Häufigkeit kongenitaler Erkrankungen bei Hundewelpen
Geschrieben von Emi Kate Saito und Catherine Rhoads
Die Aufnahme eines Hundewelpen in einen Haushalt ist für die neuen Tierbesitzer immer eine freudige und zugleich spannende Angelegenheit. In der Tierarztpraxis werden die jungen, verspielten Hunde für routinemäßige Impfungen und Entwurmungen vorgestellt...
Article
Einleitung
Analysemethoden
Die Patientenkarteien aller in den Banfield Pet Hospitals im ersten und im letzten Jahr einer Fünfjahresperiode (2010 und 2014) vorgestellten Hunde wurden auf Patienten gescreent, die als Welpen untersucht wurden, und bei denen eine kongenitale Erkrankung diagnostiziert worden war. Als Welpen definiert wurden Hunde, die bei ihrer ersten Visite unter 12 Monaten alt waren. So wurde also beispielsweise ein Hund, der im Januar 2014 in einem Alter von acht Monaten erstmals vorgestellt und anschließend im September 2014 im Alter von 16 Monaten erneut präsentiert wurde, als Welpe gerechnet. In Tabelle 1 sind die bei Hundewelpen diagnostizierten kongenitalen Erkrankungen nach Organsystem aufgelistet. Die Prävalenzen der fünf häufigsten Diagnosen und die relevanten Organsystemgruppen wurden für das Jahr 2014 identifiziert. Als Vergleichsgrößen wurden die Prävalenz jeder Erkrankung und die Organsystemgruppen für das Jahr 2010 herangezogen. Eine statistische Analyse der beobachteten Veränderungen der Erkrankungsprävalenzen über die Zeit wurde mit Hilfe eines Z-Tests zum Vergleich von Proportionen durchgeführt [1].
| Organsystem | Kongenitale Erkrankungen |
|---|---|
| Kardiovaskuläres System | Aortenstenose, Vorhofseptumdefekt, Septumdefekt, Faktor-VII-Mangel, Hämophilie A, Faktor-VIII-Mangel, Hämophilie B, Faktor IX-Mangel, Persistierender Ductus arteriosus, Pulmonalstenose, Fallot’sche Tetralogie, Ventrikelseptumdefekt, Von-Willebrand-Krankheit |
| Endokrinium | Zwergwuchs, Wachstumshormonmangel |
| Gastrointestinales System |
Gaumenspalte, Zwerchfellshernie, Hiatushernie, Megaösophagus, primärer Megaösophagus, persistierende Gefäßkonvolute im Bereich des Aortenbogens, Persistierender rechter Aortenbogen, Pylorusstenose, Vaskuläre Ringanomalien |
| Neurologisches System | Cerebelläre Hypoplasie, kongenitale Taubheit, Hepatische Encephalopathie, Hydrocephalus, kongenitaler Nystagmus, Portosystemischer Shunt |
| Reproduktionssystem | Kryptorchismus (abdominal/inguinal/nicht spezifiziert*), Pseudo-hermaphrodismus |
* Unter die Kategorie „Kryptorchismus (nicht spezifiziert)“ fallen Tiere mit der Diagnose Kryptorchismus ohne den Zusatz abdominal oder inguinal.
Ergebnisse
Im Jahr 2014 wurden nahezu 2,4 Millionen Hunde in mehr als acht Millionen Visiten in den Banfield Pet Hospitals vorgestellt, wovon 540 183 Welpen waren (22,5 %). Tabelle 2 listet die fünf in diesem Jahr am häufigsten diagnostizierten kongenitalen Erkrankungen auf. Die drei häufigsten Diagnosen waren Kryptorchismus (mit 38,3 bis 120,9 Fällen pro 10 000 Hunde mit der Diagnose einer der drei Formen [abdominal – inguinal – nicht spezifiziert]), gefolgt von kongenitaler Taubheit und portosystemischen Shunts. Diese beiden letztgenannten Erkrankungen waren mit weniger als neun bzw. drei Fällen pro 10 000 Hunden deutlich seltener. Die Rangfolge der fünf häufigsten kongenitalen Erkrankungen hatte sich seit 2010 nicht verändert, die Prävalenz (mit Ausnahme der portosystemischen Shunts) dieser Erkrankungen war jedoch von 2010 bis 2014 angestiegen. Sämtliche Veränderungen der Prävalenzen erwiesen sich als statistisch signifikant.| Diagnose | 2014 Anzahl Fälle |
2014 Anzahl Fälle pro 10 000 |
2010 Anzahl Fälle |
2010 Anzahl Fälle pro 10 000 |
Veränderung Der Prävalenz |
p-Wert |
|---|---|---|---|---|---|---|
| Kryptorchismus (nicht spezifiziert) | 6 531 | 120,9 | 5 060 | 92,8 | +33.3 % | < /> |
| Kryptorchismus, inguinal | 2 513 | 46,5 | 2 123 | 38,9 | +19.5 % | < /> |
| Kryptorchismus, abdominal | 2 071 | 38,3 | 1 881 | 34,5 | +11.0 % | 0.0009 |
| Taubheit, kongenital | 447 | 8,3 | 295 | 5,4 | +53.7 % | < /> |
| Portosystemischer Shunt | 126 | 2,3 | 200 | 3,7 | -37.8 % | < /> |
Betrachtet man die Prävalenzen nach Organsystem, wurden reproduktive Erkrankungen häufiger diagnostiziert als jede andere kongenitale Erkrankung (Tabelle 3). Neurologische Erkrankungen landeten mit großem Abstand auf Platz zwei, und gastrointestinale und kardiovaskuläre Erkrankungen noch weiter abgeschlagen auf den Plätzen drei und vier. Die Veränderungen seit 2010 sind statistisch signifikant für reproduktive, gastrointestinale und endokrine Erkrankungen.
| Organsystem | 2014 Anzahl Tiere |
2014
Anzahl Fälle pro 10 000
|
2010 Anzahl Tiere |
2010 Anzahl Fälle pro 10 000
|
Prozentuale Veränderung seit 2010 | p-Wert |
|---|---|---|---|---|---|---|
|
Reproduktionssystem*
|
10 912 | 202,0 | 8 861 | 162,5 | +24,3 % | < /> |
| Nervensystem | 719 | 13,3 | 689 | 12,6 | +5,6 % | 0,3270 |
| Gastrointestinales System | 182 | 3,4 | 256 | 4,7 | -27,7 % | 0,0006 |
| Kardiovaskuläres System | 141 | 2,6 | 150 | 2,8 | -7,1 % | 0,6557 |
| Endokrinium | 16 | 0,3 | 5 | 0,1 | +200,0 % | 0,0154 |
* Die Gesamtzahl für Kryptorchismus-Fälle in Tabelle 2 liegt geringfügig über der Gesamtzahl der Hunde mit Problemen im Bereich des Reproduktionssystems in Tabelle 3. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass bei einem Welpen in einigen Fällen zunächst abdominaler Kryptorchismus diagnostiziert wurde, und der Hoden dann später mit zunehmendem Wachstum des Welpen in die Inguinalregion abstieg, oder dass ein nicht spezifizierter Kryptorchismus bei einer späteren Visite als abdominal oder inguinal klassifiziert wurde.
Diskussion
In Anbetracht der einfach zu stellenden Diagnose landet der Kryptorchismus keineswegs überraschend auf Platz 1 der am häufigsten diagnostizierten kongenitalen Erkrankungen. Da es sich bei den Banfield Kliniken um erstuntersuchende Praxen handelt, ist es möglich, dass andere in Tabelle 1 aufgelistete Erkrankungen unterdiagnostiziert oder unterdurchschnittlich aufgezeichnet wurden, da in vielen dieser Fälle eine Überweisung zum Spezialisten für eine weiterführende Diagnostik erforderlich ist. Eine weitere Einschränkung dieser Übersicht ist die im Patientenkarteisystem von Banfield vorgegebene standardisierte Liste von Erkrankungen. Wenn also eine Diagnose gestellt wird, und diese im System entweder gar nicht oder unter einer anderen Bezeichnung gelistet ist, besteht die Gefahr, dass die Diagnose nicht richtig aufgezeichnet wird. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Studie auf Fälle begrenzt ist, in denen eine kongenitale Erkrankung innerhalb des ersten Lebensjahres diagnostiziert wird, besteht zudem die Möglichkeit, dass die vorliegenden Daten die tatsächliche Prävalenz einiger Erkrankungen unterschätzen, wenn diese erst nach Erreichen des Alters von einem Jahr entdeckt oder richtig diagnostiziert werden. Das Alterslimit von einem Jahr wurde gewählt, um die Extraktion der Daten zu vereinfachen und um sicherzustellen, dass die Diagnose mit hoher Wahrscheinlichkeit eine kongenitale Erkrankung widerspiegelt.
Die Veränderungen der Prävalenzen können ein gestiegenes oder gesunkenes Aufzeichnen einer Diagnose im Banfield-System widerspiegeln (auch wenn es für diese Annahme keinen offensichtlichen Grund gibt), oder sie könnten auf verbesserte diagnostische Fähigkeiten und/oder Veränderungen bei der Beurteilung der Zuchtqualität bei Züchtern und Tierbesitzern zurückzuführen sein. Es scheint aber, dass die sich wandelnden Prävalenzen in der Tat echte Veränderungen der Häufigkeit des Auftretens dieser Erkrankungen bei jungen Hunden widerspiegeln, auch wenn die zugrunde liegenden Gründe hierfür nicht offensichtlich sind.
Emi Kate Saito
VMD, MSPH, MBA, Dip. ACVPM (Epidemiology)
Vereinigte Staaten von Amerika
Dr. Saito schloss ihr Studium 1997 an der veterinärmedizinischen Fakultät der University of Pennsylvania ab. Im Jahr 2001 erhielt sie einen Master’s Degree in Public Health (öffentliches Gesundheitswesen) an der Emory University und studierte zwischen 2010 und 2012 an der University of Colorado mit einem Abschluss als MBA (Master of Business Administration). Seit 2013 arbeitet Dr. Saito im Banfield Applied Research and Knowledge Team nachdem sie zuvor als Epidemiologin für das US-amerikanische Landwirtschafts- und Innenministerium tätig war. Dr. Saito verfügt über umfassende Erfahrungen auf dem Gebiet der Wildtiererkrankungen und meldepflichtiger Großtierkrankheiten und hat mehrere Artikel zu diesen Themen veröffentlicht.
Catherine Rhoads
BA
Vereinigte Staaten von Amerika
Catherine Rhoads ist leitende Datenanalystin im BARK-Team von Banfield und unterstützt verschiedene Mars Global Petcare Geschäftsbereiche mit Hilfe von Banfield-Daten und den daraus gewonnenen Erkenntnissen. Nach Abschluss ihres Studiums an der University of Oregon im Jahr 2006 schloss sie sich 2007 dem Banfield-Team an. Bei Banfield arbeitet Catherine Rhoads als Operations Analyst und Marketing Systems Analyst. Im Rahmen ihrer gegenwärtigen Tätigkeit nutzt sie die Banfield Datenbasis, um praktisch umsetzbare Erkenntnisse zum Wohl von Mensch und Tier zu gewinnen.
References
- Woodward M. Epidemiology: study design and data analysis. 2nd ed. Boca Raton, FL: Chapman and Hall/CRC, 2005.