein, wie z. B. Diabetes mellitus, primären Lebererkrankungen oder anderen chronischen Prozessen. Dies schränkt die Aussagekraft bei der Diagnose eines Hyperadrenokortizismus ein.
Knochenspezifische AP ist in der Membran von Osteoblasten lokalisiert. Anstiege bei Patienten mit Osteosarkom sind tendenziell geringgradig. Beim Sibirischen Husky wird eine benigne familiäre Hyperphosphatasämie (mit überwiegender Erhöhung der knochenspezifischen AP) beschrieben [5].
Die auffälligsten Erhöhungen der alkalischen Phosphatase beobachtet man bei Cholestase (fokal oder diffus), bei Hepatitis oder bei der Anwendung von Kortikosteroiden. Auch bestimmte Lebertumore, wie zum Beispiel Leberzellkarzinome, können zu einem hochgradigen Anstieg führen. Bei der Unterscheidung zwischen hepatischer Cholestase und posthepatischer Cholestase ist die Höhe der AP-Aktivität jedoch nicht hilfreich (Tabelle 3).
Gamma-Glutamyltransferase (GGT)
Das Enzym GGT kommt in Epithelzellen des biliären Systems und in Hepatozyten vor, aber auch in der Bauchspeicheldrüse, in den Nierentubuli und in Epithelzellen des Mammagewebes. Die Halbwertszeit bei Hunden beträgt 72 Stunden. Erhöhungen der GGT-Werte hängen mit einer Cholestase oder einer biliären Hyperplasie zusammen, aber auch Kortikosteroide führen zu einer Erhöhung der GGT-Aktivität. Das Enzym gilt als spezifischer (87 %) als die alkalische Phosphatase, weist aber eine geringere Sensitivität auf (50 %) [3].
Vorgehen bei einem Patienten mit erhöhten Leberenzymen
Meine Hauptziele bei einem Patienten mit Verdacht auf eine hepatobiliäre Erkrankung auf der Grundlage eines biochemischen Screenings sind folgende:
- Abklärung, ob eine hepatobiliäre Erkrankung vorliegt.
- Beurteilung der Leberfunktion.
- Abklärung, ob der Ursprung primär oder sekundär ist.
- Stellen der korrekten Diagnose.
- Überwachung des therapeutischen Ansprechens.
Auch wenn Erhöhungen von Leberenzymen im Prinzip als eine klare Sache erscheinen, stellen sie dennoch in vielen Fällen eine große Herausforderung dar, da die klinischen Symptome sehr unspezifisch sein können und in einigen Fällen sogar vollständig fehlen. Darüber hinaus spielt die Leber eine zentrale Rolle bei der Detoxifizierung sowohl endogener als auch exogener Toxine. Zudem kann die Leber durch zahlreiche extrahepatische Prozesse sekundär beeinflusst werden. Die Leber besitzt eine hohe Reservekapazität, so dass klinische Symptome einer Leberdysfunktion erst in weiter fortgeschrittenen Stadien hepatischer Krankheitsprozesse auffallen (Abbildung 1).
Der erste Schritt ist die Einbeziehung des Vorberichts, der klinischen Symptome und der Ergebnisse der klinischen Untersuchung. Ein optimaler Vorbericht ist hierbei von herausragender Bedeutung, unter anderem, um Hinweise auf mögliche Toxine (Nahrung, Arzneimittel, Pflanzen etc.) zu erhalten und um abzuklären, ob Risikofaktoren für Infektionskrankheiten vorliegen (z. B. fehlerhaftes Impfschema). Aufgrund ihrer anatomisch-funktionellen Bedeutung und ihrer Fähigkeit, Fremdsubstanzen (Xenobiotika) zu metabolisieren, kann die Leber hohen Konzentrationen potenziell toxisch wirksamer Substanzen ausgesetzt sein [6]. Gut bekannt ist zudem, dass einige Hunderassen eine Prädisposition für bestimmte Leberprobleme aufweisen.
Hepatotoxizität von Arzneimitteln kann in zwei Gruppen unterteilt werden: intrinsische Toxizität und idiosynkratische Toxizität. Erstere verursacht Leberschäden bei jedem Tier, das einer gegebenen Dosis eines Arzneimittels ausgesetzt ist; Letztere tritt bei individuellen Tieren auf, wobei der Leberschaden nicht vorhersagbar ist und keine offensichtliche Korrelation mit der Dosierung des Arzneimittels aufweist.
- NSAIDs werden mit idiosynkratischen Reaktionen in Verbindung gebracht. Die meisten beschriebenen Fälle betreffen Carprofen, grundsätzlich sind aber alle NSAIDs in der Lage, Leberschäden hervorzurufen. Der Grad ist abhängig vom individuellen Patienten, und Schäden treten typischerweise innerhalb von drei Wochen nach Beginn der Behandlung auf. Die Symptome sind variabel, und der Anstieg der Leberenzyme ist oft hochgradig (insbesondere ALT). Die meisten betroffenen Hunde erholen sich zwar nach Absetzen des NSAIDs und mit unterstützender Therapie, vereinzelt können aber auch Todesfälle infolge akuter Leberinsuffizienz vorkommen.
- Die toxische Dosierung von Paracetamol bei Hunden liegt bei etwa 150 mg/kg und ist ein Beispiel für eine intrinsische Hepatotoxizität. Die Metaboliten dieses Arzneimittels (hauptsächlich N-Acetyl-p-Benzochinonimin oder NAPQI) sind an der Oxidation von roten Blutkörperchen und Hepatozyten beteiligt. Auffällige Laborbefunde sind eine Methämoglobinämie, ein merklicher Anstieg der ALT und eine Hyperbilirubinämie bei den meisten betroffenen Hunden [7]. Die Behandlung der Wahl in diesen Fällen besteht in der intravenösen Gabe von Acetylcystein, da dieser Wirkstoff die Toxizität von NAPQI reduziert. Cimetidin, Vitamin C und S-Adenosyl-Methionin (SAM) können ebenfalls hilfreich sein.
- Die Hepatotoxizität von Phenobarbital wird sowohl als intrinsisch als auch als idiosynkratisch beschrieben. Die am häufigsten erwähnte Theorie zur Erklärung des Anstieges der AP durch Phenobarbital ist die Induktion des Enzyms, dies ist aber aufgrund des möglichen Vorliegens von Leberschäden durchaus diskutabel [8] [9]. Grundsätzlich ist die Erhöhung der AP eher geringgradiger Natur, und in einigen Fällen beobachtet man auch eine geringgradige Erhöhung der ALT. Das Absetzen von Phenobarbital ist angezeigt, wenn die ALT-Konzentration höher liegt als die AP-Konzentration und/oder wenn Hinweise auf eine Leberdysfunktion vorliegen (Hypocholesterinämie, Hyperbilirubinämie, Erhöhung der Gallensäuren oder Hypalbuminämie). Einige Patienten sind auch bei hochgradigen klinischen und histopathologischen Veränderungen in der Lage, ihre Leberfunktion wiederherzustellen [10].
- Azathioprin ist ein Purin-Analogon, das in der Behandlung immunvermittelter Erkrankungen weithin eingesetzt wird. Eine Hepatotoxizität (definiert als ein > 2-facher Anstieg der ALT-Aktivität) wird bei 15 % aller behandelten Hunde beschrieben, im Allgemeinen jedoch ohne klinische Symptome [11]. Normalerweise tritt die Hepatotoxizität innerhalb der ersten zwei Wochen nach Therapiebeginn auf, also noch vor Beginn einer Myelotoxizität (durchschnittlich nach 53 Tagen). Es besteht der Verdacht, dass Deutsche Schäferhunde eine Prädisposition haben. In einigen Fällen tritt der Enzymanstieg jedoch erst später auf. Bei geringgradigem ALT-Anstieg empfiehlt es sich, den Patienten regelmäßig zu überwachen. Bei Patienten mit mittel- bis hochgradigen Erhöhungen der ALT wird dagegen empfohlen, die Dosierung zu reduzieren oder das Azathioprin vollständig abzusetzen.
- Bei mit Glukokortikoiden behandelten Hunden kann es zu einem variablen Anstieg von AP kommen, der normalerweise nicht mit Leberschäden einhergeht. In einigen Fällen kann das Auftreten einer hochgradigen vakuolären Hepatopathie jedoch Symptome einer Cholestase und Zellschädigungen hervorrufen. Minimiert werden diese Effekte durch eine Reduzierung der Glukokortikoiddosierung, die vollständige Remission kann jedoch mehrere Monate in Anspruch nehmen. Nicht selten beobachtet man bei Patienten ohne Lebererkrankung, die Glukokortikoide erhalten, geringgradig erhöhte Gallensäuren. Bei Tieren, die Glukokortikoide erhalten, hat die Gabe von Leberschutzpräparaten wie SAM keinen Einfluss auf die Histopathologie oder auf veränderte Enzymspiegel [12].
- Lomustin (CCNU) ist eine alkylierende Verbindung, mit einer bei 6 % aller behandelten Hunde beschriebenen Hepatotoxizität. Die toxischen Effekte treten verzögert im Verlauf der Behandlung auf und sind akkumulativ, dosisabhängig und irreversibel. Die Enzymveränderungen reichen von mittelgradigen bis hochgradigen ALT-Erhöhungen mit einem durchschnittlichen Anstieg um das 11-fache des oberen Limits des Referenzbereiches. Die Prognose ist aufgrund der Leberinsuffizienz schlecht, die Gabe von SAM und Silibinin während der Behandlung kann jedoch helfen, den Leberschaden zu minimieren [13].
Welche weiteren Tests können durchgeführt werden?
Bei Hunden mit erhöhten Leberenzymen erstelle ich immer ein großes Blutbild sowie ein allgemeines biochemisches Profil und führe darüber hinaus eine Harnanalyse durch. Die Befunde des Blutbildes können relativ variabel sein. Liegt eine Anämie vor, ist diese meist aregenerativ. Es können aber auch intestinale Blutungen als sekundäre Folge einer Koagulopathie vorkommen. Eine Mikrozytose wird häufig bei portosystemischen Shunts beobachtet. Im Harnsediment von Patienten mit Leberinsuffizienz oder portosystemischen Shunts findet man häufig Ammoniumbiuratkristalle.
Die Höhe des Anstieges der Leberenzymaktivität korreliert tendenziell mit dem Grad der Leberschädigung, sie erlaubt aber keine verlässliche Aussage zur Leberfunktion, zur Ursache des Problems oder zur Prognose.
Röntgenaufnahmen unterstützen die Beurteilung von Größe, Form, Lage, Opazität sowie der Ränder der Leber und dienen darüber hinaus dem Nachweis von Gas oder Mineralisierungen (Abbildung 2). Ultraschall unterstützt die Bestimmung des Ausmaßes der Leberschädigung (fokal, multifokal oder diffus) sowie die Beurteilung der Vaskularisierung und kann darüber hinaus auch bei der Entnahme von Proben hilfreiche Dienste leisten (Zytologie, Kultur und Biopsie) (Abbildung 3). Zu beachten ist, dass ein fehlender Nachweis sonographischer Veränderungen nicht gleichbedeutend ist mit einer gesunden Leber.
Die Leberzytologie ist hauptsächlich von Nutzen, wenn es sich um multifokale oder diffuse metabolische oder neoplastische Prozesse handelt (z. B. Rundzelltumor, vakuoläre Hepatopathien) (Abbildung 4). Im Vergleich zur Histopathologie ist die Sensitivität der Zytologie jedoch niedrig. Ich empfehle die Zytologie in vielen Fällen aber dennoch als einen ersten Schritt zur Gewinnung von Leberproben, da es sich um eine schnelle, minimal invasive und sichere Maßnahme handelt. Die Cholezystozentese unter Ultraschallkontrolle ist eine weitere nützliche minimal invasive diagnostische Maßnahme mit geringer Komplikationsrate [14].
Die Histopathologie ist erforderlich für die Unterscheidung zwischen malignen und benignen Neoplasien sowie für den Nachweis von Gefäßanomalien (Portalvenenhypoplasie), Zirrhose, entzündlichen Prozessen oder Lebererkrankungen aufgrund einer Kupferakkumulation oder anderer Metalle/Substanzen (Abbildung 5). Im Anschluss an Gerinnungstests müssen in jedem Fall multiple Proben verschiedener Leberlappen entnommen werden, wobei verschiedene Methoden der Probengewinnung angewendet werden können (Tru-Cut-Biopsie, Laparotomie oder Laparoskopie). Es ist extrem wichtig, dass der untersuchende Pathologe die Leitlinien für die Histopathologie der Leber der World Small Animal Veterinary Association (WSAVA) berücksichtigt 1.
1 wsava.org/global-guidelines/liver-disease-guidelines
Hyperbilirubinämie
Wenn ein ikterischer Hund vorgestellt wird, ist es ganz entscheidend, den Ursprung der Hyperbilirubinämie (prähepatisch, hepatisch oder posthepatisch) mit Hilfe einer Blutuntersuchung und Ultraschall abzuklären (Abbildung 6). Jüngste Studien zeigen, dass bakterielle Cholangitiden und Cholezystitiden bei Hunden möglicherweise häufiger vorkommen, als bislang angenommen [15]. Die typischsten klinisch-pathologischen Befunde sind ein Anstieg der Leberenzyme, eine Hyperbilirubinämie und eine Neutrophilie. Die häufigsten Ultraschallbefunde sind erweiterte Gallengänge, eine Verdickung der Gallenblasenwand, eine Erweiterung der Gallenblase und Gallensediment oder eine Mukozele in der Gallenblase. Die Gewinnung von Gallenproben ist wichtig für die Überprüfung möglicher Antibiotikaresistenzen. Die bevorzugte Behandlung ist in der Regel eine Cholezystektomie, die darüber hinaus die Möglichkeit einer Biopsie und der Entnahme von Proben für Kulturen bietet. Weitere häufige Erkrankungen der Gallenblase und der Gallengänge sind Mukozelen, Cholelithiasis und Neoplasien.
Sekundäre Lebererkrankungen
Als schwierigster Aspekt der Diagnostik bei einem Patienten mit erhöhten Leberenzymen kann sich die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Lebererkrankung erweisen. Die Veränderungen bei einem Patienten mit sekundärer Lebererkrankung sind im typischen Fall auf eine unspezifische reaktive Hepatitis zurückzuführen. Diese Patienten zeigen erhöhte Leberenzymkonzentrationen aufgrund von Zellschäden (ALT und AST) und aufgrund von Enzyminduktion (AP und GGT). Eine Veränderung der Leberfunktion kommt dagegen nur selten vor, außer bei Patienten mit funktioneller Cholestase. Die Biopsie zeigt ein entzündliches Infiltrat in den Portalbereichen und im Leberparenchym, ohne Anzeichen einer Lebernekrose. Weitere mögliche Veränderungen sind eine vakuoläre Degeneration, eine Lipidose oder eine Cholestase, wobei Letztere der häufigste histopathologische Befund in Biopsieproben ist. Bei Patienten mit primärer Lebererkrankung besteht insgesamt eine höhere Wahrscheinlichkeit hochgradiger klinischer Symptome, wie zum Beispiel Hepatomegalie, Mikrohepatie, Ikterus oder hepatische Enzephalopathie.
Als schwierigster Teil der Diagnostik bei Patienten mit erhöhten Leberenzymen kann sich die Unterscheidung zwischen primärer und sekundärer Lebererkrankung erweisen. Die Veränderungen bei einem Patienten mit sekundärer Lebererkrankung sind im typischen Fall auf eine unspezifische reaktive Hepatitis zurückzuführen.
Chronische Hepatitis
Eine chronische Hepatitis liegt oft bei Hunden mit vagen klinischen Symptomen und erhöhten Leberenzymen vor. Histopathologisch ist eine chronische Hepatitis gekennzeichnet durch eine Apoptose oder Nekrose mit entzündlichem Infiltrat (gemischt oder lymphoplasmazellulär) und Neigung zum Fortschreiten in Richtung Fibrose und Zirrhose mit Leberinsuffizienz. Die Ätiologie ist vielfältiger Natur (Kupferspeicherkrankheit, Infektionserreger, Arzneimittel etc.), in vielen Fällen bleibt die Ursache jedoch unbekannt (idiopathische chronische Hepatitis). Einige Hunderassen sind prädisponiert für chronische Hepatitiden, wobei die diesbezüglich am intensivsten untersuchten Rassen zu Kupferspeicherhepatopathien neigen. Zu beachten ist, dass für eine Quantifizierung des hepatischen Kupfers eine größere Leberbiopsieprobe (1-2 g) erforderlich ist. Auch verschiedene Infektionserreger wie Leptospira spp., Leishmania spp., Babesia spp. und Ehrlichia spp. können chronische Hepatitiden hervorrufen. Der häufigste histopathologische Leberbefund bei Tieren mit Leishmaniose ist eine granulomatöse Entzündung oder eine multifokale pyogranulomatöse Entzündung in den Portalbereichen der Leber.
Vorgehen bei asymptomatischen Patienten
Nicht selten werden hohe Leberenzymkonzentrationen bei einem asymptomatischen Patienten nachgewiesen. Eine Studie über eine Gruppe gesunder Hunde unterschiedlichen Alters zeigt einen Anstieg von ALT, AST, AP bzw. GGT bei 17 %, 11%, 39 % bzw. 19 % der Tiere [16]. Mein erster Schritt in dieser Situation ist die Bestätigung der Ergebnisse (durch Wiederholung des Tests oder durch Entnahme einer neuen Probe unter Vermeidung bzw. Ausschluss von Hämolyse und Lipämie), um einen Laborfehler auszuschließen. Wichtig ist ein sorgfältiger Vorbericht, um mögliche Ursachen abzuklären wie Arzneimittelgaben (einschließlich topischer Behandlungen oder Tropfen) oder Hinweise, die vom Besitzer nicht bemerkt worden waren. Das Alter des Patienten ist ein weiteres wichtiges Kriterium, da junge Tiere geringgradige Anstiege der AP zeigen können und bei älteren Tieren Enzymerhöhungen im Zusammenhang mit benignen Prozessen (noduläre Hyperplasie), Neoplasien oder vakuolären Hepatopathien auftreten können. Einer der wichtigsten Schritte ist aber die Bestimmung des tatsächlichen Ursprungs der Enzymveränderung, da die Primärerkrankung in vielen Fällen weit entfernt von der Leber lokalisiert ist. Die Diagnose und die Beseitigung der primären Ursache führen in vielen Fällen auch zu einer Normalisierung der erhöhten Leberenzymkonzentrationen. So haben zum Beispiel 50 % aller Hunde mit Trachealkollaps erhöhte Leberenzyme und erhöhte Gallensäuren, möglicherweise aufgrund einer hepatischen Hypoxie. Die Behandlung des respiratorischen Problems führt zwar zu einer Besserung der Gallensäurekonzentrationen, die Leberenzyme bleiben in diesen Fällen tendenziell jedoch hoch [17].
Eine Erhöhung der AP ist ein häufiger Befund im Rahmen jährlicher Check-ups oder bei präanästhetischen Untersuchungen. Da einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase eines der verschiedenen Isoenzyme zugrunde liegen kann, muss ein sehr gründlicher Vorbericht erhoben werden. Die häufigsten mit AP-Erhöhungen einhergehenden endokrinen Erkrankungen sind Diabetes mellitus, Hyperadrenokortizismus und Hypothyreose. In 90 % aller Fälle von Hyperadrenokortizismus beobachtet man eine Erhöhung der AP infolge einer Enzyminduktion und einer Vakuolisierung der Hepatozyten mit Glykogen, die eine Cholestase hervorruft. Bei Diabetes mellitus kommt es zu einer Vakuolisierung von Hepatozyten, die zu Lipidose und Cholestase führt. Wie oben erwähnt sind die häufigsten Ursachen erhöhter AP-Werte bei asymptomatischen älteren Hunden eine vakuoläre Hepatopathie, eine noduläre Hyperplasie oder eine Neoplasie.
Eine vakuoläre Hepatopathie kann mit endogenen oder exogenen Kortikosteroiden zusammenhängen und gelegentlich hochgradiger Natur sein, einhergehend mit Cholestase und Zellschädigungen, die zu einem Anstieg der ALT führen [18]. In 50 % der beschriebenen Fälle liegen keine Hinweise auf eine Erkrankung der Nebenniere oder eine exogene Zufuhr von Kortikosteroiden vor, und die genaue Ursache bleibt unbekannt.
Eine noduläre Hyperplasie ist gekennzeichnet durch multiple Knoten im Leberparenchym. Es handelt sich um eine benigne Erkrankung bei älteren Hunden. Die Ätiologie ist unbekannt, die WSAVA-Klassifikation der Lebererkrankungen kategorisiert diese Erkrankung jedoch als neoplastischen Prozess. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer Hyperplasie und tumorassoziierten Prozessen und Zirrhose. Der Anstieg der AP kann von einer geringgradigen Erhöhung der ALT begleitet werden, die Leberfunktion betroffener Hunde ist jedoch normal. Eine spezifische Behandlung gibt es nicht, empfohlen werden aber biochemische Check-ups und regelmäßige Ultraschalluntersuchungen alle 6-12 Monate.
Erhöhte Leberenzyme sind ein häufiger Befund in der Kleintierpraxis, sie sagen uns aber nichts über die funktionelle Kapazität der Leber des Patienten. Solche Befunde haben zahlreiche potenzielle Ursachen. Der Tierarzt muss weitere diagnostische Tests, den Vorbericht und klinische Symptome berücksichtigen, um die richtige Diagnose zu stellen und die geeignete Behandlung einleiten zu können.
Jordi Puig
DVM, Dipl. ACVIM (SAIM), Dipl. ECVIM-CA (Internal Medicine)
Spanien
Dr. Puig schloss sein Studium 2008 an der freien Universität Barcelona ab und absolvierte nach einer kurzen Zeit in der Allgemeinpraxis ein Internship und anschließend eine Residency beim Animal Health Trust in Großbritannien. Im Jahr 2014 erhielt er das Diplom des American College of Veterinary Internal Medicine (Small Animal Internal Medicine) und 2017 des European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals Im Jahr 2015 wechselte er zur tierärztlichen Klinik Ars Veterinaria, wo er gegenwärtig die Abteilung für Innere Medizin der Kleintiere leitet. Dr. Puigs besonderes Interesse gilt sämtlichen Aspekten der inneren Medizin, seine wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen Gastroenterologie und Endokrinologie.
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