Verbesserung des Wohlbefindens und Prävention von Burnout

Geschrieben von Aoife M. Smith

 

Mit Hilfe von Achtsamkeit können TFAs ihre Resilienz verbessern und Burnout verhindern, wobei stets ein proaktiver Ansatz zu empfehlen ist.

5 - 15 min
Eine Frau sitzt im Lotussitz im Gras.

Kernaussagen

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt fest, dass gute psychische Gesundheit ein integraler und wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Wohlbefindens ist, und spricht sich dafür aus, psychische Gesundheit als ein grundlegendes Menschenrecht zu betrachten.

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Arbeitsbelastung und finanzieller Stress sind neben anderen wichtigen Faktoren allgemein anerkannte Hindernisse für eine gute psychische Gesundheit bei TFAs.

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Der tierärztliche Berufsstand muss konkrete, organisationsgeleitete Initiativen zur Unterstützung psychisch gefährdeter Arbeitskräfte ins Leben rufen.

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Auf Achtsamkeit basierende Techniken können dazu beitragen, unangenehme psychische Erfahrungen abzuschwächen und die Resilienz von TFAs zu verbessern.

Einleitung: Die Bürde psychischer Belastungen und Burnout

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert positive psychische Gesundheit als „Zustand des mentalen Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten und lernen kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen“. Weiter heißt es, dass psychische Gesundheit ein wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Wohlbefindens ist und als grundlegendes Menschenrecht betrachtet werden sollte. Darüber hinaus ist die WHO der Ansicht, dass psychische Gesundheit ein grundlegendes Element der persönlichen, gemeinschaftlichen und sozioökonomischen Entwicklung ist[1] Trotz all dieser Erkenntnisse ist dieses „grundlegende Menschenrecht“ für Berufstätige im Bereich Tiermedizin weltweit gefährdet. Hohe Arbeitsbelastung,finanzielle Sorgen, lange Arbeitszeiten, schwierige zwischenmenschliche Erfahrungen, unerwartete Ergebnisse, der emotionale Tribut von Euthanasie und die Angst vor Beschwerden oder Fehlernwerden von den meisten Berufstätigen im Bereich Tiermedizin als Gründe für psychische Belastungen genannt [2].

Welches Ausmaß hat das Problem?

Es gibt zwar nur wenige Untersuchungen zu dieser Thematik, die sich ausschließlich auf TFAs fokussieren, jüngste Forschungsergebnisse weisen jedoch auf ein in dieser Berufsgruppe besorgniserregendes Ausmaß von Burnout, Mitgefühlsermüdung (Compassion Fatigue) und Stress hin (Abbildung 1). So zeigt eine Studie der Irish Veterinary Nursing Association aus dem Jahr 2018, dass 45 % der Befragten planten, den Beruf aufgrund verschiedener Stressfaktoren am Arbeitsplatz innerhalb der folgenden fünf Jahre aufzugeben – und diese Ergebnisse stammen noch aus der Zeit vor den Beschränkungen durch die COVID-19-Pandemie. Die Zahl der TFAs, die beabsichtigten, aus dem Job auszusteigen, ist in dieser Zeit um 15 % angestiegen, wobei als Hauptgründe für diese Entscheidung finanzielle Sorgen oder die Gehaltsstruktur genannt wurden[3]. Noch zu klären sind die entsprechenden Zahlen zur Absicht, den Beruf zu verlassen für das Jahr 2025, ein weiterer Anstieg über diese 15 % hinaus scheint aber durchaus plausibel, da neuere Untersuchungen auf eine schlechte berufliche Lebensqualität und einen weltweiten Arbeitskräftemangel in der Tiermedizin hinweisen [4], [5] .

In einem Bericht des Veterinary Council of Ireland aus dem Jahr 2022 wurde festgestellt, dass 42 % der befragten TFAs im Vergleich zu ihren Kolleg*innen ein abnorm hohes Maß an Angst aufwiesen; der Bericht deutete zudem darauf hin, dass die Betroffenen auch anfälliger für psychische Belastungen und selbstverletzendes Verhalten waren[6]. Das disproportionale Verhältnis Frauen-zu-Männer in der teilnehmenden Kohorte könnte einige Leser*innen zu der voreiligen Schlussfolgerung verleiten, dass diese Ergebnisse in erster Linie auf die Dominanz von Frauen in der Stichprobe zurückzuführen sind, und dies vor dem Hintergrund der problematischen Annahme, dass Frauen von Natur aus „emotionaler“ oder weniger resilient seien. Eine Reduzierung dieses komplexen Themas auf solche Mutmaßungen über Frauen bedeutet jedoch zum einen, dass sehr viel relevantere und dringlichere systemische Faktoren außer Acht gelassen werden, die eine kritische Aufmerksamkeit erfordern, zum anderen aber auch, dass Verständnis und Mitgefühl ignoriert werden, die bei der Betrachtung nuancierter genderspezifischer Erfahrungen in einem breiteren Spektrum unerlässlich sind..

Eine britische Studie aus dem Jahr 2024 kommt zu der Schlussfolgerung, dass weitere Forschung erforderlich ist, um bestehende Unklarheiten in Bezug auf Trends der psychischen Gesundheit von TFAs zu adressieren [4], Vor dem Hintergrund der aktuellen Datenlage kann man sich aber zumindest darauf einigen, dass Burnout erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden, das Behalten des Arbeitsplatzes und das Tierwohl hat. Zudem weisen Untersuchungen darauf hin, dass Mitgefühlsermüdung bei einigen Berufstätigen an der Tagesordnung ist und neben Burnout auch mit dem Ausmaß von Resignation assoziiert sein kann[7], [8]. Die Auswirkungen von COVID-19 auf das psychische Wohlbefinden tierärztlicher Praxisteams sowie wirksame Maßnahmen zur Lösung dieser sehr spezifischen Krise müssen ebenfalls noch untersucht werden. TFAs im Pferdebereich in ländlicheren Gegenden schienen während COVID-19 anfälliger für eine schlechte psychische Gesundheit gewesen zu sein (9). Bei allen Berufstätigen in der Tiermedizin scheint Unhöflichkeit am Arbeitsplatz in Form von schwierigen Interaktionen mit Kolleg*innen und Tierhalter*innen direkte Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden zu haben. Auffällig ist jedoch der Einfluss der Pandemie auf diese spezifische Problematik. In einer Studie wurde interessanterweise jedoch festgestellt, dass Unhöflichkeit älterer Kolleg*innen mit der Jobfluktuationsabsicht von Tierärzt*innen korreliert, während Unhöflichkeit der Kund*innen mit Burnout assoziiert ist [9], Trotz verbleibender Unklarheiten in der Literatur steht aber fest, dass Self Care-Strategien TFAs dabei helfen können, Burnout-Symptome zu reduzieren und die Erholung zu fördern [10], [4], [7], [8], [9], [11]. Achtsamkeitsbasierte Übungen könnten ein vielversprechender Ausgangspunkt für die Suche nach konkreten Lösungen zur Linderung der Krise der psychischen Gesundheit in der Veterinärmedizin sein, indem sie die Resilienz einer durch ständige emotionale Widrigkeiten gefährdeten Personengruppe verbessern.

Ein TFA hält ein Schild hoch und bittet um Hilfe aufgrund von Umweltstress.
Abbildung 1. Burnout, Mitgefühlsermüdung und Stress sind bei tierärztlichem Personal nur allzu häufig anzutreffen, was oft auf die vielfältigen und erheblichen Belastungen ihres Jobs zurückzuführen ist. © Shutterstock

Achtsamkeit für eine bessere Resilienz

Resilienz ist ein sehr vielschichtiger Prozess, bei dem der oder die Einzelne auf persönliche und kontextbezogene Ressourcen zurückgreift, um Bewältigungsstrategien zu entwickeln und aus einer Situation zu lernen, ohne von dieser überwältigt zu werden [12]. Im Kontext der modernen tierärztlichen Praxis scheint Resilienz eine Schlüsselrolle bei der Abmilderung von Auswirkungen psychischer Belastungen und bei der Verringerung von Personalfluktuation zu spielen [13].Derzeit ist nicht bekannt, ob die Bereitschaft zur Akzeptanz achtsamkeitsbasierter Methoden als Präventionsstrategie und auch als Interventionsmethode für eine beeinträchtigte psychische Gesundheit mit dem Karrierestadium oder mit dem Alter zusammenhängt, es könnte sich aber lohnen, diesbezügliche Unterschiede zwischen bestimmten Kohorten näher zu beachten.

Eine Studie (nicht aus dem Bereich Tiermedizin) zeigt, dass ältere Erwachsene die Inanspruchnahme psychologischer Behandlungen oft ablehnen, wodurch ihre Fähigkeit, Ängste, Stress und Depressionen wirksam zu bewältigen, beeinträchtigt ist. Die Autor*innen der Studie kamen jedoch zu dem Schluss, dass achtsamkeitsbasierte Gruppeninterventionen Angst wirksam verringern und sich gleichzeitig positiv auf die Einstellung gegenüber psychologischer Behandlung bei der Kohorte älterer Erwachsener auswirken [14]. Die Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen bei Studierenden der Tiermedizin wurde bislang nur in wenigen Längsschnittstudien beurteilt. Eine Untersuchung [15] fand jedoch heraus, dass die regelmäßige Teilnahme an achtsamkeitsbasierten Übungen Angst- und Depressionssymptome signifikant verringert (Abbildung 2). Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) wird häufig als therapeutischer Ansatz zur Stärkung von Resilienz eingesetzt und erweist sich in Verbindung mit Achtsamkeitsübungen als noch wirksamer [16], [17]. Bei Pflegefachpersonal in der Humanmedizin reduzierte eine achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT; Mindfulness-Based Cognitive Therapy) nachweislich die Symptome von posttraumatischen Belastungsstörungen, Angst und Depression [16]. Andere Forschungsarbeiten bei humanmedizinischem Pflegefachpersonal deuten darauf hin, dass strukturierte und überwachte, organisationsgeleitete Programme eher den Weg in Richtung Aufbau von Resilienz und Verringerung von Burnout weisen als ein ausschließlich eigenständiger, selbstgesteuerter Ansatz [18], [19]. Eine Studie mit einer Gruppe von High School Student*innen zeigt, dass bereits acht MBCT-Sitzungen zu einer signifikanten Verbesserung von Resilienz und Motivation führen [20], Andere Untersuchungen unterstreichen den Nutzen regelmäßiger Kleingruppengespräche für Studierende der Tiermedizin, die in der Studie sehr treffend als „Compassion Fatigue Rounds“ bezeichnet werden [21]. Eine strukturierte und konsistente Anleitung schien in allen genannten Studien die Wirkung achtsamkeitsbasierter Techniken zu beeinflussen. Weitere Untersuchungen sind aber erforderlich, um das ideale Verhältnis zwischen eigenständigen, selbstgesteuerten Übungen und einem programmgestützten, organisierten Ansatz zu bestätigen.

Da organisationsgeleitete Initiativen in der Tiermedizin bislang noch nicht allgemein akzeptiert sind, können eigenständige, selbstgesteuerte Achtsamkeitsübungen – wie Tagebuchschreiben und Body-Scan-Meditationen – die Handlungsfähigkeit fördern, insbesondere in Zeiten, in denen die diesbezügliche Untätigkeit von Entscheidungsträger*innen besonders offensichtlich ist. Angesichts ihrer nachweislichen Wirksamkeit bei Angst-, Depressions- und Stressabbau könnte die regelmäßige Beschäftigung mit solchen Aktivitäten für Personen hilfreich sein, die psychisch belastende Erfahrungen bewältigen möchten und Burnout vermeiden wollen.

Eine Frau sitzt im Lotussitz im Gras.
Abbildung 2. Die regelmäßige Teilnahme an achtsamkeitsbasierten Übungen wie Yoga kann Symptome von Angst und Depression signifikant lindern. © Shutterstock

Tagebuchschreiben: Stift, Papier und innerer Frieden

Das Führen eines Tagebuches (Abbildung 3) ist ein einfaches und vielseitiges Instrument, das nur wenige Zugangsbarrieren und Anwendungshindernisse zu haben scheint, gleichzeitig Stress und depressive Symptome reduziert und damit die Resilienz verbessert. Eine Studie aus dem Jahr 2015 mit einer gemischten Gruppe Berufstätiger im Gesundheitswesen zeigt, dass hierbei die zusätzliche Aufforderung, Dankbarkeit auszudrücken (d. h., bei jedem Eintrag in das Tagebuch sollte ein Grund zur Dankbarkeit angegeben werden) noch wirksamer zu einer Reduzierung dieser Symptome beiträgt. In zwei Gruppen wurden Stress und depressive Symptome vor und nach einer vierwöchigen Tagebuchführung gemessen, wobei aber nur eine Gruppe zusätzlich auch eine entsprechende Dankbarkeitsübung absolvierte. Nach dem Tagebuchschreiben zeigte die Gruppe mit der Dankbarkeitsübung weniger depressive und stressassoziierte Symptome als ihre Kolleg*innen, die ihre Tagebuchroutine nicht um den Aspekt Dankbarkeit erweitert hatten [22], [23].

Das Führen eines Tagebuchs fördert eine gesunde Art und Weise, sich insbesondere in Zeiten einer Überforderung auszudrücken, und könnte sich für einige TFAs als essenziell erweisen, wenn das Selbsteingeständnis von Problemen, Ängsten, Sorgen und psychischen Symptomen die Voraussetzung für die Planung entsprechender Interventionen ist. Da das Tagebuchführen sowohl die physiologische Regulierung fördert (d. h., die Regulierung von Herz- und Atemfrequenz) als auch positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat, kann es zum einen als Intervention betrachtet werden, zum anderen aber auch als wirksame Methode zur Erleichterung der Planung weiterführender Interventionen. Darüber hinaus bietet das Führen eines Tagebuchs die Möglichkeit, positive Selbstgespräche zu führen und so übertriebene Selbstkritik und Selbstabwertung zu hinterfragen und abzubauen. Das Schreiben eines Tagebuches erleichtert auch die Klärung potenzieller Ursachen negativer emotionaler Erfahrungen (Stress, Angst, Depression usw.), so dass die betroffene Person dann dazu befähigt und veranlasst wird, vorhandene Probleme gezielt anzugehen und eine entsprechende Resilienz aufzubauen [24].

Ein Tablett mit einem Tagebuch, einem Stift, Kaffee und einer Kerze.
Abbildung 3. Das Führen eines Tagebuchs (das Aufschreiben der täglichen Aktivitäten, manchmal auch privater Gedanken, Gefühle und Ziele) kann sehr hilfreich bei der Stressbewältigung sein. © Shutterstock

Viele Leser*innen fragen sich an dieser Stelle wahrscheinlich, wie sie das Tagebuchschreiben in ihre tägliche Routine einbauen können. Dabei ist das Zeitmanagement eines der wichtigsten Probleme, auf das die Autorin bei der psychotherapeutischen Arbeit mit Berufstätigen im Bereich Tiermedizin immer wieder stößt. Unstrittig ist, dass weitere wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich sind, um die breiter gefasste kollektive Erfolgsrate zu messen, aber Abbildung 4 kann zumindest einige Hinweise und Klarstellungen zu selbstgesteuerten Zeitmanagement-Strategien bezüglich des Tagebuchführens auf individueller Ebene geben, basierend auf den individuellen Erfahrungen der Autorin in der Einzeltherapie und in der Gruppenarbeit mit Berufstätigen im Bereich Tiermedizin in den letzten Jahren.

Das Festlegen von Terminen und Erinnerungen ist ein wirksames Mittel gegen Entscheidungsmüdigkeit, die dem konkreten Handeln und daraus folgenden Fortschritten im Weg stehen kann. Das Festlegen strikter Grenzen gegenüber nahestehenden Personen stellt dann sicher, dass die gewählte Zeit nicht unterbrochen wird. Eine gezielte Wahl der Tageszeit, zu der man Tagebucheinträge vornimmt, kann optimale Ergebnisse fördern und das Bewusstsein für Fortschritte stärken. So kann beispielsweise das Tagebuchschreiben am Morgen für eine erste geistige Klarheit zu Beginn des Tages sorgen, während das Führen eines Tagebuchs am Abend zur Verbesserung der Schlafqualität beitragen kann, wenn die Ereignisse des Tages nachwirken und Sorgen oder Bedenken im Hinblick auf die „To-Do“-Liste des nächsten Tages hervorrufen. Das Vermeiden von Multitasking und die strikte Begrenzung der mit dem Tagebuchschreiben verbrachten Zeit sorgen für ein insgesamt niedrigeres Stimulationslevel und fördern eine achtsame Präsenz, wodurch letztendlich eher positive Ergebnisse begünstigt werden. Ein intentionales, absichtsförderndes Vorgehen, zum Beispiel durch Verwendung von speziell zu diesem Zweck bestimmtem Schreibmaterial und die Wahl der am besten zu den eigenen Symptomen und dem eigenen Lebensstil passenden Methode, fördert zusätzlich einen engagierten Umgang mit dem eigenen psychischen Wohlbefinden. Der bewusste Einsatz von Vorgaben und Hilfstools (viele davon sind online über Pinterest, Instagram und andere soziale Medien kostenlos zugänglich) ermöglicht darüber hinaus auch eine strukturierte Bewertung von Fortschritten. 

Ein Kreis mit 8 Tipps, wie man sich die Zeit für ein Tagebuch nehmen kann.
Abbildung 4. Zeitmanagement für das Tagebuchschreiben. © Aoife M. Smith

Von angespannt zu ruhig: Die Body-Scan-Meditation

Body-Scan-Meditation kann den Blutdruck senken, Schmerzen lindern, den Schlaf verbessern, Ängste und Stress abbauen, Emotionen regulieren und die Selbstwahrnehmung steigern [25] Allein oder in Verbindung mit einem Tagebuch kann diese Achtsamkeitsübung den Stressabbau weiter unterstützen und sowohl den Schlaf als auch die Fähigkeit zur Entspannung während der Ruhephasen verbessern. Eine Kombination aus Body-Scan-Meditationen und Tagebuchführung kann die Wirksamkeit geplanter Interventionsstrategien verbessern, da letztere dann auf der Grundlage eines gesteigerten Bewusstseins des Einzelnen für seine spezifischen Bedürfnisse hinsichtlich der Symptomverbesserung implementiert werden.

Ein wesentliches Merkmal von Angst ist die Furcht vor der Zukunft und das Vorausahnen unangenehmer Umstände oder Ereignisse. Body-Scan-Meditationen helfen dabei, Teilnehmende im gegenwärtigen Moment zu erden und fördern einen achtsameren Umgang mit dem, was die Zukunft bringen mag. Bei regelmäßiger Anwendung können diese Übungen wiederum die Resilienz verbessern, da man sich bewusst wird, dass man in der Lage ist, jedes noch so widrige Ereignis zu bewältigen (Abbildung 5). Weitere Forschung über den Einsatz von Body-Scan-Meditationen zur gezielten Förderung von Resilienz bei tierärztlichen Teams ist erforderlich, wenn man aber die bereits heute über diese Technik im Allgemeinen vorliegenden Forschungsergebnisse zugrunde legt, scheint es durchaus wahrscheinlich, dass dieses Instrument positive Wirkungen hat. Die in Abbildung 4 dargestellten Überlegungen zum Zeitmanagement bezüglich des Tagebuchschreibens gelten im Übrigen auch für Body-Scan-Meditationen. Abbildung 6 zeigt eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, denn entscheidend für die Wirksamkeit sind ein gutes Verständnis und die richtige praktische Ausführung der einzelnen Schritte eines Body-Scans.

Ein Mann sitzt auf einem Sofa und meditiert.
Abbildung 5. Body-Scan-Meditationen helfen dabei, den Teilnehmer im gegenwärtigen Moment zu erden und fördern einen achtsameren Umgang mit dem, was die Zukunft bringen mag. © Shutterstock

Um optimale Ergebnisse zu erzielen, empfiehlt es sich, einige Zeit mit verschiedenen Ressourcen zu experimentieren (die meist kostenlos online verfügbar sind). Dabei sollte man berücksichtigen, dass es für die Erkundung verschiedener Möglichkeiten der Selbstfürsorge kein allgemeingültiges Regelwerk gibt und man deshalb standardmäßig auf die „Versuch und Irrtum“-Methode zurückgreifen muss. Hier ist es ratsam, sich etwas Zeit zu nehmen, um herauszufinden, was auf individueller Ebene tatsächlich am besten funktioniert, und sich dabei sowohl von den erkennbaren Misserfolgen einer Intervention als auch von ihren Erfolgen inspirieren zu lassen, da diese Erkenntnisse möglicherweise entscheidend sind, um die Wirksamkeit einer Intervention zu verbessern. Während wir also darauf warten, dass Entscheidungsträger*innen in den tierärztlichen Praxen wirksame Verbesserungen zur Aufrechterhaltung des psychischen Wohlbefindens aller Mitarbeitenden in Angriff nehmen und praktisch umsetzen, ist es unerlässlich, dass wir uns auf individueller Basis für ein selbstbestimmtes Symptommanagement und die Verbesserung der Resilienz einsetzen.

Ein Diagramm zur Veranschaulichung des Prozesses einer geführten Body-Scan-Meditation.
Abbildung 6. Wie man eine Body-Scan-Meditation durchführt. © Healthline.com/ neu gestaltet von Sandrine Fontègne

Achtsam in Richtung psychischer Gesundheit

Es hat den Anschein, dass das grundlegende Menschenrecht auf gute psychische Gesundheit des Praxispersonals auch weiterhin eingeschränkt bleibt, wenn die Verantwortlichen und/oder Entscheidungsträger*innen sich nicht mit essenziellen und forschungsgestützten Interventionen befassen, organisationsgeleitete und nachhaltige Programme zur Bekämpfung von Stress, Angst und Depression innerhalb ihrer Belegschaft zu entwickeln und zu implementieren. Tierärztliches Personal ist ständigem Stress am Arbeitsplatz, finanziellen Belastungen, unvorhersehbaren Arbeitszeiten, zwischenmenschlichen Problemen, unvorhergesehenen Widrigkeiten, den psychologischen Auswirkungen von Euthanasie und der Angst vor Beschwerden und Fehlern ausgesetzt [2]. Durch proaktives Herangehen an achtsamkeitsbasierte Aktivitäten und Übungen kann diesen negativen Erfahrungen jedoch entgegengewirkt werden, indem die Resilienz gestärkt und unerwünschte Symptome reduziert werden.

In Erwartung der Entwicklung und Implementierung unterstützender, organisationsgeleiteter Programme können TFAs ihr psychisches Wohlbefinden aber bereits durch selbständig und eigenverantwortlich durchgeführte achtsamkeitsbasierte Aktivitäten wie die Führung eines Tagebuchs und Body-Scan-Meditationen verbessern. Diese Aktivitäten können zudem auch bestimmte Ursachen von Symptomen aufdecken und somit zu Änderungen des Lebensstils veranlassen. Vorteile für Menschen, die unangenehme Erfahrungen mit ihrer psychischen Gesundheit machen, bietet aber auch eine achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie, entweder als Einzeltherapie oder in Form einer Gruppentherapie. Ausdrücklich empfohlen wird in diesem Zusammenhang die Untersuchung und Analyse der eigenen psychischen Gesundheit im Rahmen einer Gesprächstherapie oder mit Unterstützung externer Experten. Unabhängig von der Aktivität oder den Übungen, für die man sich letztlich entscheidet, ist das Zeitmanagement von grundlegender Bedeutung zur Förderung einer regelmäßigen Teilnahme, mit dem Ziel, diese Aktivitäten schließlich in die eigene tägliche Routine zu integrieren, um so ihre Vorteile vollumfänglich nutzen zu können.

Im Kontext der modernen Tierarztpraxis scheint Resilienz eine Schlüsselrolle zu spielen, wenn es darum geht, die Auswirkungen psychischer Belastungen zu verringern und die Personalfluktuation zu reduzieren.

Aoife M. Smith

Schlussfolgerung

Selbstbefähigung durch Analyse von Misserfolgen und Erfolgen achtsamkeitsbasierter Aktivitäten, um so eine auf individueller Ebene passende Routine zu finden, scheint ein Schlüsselelement für optimale Ergebnisse zu sein. Darüber hinaus sollte man bedenken, dass die Methode „Versuch und Irrtum“ – ohne konkretes Regelwerk eine Erforschung der eigenen Bedürfnisse ermöglicht, die Spaß machen kann und dabei die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in Bezug auf die psychische Gesundheit nicht negativ widerspiegelt. TFAs sind ein leistungsstarker Bestandteil eines jeden tierärztlichen Praxisteams, und das psychische Wohlbefinden dieser Mitarbeitenden, die gerne in der klinischen Praxis bleiben möchten, sollte mit größtmöglichem Respekt, Mitgefühl und Verständnis untersucht werden. Die eigenständige, selbstgesteuerte Erforschung des eigenen psychischen Wohlbefindens ist von entscheidender Bedeutung. Es ist aber offensichtlich, dass in diesem Bereich sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene dringender Handlungsbedarf besteht, um den zahlreichen psychologischen Widrigkeiten entgegenzuwirken, für die das Praxispersonal anfällig ist, während es seinen intrinsischen Wert für den tierärztlichen Berufsstand einbringt.

Literatur

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Aoife M Smith BSc. (Vet. Nursing)

Aoife M. Smith

BSc. (Vet Nursing), BA (H. Dip) Psychology, MA (Counselling & Psychotherapy), Athenas Mind, Dublin, Irland

Irland

Aoife Smith schloss ihre Ausbildung zur Veterinary Nurse im Jahr 2014 ab und erwarb anschließend einen Abschluss in Psychology und Counselling. Sie verfügt über fünf Jahre Erfahrung im Bereich psychische Gesundheit (davon drei Jahre bei Samaritans Ireland) und ist eine gefragte Rednerin auf den Gebieten psychische Gesundheit und psychisches Wohlbefinden. Als Gastdozentin am University College Dublin bietet sie unter anderen psychotherapeutische Einzelsitzungen für Studierende der Tiermedizin und Berufstätige im Bereich Tiermedizin an.