Perianaler Pruritus beim Hund
Geschrieben von Elisa Maina und Chiara Noli
Analer und perianaler Juckreiz können zu starker Belästigung führen und erfordern ein sorgfältiges diagnostisches Vorgehen, da mehrere Ätiologien in Frage kommen.
Kernaussagen
Perianaler Pruritus wird definiert als Juckreiz in der Region um den Anus, von der ventralen Schwanzbasis bis zu den Genitalien (die ausgenommen sind).
Typische Erscheinungsbilder von perianalem Pruritus sind Schlittenfahren und das Lecken oder Beien an der analen/perianalen Region und/oder an der Schwanzunterseite. Sekundre Symptome treten hufig auf und umfassen Erytheme, Exkoriationen, Alopezie, Hyperpigmentierung und Lichenifikation.
Perianaler Juckreiz kann verschiedene Ursachen haben, einschlielich entzndlicher (meist allergischer), parasitrer, infektiser und neoplastischer Erkrankungen. Die Diagnose erfordert ein methodisches Vorgehen, da eine erfolgreiche Identifikation und Beseitigung der zugrundeliegenden Ursache eine wesentliche Voraussetzung fr den Behandlungserfolg ist.
Einleitung
Perianaler Pruritus, oder Pruritus ani, wurde erst kürzlich definiert als „Juckreiz in der Region um den Anus, von der ventralen Schwanzbasis bis zu den Genitalien (die ausgenommen sind)“ [1]. Betroffene Hunde versuchen, ihre Beschwerden zu lindern, indem sie mit dem Hinterteil über den Boden rutschen („Schlittenfahren“) und den pruriginösen Bereich lecken oder beißen. Trotz der Tatsache, dass es sich um ein in der alltäglichen Praxis häufig auftretendes Problem handelt, ist in diesem Bereich nur eine vergleichsweise geringe Forschungsaktivität festzustellen. Bis heute gibt es in der Tat nur eine einzige veröffentlichte Studie, die sich spezifisch mit dem Thema perianaler Juckreiz bei Hunden beschäftigt [1]. Dieser Studie zufolge tritt dieses klinische Symptom bei 37% aller einem Hautspezialisten vorgestellten Hunde auf. Das Anliegen dieses Übersichtsartikels ist es, die Ursachen dieses klinischen Symptoms zu beleuchten, das erforderliche diagnostische Work-up zu diskutieren und einen Überblick über aktuelle Behandlungsoptionen zu geben.
Ätiologie
Perianaler Pruritus wird bei gesunden Hunden nicht beobachtet [2] und kann das Resultat zahlreicher unterschiedlicher Ursachen sein. Diese Ursachen können grob unterteilt werden in nicht-dermatologische und dermatologische Probleme. Beide Kategorien werden wir im Folgenden kurz diskutieren.
Nicht-dermatologische Ursachen
Darmparasiten
Darmparasiten kommen bei Hunden weltweit vor, wenn auch mit geographisch zum Teil erheblich variierender Prävalenz zwischen 12,5 und 34,4% [3]. Während Hundewelpen heutzutage meist regelmäßig entwurmt werden, ist dies bei adulten Hunden seltener der Fall. Die häufigsten Darm-parasiten bei Hunden sind Rundwürmer, Hakenwürmer, Peitschenwürmer und Bandwürmer. Von den genannten vier Kategorien werden jedoch nur Peitschenwürmer und Band-würmer mit analem Pruritus in Verbindung gebracht [3].
Trichuris vulpis ist ein bei Hunden häufig vorkommender Peitschenwurm. Sein Entwicklungszyklus ist direkt, also ohne Zwischenwirt. Die Übertragung erfolgt durch orale Aufnahme der Eier, gefolgt von der Wanderung der Larven in das Zäkum und in das Kolon, wo sie die Schleimhaut penetrieren, um dort zu reifen. Die Eier werden in das Darmlumen des Wirtes gelegt und mit dem Kot in die Umwelt ausgeschieden. Die klinischen Symptome sind abhängig vom Grad der Infestation, dem Vorhandensein weiterer Erkrankungen und dem Ernährungszustand des Hundes. Das hervorstechendste klinische Symptom ist zwar eine chronische Diarrhoe, einige Hunde zeigen jedoch auch typisches „Schlittenfahren“ und belecken ihre Perianalregion [4].
Dipylidium caninum ist ein weltweit verbreiteter Bandwurm. Er hat einen indirekten Entwicklungszyklus mit Flöhen als Zwischenwirte. Der Hund ist der Endwirt und infiziert sich durch orale Aufnahme der adulten Flöhe, die das Cysticercoid (Finne) enthalten. Beim Endwirt residieren diese Bandwürmer im Dünndarm und bilden dort Proglottiden, die Eier enthalten. Gravide Proglottiden können den Darm des Hundes intakt passieren und über die Fäzes ausgeschieden werden oder den Wirt durch aktive Auswanderung aus dem Anus verlassen und von dort in die Perianalregion kriechen. Diese Wanderung kann Juckreiz hervorrufen. Der Entwicklungszyklus setzt sich fort, indem die so ausgeschiedenen Eier des Bandwurmes erneut von einem Floh oral aufgenommen werden.
Erkrankungen der Analbeutel
Die Analbeutel sind kutane Diverticula des Anus, ausgekleidet von einem keratinisierten mehrschichtigen Plattenepithel. Apokrine Drüsen in der Wand des Analbeutels sezernieren eine Mischung aus fettigem, serösem Material und Zelldebris; Menge, Farbe und Konsistenz dieses Sekretes können variieren [1],[5]. Perianaler Pruritus kann mit einer Erkrankung der Analbeutel zusammenhängen [2]. Betroffene Hunde zeigen das typische „Schlittenfahren“ und lecken oder beißen in der perianalen Region, um die Beschwerden zu lindern, die von einer Erweiterung der Analbeutel und/oder einer sekundären Reizung infolge einer Entzündung und/oder Infektion hervorgerufen werden. Die Analbeutel können folgende Veränderungen aufweisen:
- Impaktion: Eine Studie dokumentiert eine Analbeutelimpaktion bei 2,1% aller in der Kleintierpraxis vorgestellten Hunde [6]. Die genaue Ätiologie ist zwar unbekannt, eine übermäßige Sekretion oder Veränderungen der Sekretkonsistenz können jedoch das passive Entleeren der Analbeutel erschweren [7]. Darüber hinaus werden Veränderungen des Muskeltonus im Zusammenhang mit der Alterung oder Adipositas oder auch eine weiche Kotkonsistenz dafür verantwortlich gemacht, dass sich übermäßig viel Sekret in den Analbeuteln ansammeln kann [8].
- Infektion: Analbeutelinfektionen können als Folge einer chronischen Kotimpaktierung oder Kotkontamination, einer unvollständigen Entleerung des Dickdarms, einer Adipositas, einer chronischen Darmerkrankung, einer Allergie, verschiedener Endokrinopathien oder durch eine iatrogene Schädigung bei der manuellen Entleerung der Analbeutel entstehen. Zytologisch ist die Infektion gekennzeichnet durch Entzündungszellen und Bakterien oder Hefen [9]. Ein Nachweis von Bakterien und neutrophilen Granulozyten im Inhalt der Analbeutel muss aber nicht immer auf ein Infektionsgeschehen hinweisen, da diese auch im Sekret gesunder Hunde zu finden sind [2]. In der Tat weisen Hunde mit Pyodermie ohne Analbeutelerkrankung sehr viel mehr intrazelluläre Bakterien und Entzündungszellen in ihrem Analbeutelsekret auf als Hunde mit Analbeutelerkrankung ohne Pyodermie [5].
- Abszedierung: Abszesse sind gut umschriebene, mit eitrigem Exsudat gefüllte Zubildungen (Abbildung 1), die sich als Folge einer Impaktion oder Infektion der Analbeutel bilden können. Die Ruptur eines Abszesses kann dazu führen, dass sich das eitrige Exsudat in das umliegende Gewebe hinein ausbreitet und eine schmerzhafte Zellulitis oder die Bildung perianaler Fisteln hervorruft.
- Neoplasien: Adenokarzinome sind die häufigste Neoplasie der Analbeutel und werden häufig von einer Hypercalcämie begleitet. Die frühere Annahme, dass ältere Hündinnen überrepräsentiert seien, wird heute in Frage gestellt, denn mindestens eine Studie über Karzinome der apokrinen Analbeuteldrüsen bei Hunden berichtet von einer ausgeglichenen Geschlechterverteilung [10]. Beschrieben werden auch Plattenepithelkarzinome [11] und maligne Melanome [12].
Perianale Erkrankungen
- Perianale Furunkulose: Bei der auch als perianale Fistelbildung bezeichneten perianalen Furunkulose handelt es sich um eine durch Entzündung, Ulzera und Fistelbildung gekennzeichnete, chronische, schwächende, schmerzhafte und progressive Erkrankung des Anus, des perirektalen Gewebes und der perianalen Haut (Abbildung 2). Die Ätiologie ist nach wie vor nicht bekannt, vermutet wird aber ein immunvermittelter Prozess. Da die Erkrankung vorwiegend Deutsche Schäferhunde betrifft, könnte auch eine genetische Prädisposition vorliegen. Betroffene Hunde können signifikante Beschwerden im Analbereich aufweisen, die sich überwiegend als Schmerzen, Tenesmus ani und Lecken äußern. Aus den Fisteln kann hämopurulenter Ausfluss austreten. Auch wenn die Furunkulose nicht als primär pruriginöse Erkrankung gilt, kann „Schlittenfahren“ in den initialen Phasen das einzige erkennbare Symptom sein.
- Neoplasien: Bei den auch als hepatoide Drüsen bezeichneten Zirkumanal-oder Perianaldrüsen handelt es sich um modifizierte Talgdrüsen in der Perianalregion. Adenome der Zirkumanaldrüsen sind eine häufige Neoplasie, die beim Hund etwa 8-10% aller Hauttumoren repräsentiert [13]. Besonders häufig treten diese Tumore bei älteren, intakten Rüden auf (Abbildung 3). Die Ätiologie ist unbekannt, man vermutet aber eine Beteiligung von Testosteron an der Entwicklung dieser Tumore. Karzinome der Perianaldrüsen (einschließlich Epitheliom der Perianaldrüsen) [14] kommen bei Hunden vergleichsweise selten vor. Adenome und gut differenzierte Karzinome sind durch Knoten im Bereich um den Anus gekennzeichnet, während es sich bei schwach differenzierten Karzinomen eher um wenig umschriebene und oft ulzeröse Zubildungen handelt. Häufige Symptome sind Tenesmus ani, Obstipation, Schmerzen, Anorexie und Gewichtsverlust. Sekundäre Infektionen treten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf und gehen oft mit Juckreiz einher.
Weitere nicht-dermatologische Ursachen
Einige weniger häufig vorkommende nicht-dermatologische Erkrankungen werden ebenfalls mit perianalem Juckreiz in Verbindung gebracht, wie zum Beispiel Erkrankungen des Rektums, gastrointestinale Erkrankungen (z. B. Kolitis) [15], psychologische und metabolische Faktoren [7] und Arzneimittelreaktionen (einschließlich einer arzneimittelinduzierten Diarrhoe).
Dermatologische Ursachen
Allergien
In einer jüngsten Studie wurde der Zusammenhang zwischen perianalem Pruritus und Hauterkrankungen bei Hunden ohne gastrointestinale, anale/perianale oder rektale Erkrankungen untersucht [1]. Von den insgesamt 250 bei einem Hautspezialisten vorgestellten Hunden wiesen 92 (37%) perianalen Pruritus auf, der in Übereinstimmung mit den Ergebnissen einer früheren Studie signifikant häufiger bei Hunden mit atopischer Dermatitis (52% der betroffenen Hunde) und/oder Futtermittelunverträglichkeit (51% der betroffenen Hunde) festgestellt wurde als bei allen anderen Hauterkrankungen [16]. Flohspeichelallergie wird ebenfalls mit perianalem Pruritus im Verbindung gebracht, mit einer Prävalenz von 9 bis 67% [1],[17].
Weitere Hauterkrankungen
Seltener als Allergien werden auch andere Hauterkrankungen wie Sarcoptesräude, Demodikose, Keratinisierungsstörungen, Sebadenitis und Kontaktdermatitis mit perianalem Pruritus in Verbindung gebracht. Darüber hinaus können auch immunvermittelte Erkrankungen, wie Pemphigus foliaceus und mukokutaner Lupus (Abbildung 4), sowie Neoplasien, wie zum Beispiel das epitheliotrope Lymphom und Mastzelltumoren, die Haut des Anal-/Perianalbereiches betreffen und gelegentlich Juckreiz hervorrufen.
Diagnose
Um die richtige Diagnose stellen zu können, sollte ein methodisches Work-up eingeleitet werden. Wichtig ist dabei die Erstellung einer vollständigen Liste möglicher Differenzialdiagnosen anhand der Informationen aus dem Vorbericht und der klinischen Untersuchung. Die endgültige Diagnose wird schließlich durch den systematischen Ausschluss anderer möglicher ätiologischer Faktoren erreicht.
Signalement und Vorbericht
Rasse, Alter und Geschlecht des Patienten können bereits erste wichtige Hinweise in Richtung Diagnose liefern. Einige Erkrankungen weisen eine Rasseprädisposition auf, wie zum Beispiel die perianale Furunkulose beim Deutschen Schäferhund oder die allergische Dermatitis beim West Highland White Terrier und beim Labrador. Das Einsetzen der klinischen Symptome bei jungen Tieren (< 1 Jahr) deutet auf eine Parasitose oder Futtermittelallergie hin. Analbeutelkarzinome werden unter Umständen häufiger bei Hündinnen diagnostiziert, auch wenn dies nach neueren Untersuchungen fraglich ist [10], und Tumore der Zirkumanaldrüsen kommen häufiger bei intakten Rüden vor.
Wichtig ist zudem die anamnestische Erhebung von Informationen über das klinische Erscheinungsbild und den Verlauf des Pruritus. Rezidivierender Juckreiz in den wärmeren Monaten kann auf eine saisonale Atopie oder auf eine Flohspeichelallergie hinweisen. Bessert sich der Pruritus nach dem Ausdrücken der Analbeutel, so spricht dies eher für eine Analbeutelimpaktion als Juckreizursache. Wenn zusätzlich auch andere Körperregionen von Juckreiz betroffen sind, wie zum Beispiel die Pfoten, die Leistengegend, die Achselhöhlen oder die Ohren, könnte eine Atopie oder eine Futtermittelallergie zugrundeliegen, während ein eher lokal begrenzter Juckreiz im Bereich des Rückens und der Schwanzbasis für einen Flohbefall und/oder eine Flohspeichelallergie sprechen kann. Darüber hinaus sollte der Tierarzt auch das Verhalten des Hundes einer sehr genauen Beurteilung unterziehen. Spekuliert wird nämlich, dass Lecken und Beißen in der Analregion ohne das typische „Schlittenfahren“ eher für eine allergische Erkrankung spricht als für eine Erkrankung der Analbeutel [1].
Abzuklären ist darüber hinaus, ob begleitende Störungen im Bereich des Magendarmtraktes vorhanden sind. Gibt es im Vorbericht zum Beispiel Hinweise auf eine übermäßige Darmmotilität, mit oder ohne chronische Flatulenz, oder Symptome wie Erbrechen, Diarrhoe, Obstipation, Tenesmus ani und/oder Dyschezie, sollten gastrointestinale Erkrankungen wie Kolitis, intestinale Parasitosen, Futtermittelunverträglichkeit und Intestinal Bowel Disease (IBD) differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Um Hinweise auf mögliche begleitend vorhandene ernährungs-assoziierte Probleme, wie zum Beispiel eine Futtermittelunverträglichkeit, eine Kolitis oder IBD zu erhalten, müssen im Rahmen der Anamnese auch Informationen über die aktuelle Ernährung und eventuell kürzlich durchgeführte Fütterungsumstellungen abgefragt werden. Bei Menschen sind Kontaktdermatitiden (Seife, Toilettenpapier, Cremes) eine häufige Ursache von perianalem Juckreiz. Bei Hunden ist dies zwar seltener zu beobachten, es empfiehlt sich aber immer, den Besitzer zu fragen, ob beim betroffenen Hund topische Produkte wie zum Beispiel Reinigungstücher angewendet werden oder wurden. Schließlich sollte auch nach aktuell oder vor kurzem durchgeführten medikamentösen Behandlungen einschließlich Antiparasitika gefragt werden, und im Idealfall wird eine vollständige und möglichst detaillierte pharmakologische Anamnese erhoben.
Klinische Untersuchung
Eine klinische Allgemeinuntersuchung wird gefolgt von einer speziellen und umfassenden dermatologischen Untersuchung mit sorgfältiger Suche nach Effloreszenzen und/oder Hinweisen auf Parasiten in sämtlichen Regionen des Körpers. Schließlich konzentriert sich der Tierarzt auf die Perianalregion und sucht sowohl nach primären als auch nach sekundären Läsionen. Perianale Erytheme (Abbildung 5) und Exkoriationen sind häufige Folgen einer akuten Entzündung, während Alopezie, Hyperpigmentierung und Lichenifikation (Abbildung 6) auf ein chronisches Entzündungsgeschehen hinweisen. Solche Veränderungen in der Perianalregion sind in hohem Maße mit perianalem Pruritus assoziiert [1].
Der Bereich der Anusöffnung und die umgebende Haut können Fisteln (Abbildung 2), Schwellungen (Abbildung 1) oder Knoten (Abbildung 3) aufweisen, wie zum Beispiel bei der perianalen Furunkulose oder bei perianalen Neoplasien. Sichtbar anhaftende Proglottiden weisen auf einen Bandwurmbefall hin. Nach der Adspektion der Perianalgegend folgt eine digitale anorektale Untersuchung zur Abklärung des Vorhandenseins von Verhärtungen, Knoten oder eines purulenten oder hämorrhagischen Exsudates. Anschließend werden die Analbeutel sanft gequetscht, um Menge, Farbe und Konsistenz des enthaltenen Sekretes zu beurteilen. Eine Probe des Inhaltes wird zytologisch untersucht. Bei hochgradig entzündeter und schmerzhafter Perianalgegend ist vor jeglicher über eine Adspektion hinausgehenden Untersuchung zunächst die Applikation einer lokal anästhesierenden Salbe oder sogar eine Sedation des Patienten ratsam.
Ergänzende Tests
Eine zytologische Untersuchung ist hilfreich für die Diagnose von Infektionen oder Neoplasien. Eine Malassezia-Dermatitis oder eine Pyodermie in der Perianalgegend lässt sich am besten nachweisen mit Hilfe von Klebestreifen-Abklatschpräparaten, die angefärbt und lichtmikroskopisch untersucht werden. Eine geringe Menge des Analbeutelsekrets von beiden Seiten sollte auf einen Objektträger gegeben und nach Lufttrocknung angefärbt werden. Der lichtmikroskopische Nachweis von neutrophilen Granulozyten in entsprechend angefärbten Präparaten kann auf eine Analbeutelinfektion oder eine Pyodermie hinweisen [5].
Eine zytologische Untersuchung ist zudem bei Knoten und palpierbaren Lymphknoten angezeigt. Der lichtmikroskopische Nachweis degenerierter neutrophiler Granulozyten und phagozytierter Bakterien deutet auf eine Infektion hin, wie z. B. einen Analbeutelabszess, während eine monomorphe Population von nicht-entzündlichen Zellen eher den Verdacht einer Neoplasie nahelegt.
Eine Biopsie ist angezeigt, wenn die zytologische Untersuchung in Richtung Neoplasie oder immunvermittelter Erkrankung deutet, oder wenn die Veränderungen nicht auf eine vermeintlich geeignete Therapie ansprechen. Eine Kotuntersuchung und eine Behandlung mit Breitspektrumantiparasitika unterstützen die Diagnose von Darmparasiten. Die Untersuchung von Blutproben kann in einigen Fällen sinnvoll sein. So kann zum Beispiel eine Hypercalcämie auf ein Analbeutelkarzinom hinweisen.
Eine strikte Flohkontrolle kann die Diagnose einer Flohspeichelallergie unterstützen, und eine achtwöchige Eliminationsdiät, gefolgt von einer Challenge-Diät, kann bei der Diagnose einer Futtermittelunverträglichkeit hilfreich sein. Eliminationsdiäten können mit Hilfe von zu Hause selbst hergestellten Diätnahrungen durchgeführt werden oder mit kommerziellen Diätnahrungen mit begrenztem Antigengehalt und für den Hund neuen, zuvor noch nie gefütterten Inhaltsstoffen bzw. hydrolysierten Proteinen. Verlaufen sämtliche beschriebenen Tests negativ, kann nach dem Prinzip der Ausschlussdiagnose davon ausgegangen werden, dass der Hund wahrscheinlich eine atopische Dermatitis hat. Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung zwischen atopischer Dermatitis und Verhaltensproblemen kann eine symptomatische, nicht sedativ wirksame Behandlung des Juckreizes (z. B. mit Oclacitinib) durchgeführt werden.
Therapie
Ätiologische Behandlung
Die entscheidende Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche Heilung ist die Kontrolle und Beseitigung bzw. Behandlung der für den perianalen Pruritus verantwortlichen zugrundeliegenden Ursache. Eine detaillierte Beschreibung aller therapeutischen Optionen für sämtliche der hier beschriebenen Ursachen würde den Rahmen dieses Artikels zweifellos sprengen. Wir konzentrieren uns an dieser Stelle deshalb auf die Behandlung der typischsten bzw. häufigsten Ursachen von Juckreiz in der Anal- und Perianalregion.
Eine Analbeutelimpaktion wird am besten durch häufiges manuelles Entleeren der Analbeutel behandelt [7]. Hierzu wird ein Finger in den Anus eingeführt, und der Analbeutel wird mit vorsichtigem Druck zwischen Finger und Daumen entleert. Mit dieser Methode gelingt in der Regel das vollständige Entleeren beider Analbeutel. Veränderungen der Ernährung, wie zum Beispiel der Zusatz von Präbiotika, können die Kotkonsistenz verbessern und auf diese Weise die natürliche Entleerung der Analbeutel beim Kotabsatz verbessern.
Analbeutelinfektionen werden primär durch Entleerung und Spülung der Analbeutel behandelt. Diese Maßnahmen können sehr schmerzhaft sein und unter Umständen eine Sedation des Patienten erfordern. Der Analbeutel wird mit einem Katheter mit abgerundeter Spitze (z.B. Katerkatheter) katheterisiert und mit isotonischer Kochsalzlösung gespült [7]. Anschließend wird eine geeignete antibiotische Lösung instilliert (idealerweise auf den Ergebnissen einer Kultur basierend). Es können verschiedene antibiotische Kombinationen eingesetzt werden, Chloramphenicol hat aber nachweislich ein breites Wirkspektrum gegen häufig beteiligte Erreger. Je nach Indikation, also z. B. bei sehr hochgradiger Entzündung, können auch Corticosteroide instilliert werden. Werden Malassezia spp. nachgewiesen, ist die Anwendung von Nystatin oder eines Imidazolderivates (Miconazol, Clotrimazol) angezeigt.
Bei einem Analbeutelabszess besteht das Risiko einer Ruptur mit Austritt des purulenten Inhalts in das Gewebe des Perianalbereiches oder des Rektums. In diesen Fällen sind systemische Antibiotika angezeigt, vorzugsweise auf der Basis eines Empfindlichkeitstests, aber auch eine topische Behandlung (Abszessöffnung und Spülung mit 0,5%-iger Chlorhexidinlösung oder 10%-iger Povidoniodlösung und anschließender Instillation eines Antibiotikums) kann hilfreich sein. Bei Patienten mit häufig rezidivierenden Analbeutelentzündungen oder Abszessen ist eine chirurgische Exstirpation der Analbeutel zu empfehlen [7].
Die Behandlung einer perianalen Furunkulose erfolgt am besten mit oralen Antibiotika, Cyclosporin (5-10 mg/kg alle 12-48 Std. [18] und/oder topisch appliziertem 0,1%-igem Tacrolimus [19] vier bis acht Wochen über den Zeitpunkt der Resolution hinaus. Ketoconazol (2-10 mg/kg alle 12-24 Std.) verbessert die Wirksamkeit von Cyclosporin und kann dessen erforderliche Dosis (und möglicherweise die Kosten) um bis zu 50% reduzieren [20]. Rezidive und unvollständige Resolutionen sind häufig festzustellen, und in einigen Fällen kann eine dauerhafte Erhaltungstherapie im 48-Stunden-Rhythmus erforderlich sein [21].
Ein Flohbefall und eine Flohspeichelallergie erfordern ein striktes Flohbekämpfungsprogramm. Eine Futtermittelallergie wird am besten durch eine Vermeidung der spezifischen allergie-auslösenden Nahrung behandelt, vorzugsweise durch Gabe eines vollwertigen, ausgewogenen kommerziellen Produktes mit begrenztem Antigengehalt oder hydrolysierten Proteinen [15]. Auslösende Faktoren einer Kontaktdermatitis oder Kontaktallergie können über einen Patch-Test (Epikutantest) ermittelt und anschließend nach Möglichkeit zukünftig vermieden werden. Atopische Hunde erhalten eine allergenspezifische Immuntherapie [21] oder eine symptomatische antipruriginöse Behandlung (siehe unten).
Symptomatische Behandlung
In vielen Fällen kann eine symptomatische Behandlung angezeigt sein, um den Juckreiz zu lindern und die Lebensqualität des Hundes und letztlich auch die des Besitzers zu verbessern. Topische Juckreiz stillende Cremes oder Lösungen basieren in der Regel auf Corticosteroiden. Verschiedene Studien bestätigen die Wirksamkeit eines kommerziellen Hydrocortisonsprays [22], das leicht anzuwenden ist und sich sowohl für akuten als auch für chronischen Juckreiz eignet [22]. Das Spray ist gut verträglich und sicher: Eine häufig als Nebenwirkung der Langzeitanwendung topischer Corticoide zu beobachtende Verdünnung der Haut wird bei täglicher Applikation dieses Produktes nicht festgestellt [23].
Systemische antipruriginöse Arzneimittel wie Cyclosporin (5 mg/ kg alle 24 Std. über einen Monat, dann jeden zweiten Tag) [24] oder Oclacitinib (0,4-0,6 mg/kg alle 12 Std. über zwei Wochen, danach alle 24 Std.) [25] können sich in vielen Fällen als die besten Optionen für die Langzeitbehandlung erweisen.
Schlussfolgerung
Perianaler Pruritus bei Hunden ist ein häufiger Grund für den Tierarztbesuch und ein sehr belastender Zustand für das betroffene Tier und nicht selten auch für dessen Besitzer. Theoretisch gib es zwar zahlreiche mögliche Ursachen, in den meisten Fällen besteht aber ein Zusammenhang mit einer Erkrankung der Analbeutel oder einer allergischen Dermatitis. Dennoch sollte in jedem Fall ein systematisches diagnostisches Work-up erfolgen, um die zugrundeliegende Ursache zu finden und, wenn möglich, zu beseitigen bzw. spezifisch zu behandeln.
Elisa Maina
DVM, PhD, Dip. ECVD
Belgien
Dr. Maina ist Diplomate des European College of Veterinary Dermatology und promoviert (PhD) im Bereich Immunologie. Sie schloss ihr Studium 2008 an der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Mailand ab, erweiterte anschließend ihr Wissen in Dermatologie an der European School of Advanced Veterinary Studies und absolvierte ein dermatologisches Externship an der University of Florida sowie eine Residency in Italien. Zurzeit arbeitet Dr. Maina in einer Überweisungsklinik in der Schweiz, verfasst zahlreiche Artikel für verschiedene internationale dermatologische Zeitschriften und ist Vorsitzende des Credentials Committee des ECVD.
Chiara Noli
DVM, Dip. ECVD, Servizi Dermatologici Veterinari, Peveragno, Italien
Italien
Dr. Noli schloss ihr Tiermedizinstudium 1990 an der Universität Mailand ab. Nach einer Residency in Utrecht erhielt sie 1996 ihr Diplom in Veterinärdermatologie. Zurzeit arbeitet Dr. Noli als Dermatologin in einer Überweisungspraxis in Italien. Sie ist Vorstandsmitglied und ehemalige Präsidentin der European Society of Veterinary Dermatology und hält zahlreiche Vorträge über Dermatologie. Zudem ist sie Autorin zahlreicher Artikel in nationalen und internationalen Fachzeitschriften sowie einiger Buchkapitel. Dr. Noli ist Co-Autorin des kürzlich erschienenen Lehrbuches „Veterinary Allergy“.
Literatur
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