Osteoarthritis-Therapien für Hunde – ein wissenschaftlicher Überblick

Geschrieben von Éric Troncy

Eine Literaturrecherche zur Behandlung von chronischen Osteoarthritis-assoziierten Schmerzen bei Hunden mit besonderem Blick auf vorhandene (oder fehlende) Evidenzen für die Wirksamkeit und Sicherheit verschiedener pharmakologischer und nicht-pharmakologischer Therapieansätze.

Article

5 - 15 min
Osteoarthritis-Therapien für Hunde – ein wissenschaftlicher Überblick

Kernaussagen

Group 15 1

Bei der Betrachtung pharmakologischer Optionen zur Behandlung von OA muss stets das Nutzen-Risiko-Verhältnis berücksichtigt werden.

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Zahlreiche Studien berichten über die Wirksamkeit verschiedener Arzneimittel zur Behandlung von OA, die angewandten Methoden weisen mitunter jedoch signifikante Mängel auf, die die Zuverlässigkeit der Ergebnisse in Frage stellen können.

Group 15 3

Inzwischen gibt es zahlreiche nicht-pharmakologische Optionen für die Behandlung der OA, eine Beurteilung ihrer Wirksamkeit und Sicherheit kann aber schwierig sein. 

Group 15 4

Kombinationstherapien für Hund mit OA haben wahrscheinlich additive oder synergistische Wirkungen, die im Vergleich zu Einzelbehandlungen überlegene Ergebnisse zeigen müssen.


Einleitung

Unsere Gruppe hat im Jahr 2024 einen Artikel über die Ätiologie, den Nachweis und die Diagnose der caninen Osteoarthritis veröffentlicht, und der vorliegende Artikel schließt diese Übersicht mit einer Präsentation aktuell verfügbarer Optionen zur Behandlung OA-bedingter chronischer Schmerzen bei Hunden ab. Praktischen Tierärzt*innen steht heute eine riesige Auswahl verschiedener Therapieoptionen zur Verfügung – sowohl pharmakologische Behandlungen als auch nicht-pharmakologische Alternativen. Viele dieser Therapien wurden ursprünglich aus klinischen Studien in der Humanmedizin abgeleitet. Ziel dieses Artikels ist eine objektive Evaluierung verschiedener veterinärmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten anhand einer umfassenden Literaturübersicht.

Pharmakologische Therapien  

Bei der Betrachtung pharmakologischer Optionen zur Behandlung von OA muss stets das Nutzen-Risiko-Verhältnis möglicher Therapien berücksichtigt werden. Abbildung 1 zeigt eine Klassifizierung verschiedener Therapieoptionen anhand des Evidenzlevels für die Wirksamkeit auf der Grundlage der Qualität der in Tabelle 1 aufgeführten Studien. Als Kriterium für die Qualität gilt die Frage, ob das experimentelle Design eine randomisierte, (Placebo-) kontrollierte, verblindete Studie mit objektiver Schmerzbeurteilung und statistischer Analyse ermöglicht. Eine Placeboreaktion ist grundsätzlich bei jedem Individuum mit einer Erkrankung und bei jeder Beurteilungsmethode möglich – ebenso wie eine Nocebo-Reaktion. Bei Anwendung subjektiver Messungen (die anfälliger für Verzerrungen sind) kommt ein auf eine „Gruppe“ bezogener Placebo-Effekt häufiger vor und wird verstärkt, während sich Placebo- und Nocebo-Reaktionen bei Anwendung objektiver Outcome-Messungen für eine Gruppe tendenziell neutralisieren. Trotz dieser erheblichen Schwäche gibt es immer noch zu viele Studien, die subjektive, nicht validierte Beurteilungssysteme verwenden und denen es an einer vergleichenden Kontrolle fehlt, so dass Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit der Schmerzbehandlung kaum zu ziehen sind.

 

Tabelle 1. Literatursuche: Pharmakologische Optionen zur Behandlung von OA.

Online-Datenbanksuche a Keywords Articles recorded vs. articles suitable for review (n)
NSAID (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (NSAID OR meloxicam OR carprofen OR coxib OR piprant) 246/39
NGF (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (NGF OR monoclonal antibody) 34/4
Opioid (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (opioid OR tramadol) 17/3
DMOAD (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (DMOAD OR pentosan OR hyaluronic OR doxycycline OR tiludronate OR steroid OR synovetin) 303/26
(dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (ARA 3000 BETA OR botulinum) 4/3 +1 b
Amantadin (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (amantadine) 2/1 c
Gabapentin (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (gabapentin) 1/1 d
a. PubMed®, Web of science®; b. Interne Suche; c. Original-Forschungsartikel; d. Kongressabstract 
Diagramm zur Wirksamkeit pharmakologischer Behandlungen bei Osteoarthritis bei Hunden.
Abbildung 1. Schematische Darstellung der Wirksamkeit verschiedener pharmakologischer Optionen zur Behandlung von Osteoarthritis bei Hunden. © GREPAQ®/Neu gestaltet von Sandrine Fontègne

Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs)

In den letzten 30 Jahren wurde die Wirksamkeit von NSAIDs bei Hunden mit OA in mindestens 40 wissenschaftlichen Veröffentlichungen beschrieben. Mehrere dieser Arbeiten weisen jedoch erhebliche Mängel auf, die die Zuverlässigkeit der erzielten Ergebnisse in Frage stellen. So wurden beispielsweise nur in 13 von 40 Studien objektive Beurteilungssysteme wie die podobarometrische Ganganalyse (PGA; Podobarometric Gait Analysis) oder die Aktimetrie verwendet, während sich die restlichen Studien bei der Evaluierung der therapeutischen Wirksamkeit auf subjektive Outcomes stützen. Nach unserem Kenntnisstand verwendeten nur 16 von 40 Studien eine (partiell) validierte Methode zur subjektiven Schmerzbeurteilung, wobei am häufigsten (14/16) das Canine Brief Pain Inventory (CBPI) eingesetzt wurde. Hinzu kommt, dass lediglich 42,5 % der Studien eine Placebo-Kontrolle enthielten, und von diesen wiederum nur acht Studien sowohl eine Placebo-Gruppe als auch eine objektive Beurteilung umfassten, und damit die Voraussetzung für gültige Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirksamkeit des getesteten NSAIDs erfüllen.

Eine Studie zeigt eine signifikante Verbesserung der vertikalen Spitzenkraft (PVF; Peak Vertical Force) an Tag 60 bei Hunden mit OA, die Carprofen oder Meloxicam erhielten (1). Ähnliche PVF-Ergebnisse wurden auch mit Carprofen erzielt, das entweder über eine kurze Dauer verabreicht wurde (≤ 14 Tage) (2-4) oder über einen Zeitraum von 6 Wochen (5). Beide Arzneimittel scheinen die nächtliche Aktivität zu reduzieren, was möglicherweise auf eine bessere Schlafqualität hindeutet (6, 7). In früheren Studien wurde Celecoxib oral verabreicht, während eine neuere Studie feststellt, dass eine intraartikuläre Injektion von Celecoxib die lokalen PGE2-Konzentrationen signifikant senkt und die Scores der PGA über einen Kontrollzeitraum von zwei Monaten verbessert (8).Obwohl es sich bei dieser Studie lediglich um einen Machbarkeitsnachweis handelt, erscheint diese neue Applikationsroute vielversprechend.

Carprofen scheint eine Linderung biomechanischer OA-Schmerzen zu bewirken (18/40 Veröffentlichungen, 45 %), ebenso wie Meloxicam (8/40, 20 %). Coxibs und Piprants als neuere Arzneimittel wurden meist anhand einer subjektiven Beurteilung getestet (15/19 Studien). In 12 von 19 Studien fand ein Vergleich mit einer Positiv- oder Placebokontrolle statt, aber nur in sieben Studien wurde ein validiertes Clinical Metrology Instrument (CMI; Fragenbogen-basierte Messverfahren zur Quantifizierung chronischer Schmerzen) verwendet. Vier Studien wendeten eine PGA an, sechs Studien beinhalteten eine Placebokontrolle und nur in einer einzigen Studie wurden sowohl eine PGA als auch eine Placebokontrolle eingesetzt.

In Anbetracht der recht spärlichen Anzahl von Studien mit validierten objektiven Ergebnissen ist eine zweifelsfreie Bestätigung der Wirksamkeit von NSAIDs bei Hunden mit OA nicht für alle Produkte aus dieser Gruppe möglich, insbesondere nicht im Hinblick auf…

  1. …den nach wie vor bestehenden Mangel an evidenzbasierten Dosierungsempfehlungen, die je nach Grad der OA, je nach Applikationsregime (kontinuierlich oder „nach Bedarf“) und je nach begleitender Anwendung weiterer multimodaler Produkte variieren können, die synergistische Effekte haben können und sich auf die Sicherheit auswirken könnten; 
  2. …die gut bekannte niedrige Compliance bei der NSAID-Behandlung.

Diese offenen Fragen sind insbesondere deshalb besorgniserregend, weil es sich bei den NSAIDs um die in der Tiermedizin wichtigste pharmakologische Klasse zur Behandlung von OA handelt, und dies umso mehr, wenn man die bekannten Nebenwirkungen dieser Arzneistoffe berücksichtigt. Die tatsächliche Inzidenz unerwünschter Zwischenfälle ist derzeit nicht bekannt, und in den meisten randomisierten, placebokontrollierten, verblindeten Studien findet man diesbezüglich keine statistischen Unterschiede zwischen behandelten Hunden und Kontrollhunden. Die häufigsten unerwünschten Zwischenfälle sind gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe und Anorexie), beschrieben werden aber auch Hepatotoxizität und Nephrotoxizität. Entsprechende Symptome wurden in 36/46 Studien beobachtet, mit einer Gesamtinzidenz von 8,1 % bei 4398 behandelten Hunden. 

Schließlich muss angemerkt werden, dass die meisten dieser Studien von Pharmaunternehmen finanziert wurden, deren Ziel die Validierung der Wirksamkeit ihrer Produkte war. Dies spiegelt sich in einer 81%igen Rate von „Interessenkonflikten“ wider, wenn diese transparent angegeben werden.

Monoklonale Antikörper

Überschüssiger Nervenwachstumsfaktor (NGF; Nerve Growth Factor) spielt nachweislich eine Rolle bei OA-assoziierten Schmerzen und Sensibilisierungsmechanismen und hat sich im Laufe der vergangenen Dekade zu einem der bevorzugten pharmakologischen Targets entwickelt. Vier veröffentlichte Artikel (drei davon mit einer Placebogruppe) beschreiben den potenziellen Nutzen von caninisierten monoklonalen Anti-NGF-Antikörpern, wobei hauptsächlich subjektive Beurteilungsmethoden zum Einsatz kommen, mit dem CBPI als primärem Endpunkt. Eine dieser Studien wendet auch eine objektive Beurteilungsmethode (Aktimetrie) an und stellt fest, dass die Tagesaktivität über einen Zeitraum von 28 Tagen nach einer Injektion von Ranevetmab (nicht kommerziell erhältlich) im Vergleich zu einem Placebo zunahm (9). Darüber hinaus führte Bedinvetmab im Vergleich zum Placebo auch zu einer wirksamen Analgesie ab Tag 28-84 (10). Eine höhere Ansprechrate (ca. 53-58 %) (nach Definition des CBPI) trat zwei Wochen nach der zweiten monatlichen Injektion auf, und bildete anschließend ein Plateau, wobei die Placebo-Rate bis zu 42 % erreichte. Aufgrund der ubiquitären Rolle von NGF bei vielen Körperfunktionen sind langfristige unerwünschte Ereignisse möglich, diese scheinen jedoch selten aufzutreten (laut Pharmakovigilanzdaten 1-10 Fälle pro 10.000 verabreichte Dosen) und wurden hinsichtlich einer echten Kausalität bislang noch nicht spezifisch untersucht. Derzeit fehlen Leitlinien für fallspezifische Indikationen (gering-, mittel-, oder hochgradige OA) und für eine potenziell sichere und wirksame Kombination verschiedener Arzneimittel.

Tramadol

Nur drei neuere Artikel befassen sich mit der Wirkung des Opioids Tramadol bei Hunden mit OA-bedingten Schmerzen. In zwei Fällen wurde eine Placebogruppe und in einem Fall eine gesunde Gruppe als Kontrolle herangezogen, und zwei Studien verwendeten objektive Beurteilungen (d. h. Aktimetrie und/oder PGA). Eine Toxizität wird in zwei dieser Artikel beschrieben (allerdings mit widersprüchlichen Ergebnissen), und in einem Artikel lag ein Interessenkonflikt vor. In der mit Tramadol behandelten Gruppe (4 oder 5 mg/kg 3x tägl. PO, über lediglich 14 oder 10 Tage) wird im Vergleich zur Placebogruppe keine Wirkung bezüglich der objektiven PGA-Scores beschrieben (4, 6), dagegen verbesserte sich der subjektive CBPI-Score in der behandelten Gruppe (6). Die objektive Beurteilung bestätigt, dass Tramadol bei Hunden mit einer derartig kurzen Behandlungsdauer keinen opioiden Effekt hervorruft. Dagegen war eine langfristige Applikation (1 Monat) von Tramadol-Retard mit langsamer Wirkstofffreisetzung (5 mg/kg 1x tägl. PO) mit einer synergistischen analgetischen Wirkung assoziiert, die eine Reduzierung der Dosierung des NSAIDs Ketoprofen (0,25 mg/kg 1x tägl. PO) ermöglichte, was auf eine Hemmung der Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin hindeutet, den zentralen Monoamin-Neurotransmittern, die die endogene Schmerzhemmung verstärken (11).

Disease-Modifying OA Drugs (DMOADs)

Als Alternative zu den NSAIDs, deren Ziel das chronische Entzündungsgeschehen ist, zielen DMOADs (krankheitsmodifizierende OA-Arzneimittel) darauf ab, strukturelle Gelenkveränderungen zu stoppen oder zu begrenzen. Ziel ist es, dass ein dadurch reduzierter Katabolismus die entzündungsbedingte Neurosensibilisierung nicht weiter anheizt. Zu den DMOADs gehören:

  • Pentosan und Doxycyclin, die auf Mediatoren der Knorpelneubildung abzielen,
  • Bisphosphonate wie Tiludronat, die die Knochenerneuerung beeinflussen,
  • Hyaluronsäure und Radioisotope, die die Entzündung der Synovialis bekämpfen und eine Viskosupplementation bewirken.

Zwischen 1985 und 2022 wurden 25 Forschungsartikel über verschiedene DMOADs zur Behandlung OA-bedingter Schmerzen bei Hunden veröffentlicht. Fünfzehn dieser 25 Studien verwendeten objektive Beurteilungen (wie PGA, Histologie und serologische Analysen), 9/25 bedienten sich eines experimentellen caninen OA-Modells und nur 48 % schlossen eine Placebogruppe ein. Dies stellt eine erhebliche Einschränkung dar, da experimentelle Studien mit einem induzierten OA-Modell durch eine randomisierte, kontrollierte und verblindete klinische Studie mit spontaner, natürlich aufgetreten OA bei Hunden bestätigt werden müssen. Hinzu kommt, dass in 40 % der Studien nicht auf Interessenkonflikte hingewiesen wird.

Experimentelle Modelle weisen in der Regel auf vielversprechende strukturelle Effekte hin, die Übertragung auf klinische OA bei Hunden ist aber oft enttäuschend, und bestenfalls nicht schlüssig. Ein injizierbares kommerzielles Fettsäure-Copolymer wurde lediglich einmal untersucht (1985) und zeigte eine 64%ige funktionelle Verbesserung bei behandelten Hunden. Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit waren aber aufgrund von mehreren Faktoren nicht möglich (keine Placebogruppe, keine objektive Beurteilung und ein 41%iger Verlust bei der Follow-up-Untersuchung) (12). In zwei multizentrischen, randomisierten Studien wurde Pentosanpolysulfat in einer Dosierung von 3 mg/kg SC alle 7 Tage angewendet, wobei keine signifikante analgetische Wirkung nachzuweisen war. Zudem wurden diesen beiden Studien eine schlechte Qualität bescheinigt, da sie nicht-validierte, subjektive Schmerzskalen verwendeten. Kortikosteroide wie Prednison (0,25 mg/kg 1x tägl. PO) oder Triamcinolon (5 mg, alle 4 Wochen intraartikulär) scheinen die Größe von Osteophyten und Knorpelläsionen in einem caninen OA-Modell zu reduzieren (13), es fehlen aber überzeugende klinische Folgestudien. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wirksamkeit von DMOADs nach wie vor zweifelhaft ist, und dass die meisten Studien trotz wiederholter Injektionen keine potenzielle Toxizität zeigen. Intraartikuläre Injektionen gelten zwar nach wie vor als vielversprechende Option bei der Behandlung der caninen OA, verschiedene Faktoren tragen aber dazu bei, dass diese Applikationsroute derzeit nur in begrenztem Maße eingesetzt wird.

Amantadin

Die potenzielle komplementäre analgetische Wirkung von Amantadin, einem antiviralen Arzneimittel, wurde in einer einzigen Studie zusammen mit Meloxicam untersucht (14). Methodische Schwächen, einschließlich subjektiver Beurteilungen ohne Validierung, lassen jedoch Zweifel an einer Wirksamkeit aufkommen. Insgesamt liegen also keine Evidenzen vor, die eine Anwendung von Amantadin zur analgetischen Behandlung von OA-bedingten Schmerzen bei Hunden stützen würden. Hinzu kommt die seit der COVID-Pandemie eingeschränkte Verfügbarkeit dieses antiviralen Arzneimittels.

Gabapentin

Gabapentin wird in zunehmendem Maße zur Linderung OA-bedingter Schmerzen bei Hunden eingesetzt. Wissenschaftliche Veröffentlichungen, die diese Praxis stützen würden, liegen derzeit jedoch nicht vor. In einem Abstract wird berichtet, dass Hunde mit einer Kombination aus Carprofen und Gabapentin (8-12 mg/kg 3x tägl. PO) oder Tramadol (3-5 mg/kg 3x tägl. PO) über einen Zeitraum von insgesamt vier Wochen behandelt wurden, wobei aber nähere Angaben zum NSAID fehlen. Mit beiden zentralen Analgetika wird zwar eine ähnliche Verbesserung der PGA-Scores beschrieben, es gab aber keine Placebogruppe, so dass diese Besserung nicht sicher der Behandlung zugeordnet werden kann. Darüber hinaus wurden bei bis zu 70 % der behandelten Hunde Nebenwirkungen beobachtet, die jedoch nicht näher beschrieben wurden, und (nach Kenntnis des Autors) wurde im Anschluss an diesen Abstract kein entsprechender Artikel veröffentlicht. Es besteht also ein Bedarf an qualifizierten Studien, in denen Gabapentin bei Hunden mit OA allein oder in Verbindung mit einer parallelen Placebogruppe angewendet und anhand von objektiven Beurteilungssystemen evaluiert wird.

Nicht-pharmakologische Optionen

Der Tiergesundheitsmarkt bietet heute unzählige nicht-pharmakologische Optionen für die Behandlung der OA bei Hunden (Tabelle 2). Sind diese aber tatsächlich wirksam und sicher? Einige dieser therapeutischen Optionen setzen eine tierärztliche Konsultation voraus, während andere entweder von paraprofessionellen Berufsgruppen verordnet und verabreicht oder sogar von den Tierhalter*innen eigenständig angewendet werden, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der unter Tierhalter*innen aktuell zunehmenden Neigung, natürliche Produkte für die Behandlung ihrer Haustiere einzusetzen (15). Im Folgenden werden verschiedene nicht-pharmakologische Optionen vorgestellt. Abbildung 2 zeigt eine schematische Darstellung des Evidenzlevels ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit. 

 

Tabelle 2. Literaturrecherche: Nicht-pharmakologische Optionen zur Behandlung von OA.

Online-Datenbanksuche a Keywords Erfasste Artikel vs. für den Review geeignete Artikel (n)
Adjuvante muskuloskelettale Behandlung mit Biologika
Mesenchymale Stammzellen (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (mesenchymal stem cells OR MSC OR stromal vascular fraction OR SVF) 77/36
Thrombozytenreiches Plasma (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (PRP OR platelet-rich plasma OR plasma rich in growth factors OR PRGF OR platelet-derived growth factor OR platelet-derived OR platelet gel OR platelet concentrate OR PRF OR platelet-rich fibrin OR ACP OR autologous conditioned plasma OR APS OR autologous protein solution OR platelet lysate OR platelet supernatant) 61/19
Physiotherapeutische Modalitäten
Photobiomodulationstherapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (Photobiomodulation OR light therapy) 25/5
Extrakorporale Stoßwellentherapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (extracorporeal shockwave treatment OR ECSWT) 5/3
Kernspinresonanztherapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (nuclear magnetic resonance therapy OR NMRT OR MBST) 30/1
Transkutane elektrische Nervenstimulation (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (Transcutaneous electrical nerve stimulation OR TENS) 1/1
Ultraschall-Therapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (ultrasound therapy) 10/1
Hydrotherapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND hydrotherapy 9/1
Bewegungstherapie im Wasser (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (aquatic exercise OR swimming) 3/1
Manuelle Therapie und Bewegung zu Hause (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (manual therapy OR manipulations OR mobilizations OR stretching OR massage OR physiotherapy OR physical therapy) 125/2
Andere Therapien
Akupunktur (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (acupuncture OR gold therapy OR gold implantation OR Gold wire implants) 21/10
Homöopathie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND homeopathic 3/2 +1 b
Aroma-Therapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (aroma OR olfac OR pheromone) 0/12 c
Klangtherapie (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (sound OR noise OR music) 0/2 c
Lebensweise und Ernährung  
Diätetische Restriktion und Gewichtsabnahme (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (weight OR diet OR management OR reduction OR restriction) 667/10 + 3 b
Therapeutische Diäten und Nutrazeutika (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (therapeutic diet OR diet therapy OR nutraceutical OR supplement) 115/55 +1 b
Modifikationen der Umwelt (dog OR canine) AND osteoarthriti* AND (environment OR lifestyle) 91/1
a. PubMed®, Web of science®; b. interne Suche; c. andere Suche ohne OA
Infografik zur Wirksamkeit nicht-pharmakologischer Behandlungen bei Osteoarthritis bei Hunden.
Abbildung 2. Schematische Darstellung der Wirksamkeit verschiedener nicht-pharmakologischer Optionen zur Behandlung von Osteoarthritis bei Hunden. © GREPAQ®

Adjuvante muskuloskelettale Behandlungen

Die intraartikuläre Verabreichung sogenannter biologischer Adjunctive Musculoskeletal Treatments (AMTs), allein oder kombiniert mit anderen Optionen, scheinen vielversprechende Ergebnisse zu zeigen. AMTs zielen in erster Linie auf die Knorpelregeneration und die Reduzierung der Entzündung der Synovialis, wodurch sich die funktionellen Fähigkeiten des Gelenkes und des Patienten insgesamt verbessern sollen. Bei den AMTs zur Behandlung der caninen OA unterscheidet man zwei Kategorien injizierbarer biologischer Produkte: 

  1. mesenchymale Stromazellen (MSC) oder stromale Gefäßfraktion (SVF) autologen, allogenen oder xenogenen Ursprungs; 
  2. thrombozytenreiches Plasma (PRP), an Wachstumsfaktor(en) reiches Plasma (PRGF) und autologe Proteinlösung (APS), einschließlich autologes konditioniertes Serum (ACS) oder autologes Thrombozytenkonzentrat (APC).

Mehrere Berichte über MSC/SVF-Injektionen bei Hunden mit OA (n=36) stellen eine Wirksamkeit und Sicherheit fest, entweder allein (n=26) oder in Kombination mit NSAIDs (n=1), PRP (n=4) oder Hyaluronsäure (n=5) (16). Tierhalter*innen beschreiben nach der Injektion eine 50%ige (und damit beträchtliche) subjektive Verbesserung von Lahmheit, Bewegungsausmaß, Aktivität und OA-Schmerzen, insbesondere in hochgradigen Fällen (16). Diese Verbesserungen wurden jedoch nicht von Tierärzt*innen und durch objektive Beurteilungen bestätigt. Placebokontrollierte Studien (n=6) zeigen in den behandelten Gruppen im Vergleich zu den Placebogruppen eine subjektive Verbesserung von 16,4-40,8 % (n=4) und eine objektive Verbesserung von 0-37,5 % (n=2). Die Effektstärke (oder klinische Wirkung) solcher AMT-Interventionen ist jedoch gering (20-50 % Unterschied). Aufgrund des Studiendesigns und der methodischen Einschränkungen, wie zum Beispiel dem Fehlen einer Placebogruppe und einer mangelnden Standardisierung der MSC-Zubereitung, können aus diesen Ergebnissen keine Schlussfolgerungen gezogen werden (16).

Begrenzte Evidenzen gibt es für PRP-, PRGF- und APS/ACS/APC-Injektionen (n=19), entweder allein (n=10) oder in Kombination mit MSC (n=4) oder mit physikalischer Therapie (n=5) (16, 17). Ein systematischer Review über mehrere Spezies (sieben Artikel über Hunde) weist auf klinische Vorteile und krankheitsmodifizierende Wirkungen einer oder multipler PRP-Injektionen bei 1251 Tieren hin (17). Die subjektiven Outcomes verbesserten sich 30 Tage nach der Injektion um 30-50 %, verschlechterten sich tendenziell aber wieder nach 120-180 Tagen. Nur 6/19 dieser Studien waren placebokontrolliert, und ein signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungs- und Placebogruppen wurde in keiner Studie festgestellt (17).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass biologische AMTs vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich einer sicheren Behandlung von OA bei Hunden zeigen, selbst bei wiederholten Injektionen über eine längere Behandlungsdauer (16, 17). Sicherheitsbedenken stehen meist im Zusammenhang mit der Zubereitung und der Injektion, so dass insbesondere diesbezüglich weitere Untersuchungen erforderlich sind. Kombinationsbehandlungen mit mehreren biologischen AMTs oder mit AMTs und physiotherapeutischen Maßnahmen zeigen eine bessere langfristige Wirksamkeit (90-180 Tage), und zwar sowohl in Bezug auf klinische/subjektive Outcomes als auch auf objektive Outcomes. Die meisten Studien zeigen jedoch eine mangelnde wissenschaftliche Strenge und verschiedene Schwächen im experimentellen Design, wobei insbesondere ein Mangel an objektiven Schmerzbeurteilungen und zahlreiche methodische Unzulänglichkeiten herausgestellt werden (16, 17). Aus diesen Gründen können Biologika zur intraartikulären Injektion gegenwärtig nicht empfohlen werden.

Physiotherapeutische Modalitäten

Einige wenige Studien befassen sich mit physiotherapeutischen Optionen wie der Magnetfeldtherapie mit gepulsten elektromagnetischen Feldern, der Photobiomodulation (Laser), der extrakorporalen Stoßwellenbehandlung und der Kernspinresonanztherapie, allerdings mit variablen Ergebnissen. Eine kürzlich erschienene umfassende Literaturstudie (18) hebt hervor, dass die transkutane elektrische Nervenstimulation und Ultraschalltherapien vorteilhafte Wirkungen bei der Behandlung von Menschen mit OA-Schmerzen haben, entsprechende Schlussfolgerungen für Hunden mit OA konnten aufgrund von fehlenden wissenschaftlichen Evidenzen in dieser Studie nicht gezogen werden. Insgesamt bleibt die Wirksamkeit physiotherapeutischer Modalitäten bei der Behandlung von Hunden mit OA ungewiss, da die vorliegenden Studien von zahlreichen Einschränkungen gekennzeichnet sind, wie zum Beispiel der Anwendung subjektiver Beurteilungen, fehlender Placebo-Kontrollen, unverblindeter Interventionen sowie einer Heterogenität von Behandlungsprotokollen und Patientenpopulationen.

Weitere Therapien  

Studien zur Akupunktur (n=10) führen zu widersprüchlichen Ergebnissen, wobei insbesondere Diskrepanzen zwischen den von Tierhalter*innen beschriebenen Verbesserungen und entsprechenden tierärztlichen Beurteilungen beobachtet werden. Mehrere Untersuchungen verschiedener weiterer Therapieformen – darunter Hydrotherapie, Bewegungstherapie im Wasser und manuelle Therapie bei OA bei Hunden – zeigen gemischte Outcomes. Während beispielsweise die Hydrotherapie vielversprechende Ergebnisse bei der Verbesserung verschiedener Parameter im Zusammenhang mit Hüftgelenksdysplasie zeigt, liefert die Bewegungstherapie im Wasser keine überzeugenden Ergebnisse. Studien zur manuellen Therapie stoßen auf Schwierigkeiten beim Design: Eine unkontrollierte Studie zeigt, dass passives Dehnen das Bewegungsausmaß von Gelenken bei Hunden mit OA signifikant vergrößert, während eine andere Studie widersprüchliche Auswirkungen des Gehens auf unterschiedlichem Terrain zeigt, ein Punkt, der die Bedeutung von individuell maßgeschneiderten Übungen in Rehabilitationsprogrammen unterstreicht. 

In einem systematischen Review wurde der Einsatz von Homöopathie bei Hunden mit OA untersucht (2 Studien) (19) und nur eine Studie mit 44 Hunden lieferte schlüssige Ergebnisse. Diese Studie deutet darauf hin, dass sich Mobilität, PVF und Schmerzen bei behandelten Hunden im Vergleich zur Placebogruppe signifikant verändern, wenn die Analyse auf positive Responder beschränkt wird. Die zweite Studie wies ein hohes Verzerrungsrisiko auf und wurde daher nicht berücksichtigt.

Die Auswirkungen olfaktorischer oder auditiver Stimulationen bei der Behandlung von Hunden mit OA wurde bislang noch nicht im Rahmen von Studien untersucht, während man solche Stimulationen bei anderen Erkrankungen bereits evaluiert hat. So ergab eine Studie mit 55 Hunden aus Tierheimen, dass Lavendelöl Aktivitäten auszulösen scheint, die auf eine Entspannung hindeuten. Eine weitere Studie mit 60 Hunden aus Tierheimen zeigt eine Verringerung erregungsbedingter Verhaltensweisen bei täglicher Exposition gegenüber Musik und Pheromonen über drei Stunden, und in geringerem Maße auch bei Exposition gegenüber Lavendel über denselben Zeitraum. Einem systematischen Review zufolge gibt es jedoch keine ausreichenden Evidenzen für eine Wirksamkeit von Pheromonen hinsichtlich der Behandlung unerwünschter Verhaltensweisen bei Hunden (n=7) (20).

 

Box 1. Eine Liste der in diesem Artikel am häufigsten verwendeten Abkürzungen.

ACS – Activated conditioned serum

Aktiviertes konditioniertes Serum

AMT – Adjunctive musculoskeletal treatment  Adjuvante muskuloskelettale Behandlungen
APC – Autologous platelet concentrate  Autologes Thrombozytenkonzentrat
APS – Autologous protein solution  Autologe Proteinlösung
CBPI – Canine Brief Pain Inventory   
DMOADs – Disease-modifying OA drugs  krankheitsmodifizierende OA-Arzneimittel
IA – intra-articular  intraartikulär
MSC – Mesenchymal stromal cells  Mesenchymale Stromazellen
NGF – Nerve growth factor  Nervenwachstumsfaktor
PGA – Podobarometric gait analysis  Podobarometrische Ganganalyse
PRGF – Plasma rich in growth factors  An Wachstumsfaktor(en) reiches Plasma
PRP – Platelet-rich plasma  Thrombozytenreiches Plasma
PVF – Peak vertical force  Vertikale Spitzenkraft
SVF – Stromal vascular fraction  Stromale Gefäßfraktion

 

Lebensweise und Ernährung

Restriktive Ernährung und Gewichtsabnahme

Lediglich drei klinische Studien haben die Auswirkungen von Diätnahrungen zur Gewichtskontrolle auf OA untersucht und evaluiert, wie sich Gewichtskontrolle auf übergewichtige oder adipöse Hunde mit OA auswirken kann. Subjektive und objektive Messungen zeigen, dass eine Gewichtsabnahme Lahmheiten bei Hunden mit OA verbessert, diese Studien hatten aber geringe Probengrößen, keine Kontrollgruppe und keine Verblindung (21). Eine bei Labradorwelpen im Alter von acht Wochen beginnende Längsschnittstudie untersuchte, ob eine diätetische Restriktion die Inzidenz und den Grad von OA verringern kann; die Hälfte der Hunde erhielt eine Kontrollnahrung und die andere Hälfte eine um 25 % kalorienreduzierte Ration (21). In der Gruppe mit der Kontrollnahrung lag die Inzidenz von OA-Läsionen im Vergleich zur Gruppe mit der diätetischen Restriktion bei 61,1 % vs. 14,2 % für Hüftgelenke, bei 86,3 % vs. 57,1 % für Schultergelenke und bei 36,3 % vs. 19,0 % für Ellbogengelenke. Die Prävalenz von OA multipler Gelenke war in der Kontrollgruppe höher, ebenso wie der Grad der Hüftgelenks-, Ellbogengelenks- und Schultergelenksläsionen. Außerdem wurde bei Hunden mit restriktiver Nahrung eine OA-Behandlung erst später eingeleitet, und Hunde, bei denen eine Euthanasie aufgrund von OA erforderlich war, waren in der restriktiv ernährten Gruppe deutlich älter als entsprechende Hunde mit der Kontrollnahrung. Eine PGA-Studie an lahmenden Hunden mit OA privater Halter*innen zeigt, dass eine Zunahme des Körpergewichts die Lahmheit verstärkt, wobei sich die PVF-Scores bei zunehmenden Hunden stärker veränderten als bei Hunden mit stabilem Körpergewicht (22). 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Hunden großer Rassen, die lebenslang einen Body Condition Score von etwa 5/9 halten, Folgendes zu beobachten sein kann…: 

  1. eine geringere Inzidenz von Hüftgelenksdysplasie; 
  2. eine geringere Inzidenz und ein geringerer Grad von OA; 
  3. eine spätere Notwendigkeit einer Behandlung von OA (und anderer chronischer Erkrankungen); 
  4. eine spätere Notwendigkeit einer Euthanasie aufgrund einer chronischen Erkrankung (OA-bedingte Veränderungen des Wohlbefindens der Tiere waren eine Hauptursache für Euthanasie) und
  5. ein späterer natürlicher Tod aufgrund einer anderen Erkrankung als OA (soll in Zukunft getestet werden).

Therapeutische Diätnahrungen und Nutrazeutika

In einem systematischen Review (n=54) wurde die Wirksamkeit von therapeutischen Diätnahrungen und Nutrazeutika bei der Behandlung von Hunden mit OA untersucht (23). Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren (ω-3 PUFAs) mariner Herkunft (Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA)) sind offenbar am ausführlichsten untersucht (n=15) und entweder als Ergänzungsfuttermittel oder in therapeutischen Diätnahrungen wirksam (nur 10 % hatten keine Wirkung), und dies ohne Nebenwirkungen. Nutrazeutika auf Basis von Kollagen (n=8; 18,2 % ohne Wirkung) und Cannabinoide (n=5; 14,3 % ohne Wirkung) zeigen eine geringere Wirksamkeit und geringere Effektgrößen. Chondroitin/Glucosamin-Nutrazeutika (n=8, 88,9 % ohne Wirkung) erwiesen sich als eindeutig unwirksam und sollten für die Behandlung von OA bei Hunden nicht empfohlen werden. Im Unterschied zu den Studien über ω-3 PUFAs und Cannabinoide waren die Studien zur Evaluierung von Nutrazeutika auf Kollagen- und Chondroitin/Glucosamin-Basis von lediglich mittelmäßiger methodischer Qualität (23). 

Zu empfehlen sind ω-3 PUFAs marinen Ursprungs (reich an EPA/DHA), da aus Pflanzen gewonnene PUFAs (Leinsamen-, Soja- oder Nussöle) reich an Alpha-Linolensäure (ALA) sind, die von Tieren nur schlecht (wenn überhaupt) in EPA/DHA umgewandelt werden. Im Gegensatz zu Arzneimitteln unterliegen Ergänzungsfuttermittel (Supplemente) keinen entsprechenden Kontrollen, und sind somit mit dem Risiko möglicher Schwankungen der Zusammensetzung des Inhalts behaftet, so dass Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit nicht garantiert sind. Weitere Studien sind erforderlich, um empfohlene Dosierungen, Formulierungen und Kombinationen für jedes dieser Produkte zu dokumentieren. Generell sollten praktische Tierärzt*innen ihre derzeitigen Empfehlungen bezüglich solcher Produkte aber überdenken, Hundehalter*innen auf diese Feinheiten aufmerksam machen und sich insgesamt stärker auf evidenzbasierte medizinische Maßnahmen stützen (23). Und nicht zuletzt sollten Tierbesitzer*innen ermutigt werden, vorwiegend in geprüfte und kontrollierte Optionen zu investieren, die einen wirklichen Unterschied für die Gesundheit ihres Hundes machen können.

Umweltmodifikationen und körperliche Bewegung

Für Hunde mit OA werden täglich leichte Bewegungsübungen geringer Intensität empfohlen, um eine Verschlimmerung der Erkrankung zu vermeiden, die zusätzliche Knorpel- und Knochenschäden sowie die Entwicklung von Narbengewebe und Gelenkfibrose begünstigen könnte. Allerdings gibt es für eine Wirksamkeit täglicher Bewegung bei Hunden mit OA nur begrenzte Evidenzen: Die Gruppe des Autors berichtet, dass 54 Minuten tägliche Aktivität zu einem klinisch signifikanten Anstieg der PVF-Scores führen. Hundehalter*innen sollten jedoch entsprechend geschult und entsprechend therapierte Patienten sollten regelmäßig tierärztlich überwacht werden, um die Empfehlungen individuell anzupassen (24). Selbst ein moderates Bewegungsniveau kann bei Hunden mit OA zu einer Verschlechterung des Gangbildes im Vergleich zu Kontrollhunden führen.

Empfehlungen für Modifikationen der Umwelt beruhen in erster Linie auf der Erfahrung und dem Urteil von Tierärzt*innen und Halter*innen. Soweit bekannt, gibt es keine Studien, die eine Wirksamkeit von Umweltmodifikationen bei der Behandlung von Hunden mit OA-bedingten Schmerzen messen. Wahrscheinlich sind solche Veränderungen vorteilhaft für ein optimales Zusammenleben von Halter*innen und Hunden in ihren alltäglichen Interaktionen, es stellt sich aber die Frage, ob solche Veränderungen die Belastungen insgesamt tatsächlich verringern oder sogar erhöhen.

In den letzten 30 Jahren wurde die Wirksamkeit von NSAID bei Hunden mit OA in mindestens 40 wissenschaftlichen Veröffentlichungen beschrieben. Mehrere dieser Arbeiten weisen jedoch erhebliche Mängel auf, die die Zuverlässigkeit der erzielten Ergebnisse in Frage stellen.

Éric Troncy

Schlussfolgerung

Die Behandlungsmöglichkeiten für Hunde mit Osteoarthritis sind heute vielfältig und umfangreich und stützen sich weitgehend auf humanmedizinische Studien, die sowohl pharmakologische Behandlungen als auch nicht-pharmakologische Alternativen vorschlagen. Kombinationstherapien sollen aufgrund von additiven oder synergistischen Effekten bessere Ergebnisse erzielen als Einzelbehandlungen. Gute wissenschaftliche Evidenzen für einzelne Therapien sind oft nur spärlich und für multimodale Behandlungsansätze so gut wie gar nicht vorhanden. Bei der OA-Therapie muss stets das Prinzip „Primum non nocere“ im Vordergrund stehen, und berücksichtigt werden sollten darüber hinaus zahlreiche patientenbezogene Faktoren wie Grad, Dauer und Verlauf der OA sowie etwaige Begleiterkrankungen. Die Wahl der Behandlung richtet sich nach den diagnostizierten (oder vermuteten) OA-Schmerzmechanismen. Idealerweise werden sich in Zukunft bessere Perspektiven für das OA-Management bei Hunden eröffnen, die es leichter machen, eine den Bedürfnissen des einzelnen Hundes angepasste und effiziente Behandlung zu finden.

 

Danksagung: Diese Literaturrecherche des GREPAQ-Teams basiert auf 30 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet der Osteoarthritis. Zu den Autoren gehören (in dieser Reihenfolge) graduierte Studierende: Marilyn Frezier; Aliénor Delsart; Laurie Martin; alle drei PhD-Doktorandinnen; Manuela Lefort-Holguin; MSc-Kandidatin und Experten auf dem Gebiet: Colombe Otis, PhD; Maxim Moreau, PhD; Aude Castel, DEV, MSc, Dipl. ACVIM-Neurology; Bertrand Lussier, DMV, MSc, Dipl. ACVS und Éric Troncy, DEV, MSc, PhD, DUn-Pharmacology. 

 

Offenlegung von Interessenkonflikten: GREPAQ hat mit zahlreichen Pharma- und Ernährungsunternehmen zusammengearbeitet, aber die Autoren sagen, dass bei der Erstellung dieses Artikels kein Interessenkonflikt bestand.

 

Literatur

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Ryan Jennings

Éric Troncy

DEV, MSc, PhD, DUn-Pharmakologie/-chemie, Groupe de recherche en pharmacologie animale du Québec (GREPAQ), Faculty of Veterinary Medicine, Université de Montréal, Kanada

Éric Troncy ist zurzeit Professor und Direktor der Forschungsgruppe GREPAQ an der Université-de-Montréal (UdM). Sein Tiermedizinstudium schloss er an der École Nationale Vétérinaire de Lyon in Frankreich ab. Anschließend absolvierte er eine Residency im Bereich Anästhesiologie, bevor er an der UdM promovierte (PhD) und einen Doktortitel in Pharmakologie an der Universität Louis-Pasteur in Straßburg (Frankreich) erwarb. Dr. Troncy ist Autor zahlreicher Artikel und Abstracts, viele zu seinem klinischen Schwerpunktthema, der Osteoarthritis bei Kleintieren.