Persönliche Empfehlungen… Der Hund mit Azotämie
Geschrieben von Frankie Easley
Der azotämische Hund ist ein häufiger Patient in der erstversorgenden Praxis; ein strukturierter Ansatz ermöglicht die Erstellung einer realistischen Liste von Differentialdiagnosen und die Festlegung einer logischen Behandlungsstrategie.
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Kernaussagen
Erhöhte Harnstoff- und/oder Kreatininwerte im Blut infolge einer verminderten renalen Ausscheidung bezeichnet man als Azotämie.
Drei Hauptkategorien der Azotämie werden unterschieden: prärenal, renal und postrenal. Mit Hilfe dieser Unterteilung können wir verstehen, an welcher Stelle die physiologische Nierenfunktion beeinträchtigt ist, und welche Ursache zugrunde liegt.
Prärenale und postrenale Ursachen von Azotämie sind oft weniger komplex als Ursachen der renalen Azotämie und sollten daher zuerst ausgeschlossen werden.
Mindestens 75 % der Nephronenmasse müssen verloren gehen, bevor eine renale Azotämie auftritt.
Einleitung
Die Hauptaufgabe der Nieren besteht in der Ausscheidung von stickstoffhaltigen Abfallprodukten und Produkten des Muskelstoffwechsels (z. B. Harnstoff und Kreatinin) aus dem Körper und gleichzeitig in der Aufrechterhaltung einer adäquaten Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Homöostase. Wenn die Nieren nicht richtig funktionieren, kommt es zu einer Anreicherung dieser Stoffwechselprodukte sowie zu Störungen des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts. Als Azotämie bezeichnet man den Nachweis von erhöhten Harnstoff- und/oder Kreatininkonzentrationen im Blut als Folge einer verminderten renalen Ausscheidung (1). Wird eine Azotämie festgestellt bei einem Patienten, sollte zunächst die Frage gestellt werden, aus welchem Grund die renale Ausscheidung nicht adäquat funktioniert. Um die Azotämie besser zu verstehen und diese grundlegende Frage zu beantworten, müssen wir zunächst rekapitulieren, auf welche Weise die renale Ausscheidung von Abfallprodukten erfolgt und an welchen Stellen die Dinge schieflaufen können.
Nierenfunktion
Damit eine Substanz über die Niere ausgeschieden werden kann, muss sie zunächst zu ihrer funktionellen Einheit, dem Nephron (Abbildung 1), gelangen, wo sie über das Glomerulum aus dem Blutkreislauf in das tubuläre Filtrat (2) filtriert wird. Von dort kann eine Substanz entweder unverändert über den Harn ausgeschieden oder durch die Nierentubuli verändert (reabsorbiert oder aktiv sezerniert) werden. Stickstoffhaltige Abfallprodukte werden vom Glomerulum frei filtriert, das heißt, solange diese Substanzen das Glomerulum erreichen, sollten sie in adäquater Menge aus dem Blutkreislauf entfernt werden. Eine Niere eines gesunden Hundes weist etwa 500 000 Nephrone auf, die die Bildung von tubulärem Filtrat ermöglichen (3). Alle diese funktionellen Einheiten laufen über ein System von Sammelrohren zusammen, die das Filtrat in das Nierenbecken ableiten, von wo aus es über die Harnleiter in die Harnblase gelangt. Hier wird der Abfallprodukte und andere Bestandteile enthaltende Harn gesammelt und aktiv über die Harnröhre aus dem Körper ausgeschieden. Wenn die physiologische Funktion an irgendeiner Stelle entlang dieses Pathways vom Nephron bis zur Harnröhre gestört ist, kann es zu einer verminderten renalen Ausscheidung und zu einer Azotämie kommen.
Zu berücksichtigen ist, dass erhöhte Harnstoff- und Kreatininkonzentrationen nicht zu 100 % spezifisch für Nierenerkrankungen sind – das heißt, Harnstoff und Kreatinin können sowohl aufgrund von renalen Ursachen als auch infolge von extrarenalen Ursachen erhöht sein. Bevor wir also bei einem azotämischen Patienten eine Diagnose stellen, müssen wir zunächst extrarenale Ursachen ausschließen. Zum besseren Verständnis extrarenaler Ursachen einer Azotämie ist ein kurzer Überblick über die Physiologie von Harnstoff und Kreatinin hilfreich:
- Harnstoff wird in der Leber aus Ammoniak gebildet, einem Nebenprodukt des Proteinstoffwechsels (1). Die Harnstoffproduktion hängt daher in hohem Maße von der Leberfunktion sowie vom Proteinkatabolismus und der Verdauung von Proteinen im Dünndarm ab. Harnstoff wird im Glomerulum frei filtriert und in den Nierentubuli passiv reabsorbiert, in einer Menge, die durch die tubuläre Flussrate bestimmt wird (2). Mit diesem Wissen können wir verstehen, dass Abweichungen der Harnstoffkonzentration im Blut mit einer Einschränkung der Nierenfunktion zusammenhängen können, aber auch auf extrarenale Ursachen zurückzuführen sein können, wie z. B. eine eingeschränkte Leberfunktion, einen erhöhten Proteinkatabolismus oder eine gesteigerte Proteinverdauung.
- Kreatinin ist ein physiologisches Produkt des Muskelstoffwechsels und seine Konzentration im Blut kann daher in Abhängigkeit von einer Zunahme oder Abnahme der Muskelmasse erhöht oder verringert sein (1). Auch Kreatinin wird durch die Glomerula frei filtriert, aber nicht in den Nierentubuli reabsorbiert (2). Auch hier wird klar, dass erhöhte Kreatininwerte im Blut mit einer eingeschränkten Nierenfunktion zusammenhängen können, aber auch extrarenale Ursachen haben können, wie zum Beispiel eine signifikante Zunahme der Muskelmasse.

Kategorisierung der Azotämie
Wenn wir uns mit der Azotämie bei Hunden beschäftigen, müssen wir drei Haupttypen unterscheiden: prärenale Azotämie, renale Azotämie und postrenale Azotämie. Anhand dieser Unterteilung können wir verstehen, an welcher Stelle des Pathways die physiologische Nierenfunktion beeinträchtigt ist, und sind so in der Lage, die Liste unserer Differentialdiagnosen einzugrenzen. Mit Hilfe einer Kombination aus klinischen Untersuchungsbefunden und Ergebnissen ergänzender diagnostischer Tests können wir zwischen den Hauptursachen der Azotämie unterscheiden und die entsprechende Kategorisierung vornehmen.
Prärenale Azotämie im Überblick
Als prärenale Azotämie bezeichnet man die Akkumulation stickstoffhaltiger Abfallprodukte im Blut infolge einer verminderten Nierendurchblutung (4). Häufig handelt es sich um die Folge einer zirkulatorischen Störung wie Dehydratation, Hypovolämie oder Hypotonie (Tabelle 1). Infolge des veränderten renalen Blutflusses gelangen weniger stickstoffhaltige Abfallprodukte in die Glomerula, sodass weniger stickstoffhaltige Abfallprodukte aus dem Blutkreislauf herausgefiltert werden. In den meisten Fällen kann die Diagnose einer ausschließlich prärenalen Azotämie bei Hunden mit Hilfe der klinischen Untersuchung und einer Harnanalyse gestellt werden. Betroffene Patienten zeigen häufig klinische Veränderungen, die den Verdacht einer prärenalen Ursache der Azotämie verstärken können, wie zum Beispiel Dehydratation oder Hypovolämie, Herzgeräusche oder Arrhythmien. Darüber hinaus wird bei der Harnanalyse häufig ein konzentrierter Harn festgestellt (spezifisches Harngewicht > 1.030) (4), ohne zusätzliche Hinweise auf eine glomeruläre oder tubuläre Dysfunktion wie Proteinurie, Glukosurie (bei Fehlen einer Hyperglykämie) und Harnzylinder. Bei diesen Patienten kommt es nach einer Behandlung der verminderten Nierendurchblutung mit Hilfe einer Flüssigkeitstherapie häufig zu einem vollständigen Verschwinden der Azotämie.
Tabelle 1. Ursachen prärenaler Azotämie.
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Renale Azotämie im Überblick
Der Begriff renale Azotämie bezeichnet eine Akkumulation stickstoffhaltiger Abfallprodukte im Blut als Folge einer verminderten glomerulären Filtrationsrate im Zusammenhang mit einer reduzierten funktionellen Nierenmasse (4). Der Entstehung einer renalen Azotämie kann eine ganze Reihe unterschiedlicher Ätiologien zugrunde liegen (Tabelle 2). Zu beachten ist, dass Azotämie per se keine 100 %ige Sensitivität für eine Schädigung der Nieren besitzt. Noch bevor es zu einem signifikanten Anstieg der Harnstoff- und Kreatininkonzentrationen kommt, entwickelt sich bereits ein signifikanter Abfall der glomerulären Filtrationsrate, und tatsächlich müssen etwa 75 % der Nephronenmasse eines Patienten untergegangen sein, bevor eine renale Azotämie auftritt (4). Mit diesem Wissen wird leicht verständlich, dass bei einem Patienten bereits eine signifikante Nierenschädigung vorliegen kann, wenn mit Hilfe der Labordiagnostik eine Azotämie festgestellt wird. Da die Fähigkeit zur Harnkonzentrierung auch von der intakten Funktion der Nephrone, insbesondere von funktionellen Tubuli und Sammelrohren, abhängt, weisen Patienten mit renaler Azotämie spezifische Harngewichte von < 1.030 auf. Eine Einschränkung der Harnkonzentrierungsfähigkeit tritt bereits bei einem Verlust von lediglich 66 % der funktionellen Nephrone auf und ist daher häufig bereits vor der Azotämie selbst nachweisbar (5). In der Regel liegt das spezifische Harngewicht eines Hundes mit renaler Azotämie im Bereich der Isosthenurie (1.008–1.012), was bedeutet, dass die Nieren das Filtrat weder verdünnen noch konzentrieren. Neben einem schwach konzentrierten Harn können bei der Harnanalyse weitere Marker für eine glomeruläre oder tubuläre Schädigung auffallen, wie zum Beispiel Proteinurie, Glukosurie und zelluläre oder granuläre Harnzylinder. Weitere Befunde, die auf eine renale Azotämie hindeuten, sind Mineralstoff- und Elektrolytstörungen, insbesondere Veränderungen des Phosphor-, Kalzium-, Magnesium- und Kaliumspiegels (1). Von den genannten Parametern ist Phosphor sowohl bei akuten als auch bei chronischen Nierenerkrankungen am regelmäßigsten erhöht, da es primär auf dem Wege der glomerulären Filtration von den Nieren ausgeschieden wird.
Tabelle 2. Ursachen renaler Azotämie.
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Postrenale Azotämie im Überblick
Als postrenale Azotämie bezeichnet man die Akkumulation stickstoffhaltiger Abfallprodukte im Blut infolge einer Obstruktion der Harnleiter oder der Harnröhre (mechanische Obstruktion: Urolithiasis, Striktur, Zubildung/infiltrative Erkrankung oder funktionelle Obstruktion: Detrusor-Atonie, funktionelle Abflussstörung oder eine Ruptur der Harnwege (1) (Tabelle 3). In diesen Szenarien wird eine normale Sammlung und/oder Ausscheidung von Abfallprodukten über das Harnsystem verhindert. Im Vorbericht und bei der klinischen Untersuchung dieser Patienten tauchen oft Befunde auf, die für eine Harnwegsobstruktion (Dysurie/Strangurie, Schmerzen, Renomegalie, erweiterte Harnblase) oder einer Harnwegsruptur (schmerzhaftes Abdomen, peritonealer oder retroperitonealer Erguss) sprechen (4). Weitere Hinweise auf eine postrenale Azotämie bzw. deren Ursache können durch bildgebende Untersuchungen des Harnsystems (Röntgen/Ultraschall) und ergänzende diagnostische Maßnahmen (Legen eines Blasenkatheters, Probengewinnung und Untersuchung von Ergüssen) gewonnen werden.
Tabelle 3. Ursachen postrenaler Azotämie.
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Diagnostisches Protokoll
Da prärenale und postrenale Ursachen einer Azotämie oft weniger komplex sind als die Ursachen einer renalen Azotämie, wird empfohlen, diese zuerst differenzialdiagnostisch auszuschließen. Nachdem eine Azotämie mit Hilfe biochemischer Tests bestätigt und extrarenale Ursachen ausgeschlossen werden konnten, spielt das spezifische Harngewicht eine entscheidende Rolle für die Interpretation der Nierenwerte (Tabelle 4). Ein hohes spezifisches Harngewicht > 1.030 bei einem Hund mit erhöhten Nierenwerten spricht für eine prärenalen Azotämie, und bei diesen Patienten sollten zunächst jegliche Dehydratation oder Hypovolämie korrigiert werden. Wenn es gelingt, eine Dehydratation/Hypovolämie ohne länger anhaltende ischämische Schädigung der Nieren zu korrigieren, ist es möglich, dass sich die Nierenwerte wieder normalisieren. Ein spezifisches Harngewicht < 1.030 schließt eine prärenale Ursache als alleinige Ursache der Azotämie aus. Allerdings kann ein Patient mit renaler Azotämie zusätzlich auch dehydriert sein, sodass dann eine prärenale Komponente zur Azotämie beiträgt. Liegt das spezifische Harngewicht im isosthenurischen Bereich (1.008–1.012), bedeutet dies, dass die Nieren das glomeruläre Filtrat weder verdünnen noch konzentrieren. Wenn gleichzeitig erhöhte Harnstoff- und/oder Kreatininkonzentrationen vorliegen, deutet dies auf eine renale Azotämie hin. Auch das Ansprechen auf eine Flüssigkeitstherapie kann bei der Differenzierung zwischen prärenaler und renaler Azotämie hilfreich sein. So kann es beispielsweise bei Patienten mit prärenaler Azotämie infolge einer Dehydratation mit Hilfe einer Flüssigkeitstherapie zu einem vollständigen Verschwinden der Azotämie kommen, während dies bei Patienten mit renaler Azotämie nicht der Fall ist.
Tabelle 4. Bereiche des spezifischen Harngewichts (SHG) und ihre Interpretation beim Hund.
| SHG | Interpretation |
|---|---|
| <1.008 | Hyposthenurie/verdünnter Harn |
| 1.008 bis 1.012 | Isosthenurie |
| 1.013 bis 1.029 | moderat konzentrierter Harn |
| >1.030 | konzentrierter Harn |
Weniger hilfreich ist die Bestimmung des spezifischen Harngewichts dagegen bei der Diagnose und Differenzierung von Fällen einer postrenalen Azotämie. Hier sind bildgebende Untersuchungen des Harnsystems erforderlich, um eine postrenale Komponente zu bestätigen oder auszuschließen. So können Röntgenaufnahmen des Abdomens Hinweise auf eine Renomegalie (Abbildung 2) oder eine erweiterte Harnblase geben, deren potenzielle Ursache eine Harnwegsobstruktion ist. Weitere verdächtige Röntgenbefunde sind Verschattungen innerhalb der Nieren, der Harnleiter, der Harnblase oder der Harnröhre, die auf eine Urolithiasis hindeuten können. Dabei ist zu beachten, dass das Dogma, nach dem bestimmte Urolithen nicht röntgendicht sind, heute nicht mehr gilt. Richtig ist aber, dass bestimmte Steintypen wie Cystin- und Uraturolithen eine geringere Röntgendichte aufweisen und daher in Röntgenaufnahmen schwieriger zu erkennen sind. Neben der Zusammensetzung der Urolithen spielt auch ihre Größe eine Rolle für den Grad der Röntgendichte. Das radiologische Erscheinungsbild ist nach wie vor eines der zuverlässigsten Hilfsmittel für die Einschätzung der Zusammensetzung von Urolithen. Eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens kann Hinweise auf eine Hydronephrose (Abbildung 3) oder einen Hydroureter liefern, die auf eine Ureterobstruktion infolge eines Ureterolithen, einer Ureterstriktur oder einer Zubildung hinweisen können. Darüber hinaus können bildgebende Untersuchungen Anhaltspunkte für peritoneale oder retroperitoneale Ergüsse ergeben, die den Verdacht einer Ruptur der Harnwege nahelegen. Zur Bestätigung bzw. zum Ausschluss eines Uroabdomens wird die Entnahme einer Probe freier Flüssigkeit aus der Bauchhöhle und die Messung des Kreatinins und/oder Kaliums in der abdominalen Flüssigkeit und der anschließende Vergleich zur Kreatinin- bzw. Kaliumkonzentration im Serum empfohlen. Die Behandlung einer postrenalen Azotämie hängt weitgehend von der zugrunde liegenden Ätiologie ab, wobei zu beachten ist, dass eine ausbleibende Behandlung zu einer Schädigung der Nephrone und eine renale Azotämie zur Folge haben kann.


Nicht in jedem Fall ist sofort ersichtlich, ob es sich bei einer neu diagnostizierten renalen Azotämie um ein akutes oder chronisches Geschehen handelt. Anhand des Vorberichts, der klinischen Untersuchung und weiterführender diagnostischer Maßnahmen lassen sich in der Regel aber wichtige Hinweise für eine Differenzierung finden. Wie der Name schon vermuten lässt, weisen Patienten mit akuter Nierenschädigung in der Regel hochgradigere klinische Symptome auf, wie zum Beispiel Lethargie und Erbrechen (8). Bei der klinischen Untersuchung von Patienten mit akuter Nierenschädigung werden in der Regel physiologische bis vergrößerte, möglicherweise schmerzhafte Nieren festgestellt. Zu den häufigsten Ursachen einer akuten renalen Azotämie gehören Ischämie, Entzündungen, die Exposition gegenüber Nephrotoxinen und Infektionskrankheiten (8). Weitere Ursachen sind Hyperkalzämie und glomeruläre Erkrankungen wie Glomerulonephritis. Entzündungen/Ischämie können die Folge einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Grunderkrankungen sein, darunter Pankreatitis, Peritonitis, Pyometra, Pneumonie, hochgradige Gastroenteritis, diabetische Ketoazidose und Hitzschlag. Zu den häufigen Nephrotoxinen gehören Ethylenglykol, Weintrauben/Rosinen und überdosierte NSAIDs. Die häufigsten infektiösen Erkrankungen im Bereich der Niere sind Pyelonephritis und Leptospirose. Vor dem Hintergrund dieser Differenzialdiagnosen gehören zur üblichen diagnostischen Abklärung bei einem Patienten mit akuter renaler Azotämie die Erhebung eines ausführlichen Vorberichts, ein großes Blutbild, ein klinisch-chemisches Profil, eine Harnanalyse mit Sedimentuntersuchung, eine aerobe Harnkultur, gegebenenfalls die Bestimmung des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn, eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens, Röntgenaufnahmen des Thorax und ein mikroskopischer Agglutinationstest auf Leptospirose. In etwa 25 % der Fälle von akuter Nierenschädigung bleibt die Ätiologie jedoch unbekannt (8).
Bei der chronischen Nierenerkrankung handelt es sich um eine irreversible und progrediente Abnahme der Nierenfunktion infolge einer Schädigung funktioneller Nephrone (9). Wie der Name schon sagt, hat die Erkrankung einen chronischen oder schleichenden Verlauf, mit unspezifischen klinischen Symptomen wie Polyurie/Polydipsie, Gewichtsverlust und Hyporexie (7). In vielen Fällen weisen auch die weiteren Befunde der klinischen Untersuchung auf den chronischen Charakter der Erkrankung hin und umfassen Muskelschwund, kleine und unregelmäßige Niere(n) sowie Dehydratation. Zu den häufigsten Ursachen einer CNE gehören Infektionen, Entzündungen, vorangegangene oder partiell obstruktive Nierenerkrankungen, Ischämie und familiäre Nierenerkrankungen, aber auch primäre oder metastatische Nierentumore können vorkommen. In den meisten Fällen bleibt die Ätiologie der ursprünglichen Nephronenschädigung, die zur Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung geführt hat, jedoch unbekannt. Ein übliches diagnostisches Work-up bei chronischer renaler Azotämie umfasst die oben aufgeführten Maßnahmen, ergänzt um Nierenbiopsien bei Verdacht auf eine familiäre Erkrankung oder bei Vorliegen einer signifikanten Proteinurie. Die Behandlung von Patienten mit akuter und chronischer renaler Azotämie zielt in erster Linie auf die zugrundeliegende Ätiologie ab, wenn diese bekannt ist. Die beste Prognose haben in der Regel Infektionskrankheiten, da sie in der Regel bis zu einem gewissen Grad therapierbar sind.
Mögliche Folgen einer Azotämie
Wichtige Folgen, die bei Patienten mit Azotämie häufig auftreten und alle einen Einfluss auf die Morbidität und die Mortalität haben können, sind hypertension, Hyperphosphatämie und Proteinurie. Azotämie ist eine häufige Ursache sekundärer Hypertonie bei Hunden, mit einer Prävalenz von bis zu 93 % (10). Eine unbehandelte Hypertonie kann zu Schäden an Zielorganen, einschließlich Nieren, führen und somit eine progrediente Nierenschädigung und eine Azotämie hervorrufen. Bei azotämischen Patienten werden deshalb routinemäßige Messungen des systolischen Blutdrucks und eine Untersuchung des Augenhintergrundes empfohlen. Eine Proteinurie kann die Folge einer zugrundeliegenden Nierenerkrankung sein und gilt zudem als Mediator einer progredienten Nierenschädigung. Zudem ist eine unkontrollierte Proteinurie bei Hunden mit einem erhöhten Risiko für unerwünschte Outcomes assoziiert (11). Empfohlen wird eine Quantifizierung der Proteinurie durch Bestimmung des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn bei allen Patienten mit Dipstick-positivem Protein im Harn und inaktivem Sediment. Da Phosphor primär über die Nieren ausgeschieden wird, steigt die Phosphorkonzentration im Blut bei Patienten mit unzureichender glomerulärer Filtration an. Die Behandlung einer Hyperphosphatämie wirkt der Entwicklung eines sekundären renalen Hyperparathyreoidismus entgegen (9). Als First-Line-Behandlung bei Hyperphosphatämie und Proteinurie gilt die diätetische Therapie mit einer in tierärztlichen Praxen erhältlichen spezifischen Nierendiätnahrung. Diese Nierendiätnahrungen sind sowohl protein- als auch phosphorarm und senken bei CNE-Patienten nachweislich das Risiko einer urämischen Krise, verlangsamen das Fortschreiten der Erkrankung und verbessern die Lebensqualität der Patienten (12). Bei Hunden mit CNE sollten zusätzlich Erythrozytenindizes, einschließlich der Retikulozytenzahl, überwacht werden, da sich häufig eine aregenerative Anämie entwickelt. Darüber hinaus empfiehlt sich bei Hunden mit chronischer Nierenerkrankung auch eine Überwachung des Parathormonspiegels und des ionisierten Kalziums als Screening auf einen sekundären renalen Hyperparathyreoidismus.
Ein spezifisches Harngewicht < 1.030 schließt eine prärenale Ursache als alleinige Ursache der Azotämie aus. Allerdings kann ein Patient mit einer zugrundeliegenden renalen Azotämie zusätzlich auch dehydriert sein, wobei dann eine prärenale Komponente zur Azotämie beiträgt.
Schlussfolgerung
Azotämie ist ein häufiger Laborbefund bei Hunden und erfordert die Erhebung eines ausführlichen Vorberichts, eine gründliche klinische Untersuchung und eine sorgfältige Auswertung ergänzender diagnostischer Tests, um prärenale, renale und postrenale Ursachen zu unterscheiden. Die Bestimmung des spezifischen Harngewichts bei jedem Patienten mit erhöhten Nierenwerten ist der erste diagnostische Schritt bei der Abklärung einer Azotämie. Mit Hilfe der Unterscheidung zwischen prärenalen, renalen und postrenalen Ursachen einer Azotämie können Listen relevanter Differentialdiagnosen erstellt, diagnostische Empfehlungen gegeben und der zugrundeliegende Krankheitsprozess richtig behandelt/gemanagt werden.
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Frankie Easley
DVM, Dip. ACVIM, College of Veterinary Medicine, North Carolina State University (NCSU), Raleigh, USA
Dr. Easley schloss ihr Tiermedizinstudium im Jahr 2016 an der NCSU ab und arbeitete ein Jahr lang in einer Kleintierpraxis, bevor sie an ihre Alma Mater zurückkehrte, um ein rotierendes Internship in Interner Medizin mit Schwerpunkt auf Kleintieren zu absolvieren. Anschließend blieb sie an der NCSU, wo sie eine Residency im Bereich Small Animal Internal Medicine absolvierte. Danach arbeitete sie in einer privaten Praxis, absolvierte ein einjähriges Nephrology/Urology-Fellowship an der NCSU und erhielt die Board Certification des ACVIM.