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Psychische Gesundheit bei Hundewelpen: Empfehlungen für den Erfolg

Geschrieben von Jessica L. Benoit

 

Tiermedizinische Fachangestellte können einen positiven Einfluss auf Hundewelpen haben, indem sie frisch gebackenen Hundehalter*innen fundierte und umfassende Empfehlungen für ein glückliches und positives Aufwachsen ihrer Tiere geben.

Welpe spielt in einem Bällebad.

Kernaussagen

Group 15 1

Tiermedizinische Fachangestellte spielen eine wichtige Rolle in der präventiven Verhaltensberatung für Hundewelpen.

Group 15 2

Hundehalter*innen sollten spezifische Empfehlungen zur Förderung der Mensch-Tier-Bindung erhalten.

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Es ist wichtig, die häufigsten Probleme von Hundewelpen in der jeweils richtigen Lebensphase anzugehen – Hundehalter*innen müssen wissen, wo, wann und wie sie ihr neues Haustier trainieren und erziehen müssen.

Group 15 4

Die wichtigsten Aspekte, die berücksichtigt werden müssen, sind Stubenreinheit, Training in der Hundebox, Beißverhalten der Welpen und die Bereicherung ihrer Umwelt.

Einleitung

Tiermedizinische Fachangestellte sind aufgrund ihres Wissens und ihrer Aufgaben in der Praxis in der einzigartigen Position, frisch gebackene Halter*innen von Hundewelpen erfolgreich zu unterstützen. Schließlich gehören wir zu den allerersten Expert*innen, mit denen Hundehalter*innen nach dem Erwerb ihres neuen Welpen Kontakt haben. Dies gibt uns die Möglichkeit, sowohl die Welpen als auch die Halter*innen auf eine erfolgreiche Zeit vorzubereiten durch:

  • Empfehlung geeigneter Erziehungs- und Trainingsoptionen im Hinblick auf häufige Verhaltensweisen von Hundewelpen; 
  • Vermittlung von humanen und ethischen Hundetrainer*innen, die auf wissenschaftlicher Basis arbeiten; 
  • Vermittlung geeigneter Welpenkurse; 
  • Aufklärung über die Vorteile von Enrichment; 
  • Vermittlung grundlegender Fähigkeiten für die Anwendung positiver Verstärkung. 

Die Ziele sämtlicher Beratungen und Schulungenvon Welpenhalter*innen sind es, die Mensch-Tier-Bindung zu schützen und zu stärken, das Vertrauen eines Welpen aufzubauen, die emotionale und körperliche Gesundheit des Hundes über sein gesamtes Leben zu fördern und Tierhalter*innen an die Praxis zu binden.

Die sensible Lernphase eines Hundewelpen beginnt im Alter von drei Wochen und endet mit einem Alter von etwa 12-14 Wochen (1-3). Während dieses Zeitraums muss ein Welpe in ausreichendem Maße spezifischen Stimuli ausgesetzt werden, da eine unzureichende Exposition gegenüber adäquaten Reizen das Risiko negativer Folgen erhöht, die letztlich auch das Verhalten des adulten Hundes beeinflussen können (4). In dieser entscheidenden Lernphase geht es aber nicht nur darum, den Welpen mit Menschen und anderen Hunden zu sozialisieren. Wichtig ist es darüber hinaus auch, den heranwachsenden Hunden die Möglichkeit zu bieten, ein breites Spektrum an Erfahrungen zu sammeln im Zusammenhang mit anderen Tieren, verschiedenen Umgebungen, körperlichem Handling, unterschiedlichen Geräuschen und Oberflächen. Der Schwerpunkt sollte während dieser Zeit aber eher auf der Qualität als auf der Quantität entsprechender Stimuli und Erfahrungen liegen, und generell sollten Hundewelpen eher positiv beeinflusst werden als neutrale oder gar negative Erfahrungen zu machen. 

Unsere Rolle als Tiermedizinische Fachangestellte

Beratungen zum Thema Verhalten durch Tiermedizinische Fachangestellte erfolgen entweder während der üblichen Gesundheits-Checks oder Impftermine für Welpen oder im Rahmen von speziell dafür vorgesehenen Sprechstunden, die sich in erster Linie auf das Thema Verhalten konzentrieren (5). Wichtige Inhalte dieser Beratungen sind die Haltung und der Umgang mit Welpen, die Vorbeugung gegen häufig vorkommende unerwünschte Verhaltensweisen und die Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Welpenkursen. Auf diese Weise können TFAs entscheidend dazu beitragen, das Verhalten von Hundewelpen bereits frühzeitig in erwünschte Bahnen zu lenken, um so auch Problemen im späteren Leben der adulten Hunde vorzubeugen (5-7).

Die von Tiermedizinischen Fachangestellten empfohlenen Welpenkurse sollten folgenden Kriterien erfüllen:

  1. Kurse mit geringer Teilnehmerzahl, die mit positiver Verstärkung arbeiten. Diese bestehen aus maximal sechs Welpen und einem Trainer oder einer Trainerin (oder TFA) mit entsprechender Qualifikation und einer assistierenden Person (8). 
  2. Kurse, die von qualifizierten Trainer*innen gehalten werden, mit Zertifikat einer standardisierten, positiv orientierten Organisation (5).
  3. In Anfängerkursen können bereits acht Wochen alte Hundewelpen angemeldet werden, bei der Abschlussprüfung sollten Welpen aber nicht älter als 16 Wochen sein (8).
  4. Die Kurse sollten kontrolliert und strukturiert ablaufen, und während des gesamten Kurses sollten Welpen und Menschen ruhig bleiben. Die Spielzeit für die Welpen sollte kurz und erfolgreich sein (Abbildung 1).
  5. Getrennte Lernbereiche für grundlegende Verhaltensweisen und Erkundungsverhalten sind hilfreich, da Welpen bei Ablenkung durch Menschen und andere Hunde Konzentrationsschwierigkeiten haben können (Abbildung 2).
Zwei Welpen liegen auf dem Boden eines Zimmers und schauen sich an.
Abbildung 1. Welpen legen eine Pause während des Spielens ein. Hier kann sich ein Welpe unter einen Stuhl oder hinter eine Barriere zurückziehen. Stellen Sie sicher, dass entsprechende Rückzugsmöglichkeiten während der Spielzeit zur Verfügung stehen. © Jessica L. Benoit
Layout von zwei verschiedenen Optionen für Welpentrainingskurse.
Abbildung 2. (a) Lernstationen in verschiedenen Räumen einer tierärztlichen Praxis, um Ablenkungen so weit wie möglich zu reduzieren. (b) Organisation eines Welpenkurses in einem Raum. Für die Kursleiterin mag dies einfacher sein, da sie sich an alle Teilnehmer gleichzeitig wenden kann, es besteht aber die Gefahr, dass Welpen und ihre Halter*innen stark abgelenkt werden. Zur Verringerung von Ablenkung werden visuelle Barrieren empfohlen. © Jessica L. Benoit

Wichtige Inhalte dieser Kurse sind Informationen über die Entwicklung von Welpen, die Aufklärung verbreiteter Mythen über Hundetraining, die Erläuterung der Körpersprache von Hunden, Tipps für häufig auftretende Verhaltensprobleme, die Vorteile von positiver Verstärkung (Abbildung 3) und die negativen Auswirkungen von Bestrafung. TFAs können Tierhalter*innen begleitend oder im Vorfeld unterstützen, indem sie häufige Verhaltensweisen von Welpen ansprechen und deren Bedeutung erläutern. Zentrale Verhaltensthemen bei der Welpenkonsultation sind Stubenreinheit, Laufstall-Training, Beißen/Kauen und Enrichment. Wenn Sie sich ausreichend Zeit nehmen, um diese Themen zu besprechen, können Sie den Stress für frisch gebackene Halter*innen von Hundewelpen erheblich verringern und Ihre Kund*innen stets mit aktuellen Informationen versorgen. 

Welpe auf einem Untersuchungstisch, der an einem Stethoskop schnüffelt.
Abbildung 3. Ein Welpe lernt, eine positive Assoziation mit dem Stethoskop herzustellen, indem der Gegenstand mit Leckerlis verknüpft wird. © Jessica L. Benoit

Stubenreinheitstraining

Um ein erfolgreiches Toilettenverhalten zu fördern, müssen Tierhalter*innen die zeitlichen Abläufe bei Hundewelpen verstehen und ihre natürlichen Verhaltensweisen kennen. So brauchen Welpen etwa 20 Minuten nach der Nahrungsaufnahme eine Toilettenpause (9); sie benötigen solche Pausen aber auch nach dem Aufwachen, beim Spielen sowie nach körperlicher Bewegung und Training. Ein praktischer Vorschlag für Hundehalter*innen wäre der Einsatz eines „Gassi-Timers“, der alle 1 bis 2 Stunden signalisiert. Mit zunehmendem Alter des Welpen und mit allmählich konsistenterem Ausscheidungsverhalten kann die Zeitspanne im Timer dann schrittweise erhöht werden. Erläutern Sie Ihren Kund*innen insbesondere auch die auf einen bevorstehenden Kot- oder Harnabsatz hinweisende Körpersprache von Hunden, wie zum Beispiel intensiveres Schnüffeln und die Suche nach einem geeigneten Ort für Kot- oder Harnabsatz, Scharren auf dem Boden, in Kreisen laufen, oder auch das Stehenbleiben in der Nähe eines Ausgangs.

Es empfiehlt sich, Hundewelpen für jeden Harn- oder Kotabsatz an der Leine zum selben Ort zu führen, da eine solche Routine zusätzlich stimulierend wirken kann (10). Welpen, die noch nicht an die Leine gewöhnt sind, können alternativ mit Futter oder Leckerlis zu besagten Orten gelockt werden. Werden Welpen beim Gassigehen von der Leine gelassen, sind sie oft abgelenkt und entleeren deshalb ihre Blase unter Umständen nicht vollständig, weil sie durch die Suche nach dem nächsten interessanten Gegenstand zum Spielen abgelenkt sind. In diesen Fällen stellen Halter*innen dann oft fest, dass ein Welpe kurze Zeit nach dem Gassigehen zu Hause erneut Harn oder Kot absetzt. Sobald ein Welpe seine Verrichtungen an einem geeigneten Ort getätigt hat, sollte dieses Verhalten mit Futterbelohnungen oder zusätzlicher Spielzeit extrinsisch verstärkt werden (9). Sollten Halter*innen feststellen, dass ein Welpe während einiger Gassi-Pausen keinen Harn oder Kot absetzt, empfehlen Sie ihnen, den Timer zurückzusetzen und nach 10 Minuten einen erneuten Versuch zu unternehmen. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass Hundewelpen durch Aktivitäten im Freien abgelenkt werden und eine zweite Chance brauchen.

Wenn für das Stubenreinheitstraining ein Toilettenbereich im Haus gewählt wird (zum Beispiel absorbierende Unterlagen wie Welpen-Pads), gelten prinzipiell dieselben Empfehlungen, obwohl eine Leine hier in der Regel nicht erforderlich ist. Trainieren Sie die Nutzung der Welpen-Pads oder anderer vorgesehener Bereiche aber immer mit positiver Verstärkung (Abbildung 4). Ersetzen Sie die Pads bzw. das Substrat, sobald der Welpe Harn oder Kot abgesetzt hat, und stellen Sie sicher, dass der Toilettenbereich immer leicht zugänglich ist (11).

Frau bietet einem Welpen ein Leckerli an.
Abbildung 4. Wenn ein Welpe lernen soll, Kot und/oder Harn auf einem Pad abzusetzen sollte immer mit positiver Verstärkung gearbeitet werden. © Shutterstock

Eingewöhnungstraining

Das Eingesperrtsein in einem Hundegatter, einem Welpenlaufstall oder einer Hundebox entspricht nicht dem natürlichen Verhalten von Welpen. Eine Studie über die Lebensgewohnheiten freilebender, streunender Hunde zeigt, dass Höhlen oder Baue ausschließlich von tragenden Hündinnen genutzt werden, um sich und ihre Welpen vor Raubtieren und anderen Bedrohungen zu schützen. Die Tatsache, dass Hunde auch Baue nutzen, bedeutet aber nicht automatisch, dass alle Welpen und adulte Hunde höhlenartige Rückzugsräume bevorzugen. Darüber hinaus stellte die Studie fest, dass freilaufende, streunende Hunde bei der Suche nach einem Schutz- und Lagerplatz die Nähe zum Menschen bevorzugen, auch wenn sie sich nicht in dessen Besitz befinden. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Nahrungssuche in der Nähe des Menschen einfacher ist. Bemerkenswert ist zudem, dass es zwischen einzelnen freilaufenden Hunden erhebliche Unterschiede bei der Suche nach Schutz- und Lagerplätzen gibt; einige bevorzugen offene Felder, andere wählen eher geschützte Orte, kleine umschlossene Bereiche und sogar gut beleuchtete Baue (12). Diese neuen Erkenntnisse sind für Tierhalter*innen wichtig, damit sie die beste individuelle Option für die Unterbringung ihres Welpen wählen können.

Die Anwendung eines Welpenlaufstalls oder einer Hundebox kann zu einer positiven Erfahrung werden, wenn die entsprechende Konditionierung der Welpen auf langsame, zielgerichtete und positive Weise erfolgt. Im Alltag eines Hundes gibt es zahlreiche Situationen, in denen ein erfolgreiches Hundebox-Training von Vorteil sein kann, wie zum Beispiel, wenn es um die Sicherheit beim Transport im Auto geht oder um die Sicherheit und Bequemlichkeit im Zusammenhang mit dem Besuch einer tierärztlichen Praxis oder bei medizinischen Notfällen. Weitere Anwendungsbereiche sind die Schaffung einer Rückzugsmöglichkeit für einen überforderten, ängstlichen oder müden Welpen zu Hause und die Erfüllung organisatorischer Bedingungen bei Hundesportveranstaltungen oder Ausstellungen. 

Wichtige Punkte, die Sie mit Ihren Kund*innen besprechen sollten, sind die Größe, die Gestaltung und die Einrichtung einer Hundebox. Denn letztlich kann so etwas Einfaches wie die richtige Größe der Box über Erfolg oder Misserfolg des Hundebox-Trainings entscheiden. Grundsätzlich sollte eine Box ausreichend groß sein, damit sich der Welpe bequem bewegen, aufstehen, umdrehen und in Seitenlage ablegen kann. Zu empfehlen sind darüber hinaus ein Trinkwasserspender und ein für die Box geeignetes Futterpuzzle. Metallboxen sind eine hervorragende Wahl, da sie oft über mobile Trennwände verfügen, mit deren Hilfe die Fläche flexibel vergrößert oder reduziert werden kann. Welpen bevorzugen unter Umständen Boxen, die mit einer Decke oder Ähnlichem abgedeckt sind. 

Alternativ bietet ein Welpenlaufstall oder ein separater, abgetrennter Raum mehr Platz und kann sich als guter Einstieg zur Gewöhnung eines Welpen an das Eingesperrtsein erweisen (Abbildung 5). Im Laufstall kann auch eine Hundebox aufgestellt werden, damit die Welpen stets die Möglichkeit haben, die Box aus eigenem Antrieb zu betreten. Auf diese Weise wird verhindert, dass Welpen zu früh und vor einer entsprechenden Konditionierung in eine Box gesetzt werden, und dadurch Angst und vermehrten Stress im Zusammenhang mit dem Eingesperrtsein entwickeln. Innerhalb des eingezäunten Areals eines Laufstalls können zusätzlich ein Bereich für den Harn- und Kotabsatz (z. B. Welpenpads), eine Futter- und Wasserstation und eine Spielecke eingerichtet werden.

Zeichnung eines Haltungsraums für einen Hund.
Abbildung 5. Beispiel für die räumliche Gestaltung und Einrichtung eines Welpenlaufstalls mit einer Hundebox, einem Bereich für Kot- und Harnabsatz, einer Futter- und Wasserstation sowie einem Futterpuzzle. © Jessica L. Benoit

Nur wenige Welpen fühlen sich anfangs in einem Laufstall oder in einer Box wohl, vor allem über Nacht. Als Rudeltiere sind Hunde typische „soziale Schläfer“, und insbesondere für einen frisch adoptierten Welpen kann es sehr belastend sein, von seiner bisherigen Familie und seinen Wurfgeschwistern in ein neues Zuhause zu wechseln, wo er dann getrennt von Menschen schlafen soll. Diese Trennung kann ein hohes Maß an Stress verursachen und zu einer negativen Assoziation mit dem Laufstall oder der Hundebox führen. Es wird daher empfohlen, Einrichtungen wie einen Laufstall oder eine Hundebox im selben Raum aufzustellen, in dem sich auch die Halter*innen aufhalten oder schlafen. Unabhängig vom Setting des Schlafplatzes sollten Halter*innen aber immer darauf vorbereitet sein, während der Nacht aufzustehen, falls der Welpe Kot oder Harn absetzen muss.

Das Training für die Gewöhnung an das Eingesperrtsein in einem Laufstall oder ähnlichen Einrichtungen ist sehr zeitaufwendig. Eine gute Möglichkeit, dem Welpen zu helfen, eine positive Assoziation mit seinem räumlich begrenzten Auslauf zu entwickeln und so seine Unabhängigkeit und Geduld zu fördern besteht darin, mehrmals täglich Futter-Puzzles und andere Enrichment-Optionen anzubieten. Eine weitere Methode für ein erfolgreiches Training ist die so genannte „Boxen-Fee“-Übung: unbemerkt vom Welpen legen Halter*innen über den Tag verteilt immer wieder begehrte Leckerli in den Laufstall, so dass der Hund beim freiwilligen Betreten des Laufstalls mit leckeren Snacks überrascht wird.

Einsperren sollte aber niemals als Bestrafung eingesetzt werden. Ein Laufstall oder eine Hundebox sollte vielmehr ein sicherer Ort für einen Hund sein. Werden solche Einrichtungen zur Bestrafung verwendet, wird der Welpe unweigerlich eine negative Assoziation mit seinem Laufstall oder seiner Hundebox entwickeln. Dies erhöht den Stresslevel und führt dazu, dass der Welpe letztlich auch langfristig schwer zu erziehen und zu trainieren sein wird (11).

Die sensible Lernphase eines Hundewelpen beginnt im Alter von drei Wochen und endet mit einem Alter von etwa 12-14 Wochen. Während dieses Zeitraums muss ein Welpe spezifischen Stimuli ausgesetzt werden, da ein Mangel an adäquaten Reizen das Risiko negativer Folgen erhöht, und letztlich das Verhalten des adulten Hundes beeinflussen kann.

Jessica L. Benoit

Zahndurchbruch und Zahnwechsel

Das während der Phase der Zahndurchbruchs und des Zahnwechsels zu beobachtende Kauen, Knabbern und Beißen ist Teil des natürlichen Verhaltens von Welpen in diesem Lebensabschnitt. Daher ist es wichtig, geeignete und sichere Kauspielzeuge zur Verfügung zu stellen, wie zum Beispiel strapazierfähiges Gummispielzeug, das mit Trockenfutterkroketten oder Leckerlis gefüllt werden kann, oder gefrorenes Kauspielzeug, wie zum Beispiel Karotten oder auch Zerrspielzeug aus Stoff, das vor dem Einfrieren in Wasser getränkt wird. Kauspielzeuge sollten etwa alle drei bis vier Tage gewechselt werden, um Langeweile vorzubeugen und zu verhindern, dass der Welpe von sich aus nach anderen Gegenständen zum Kauen sucht. Die Bereicherung der Umgebung durch regelmäßige Abwechslung kann in dieser Entwicklungsphase zu einer Abmilderung unerwünschten Beiß- und Kauverhaltens gegenüber Menschen und Gegenständen beitragen.

Unerwünschtes Beißverhalten

Eine wichtige Strategie bei einem Hundewelpen mit unerwünschtem Beißverhalten ist das so genannte Umlenken. Praktisch bedeutet dies ganz einfach, dass man dem Welpen etwas gibt, auf dem er kauen darf oder mit dem er spielen kann, um sein Beißverhalten von einem verbotenen Gegenstand abzulenken. Eine hervorragende Methode zur Verhinderung unerwünschten Beißverhaltens besteht darin, in den Bereichen des Hauses, in denen ein Welpe gewöhnlich besonders stark aufgeregt ist, geeignete Alternativen zur Umlenkung des Beißverhaltens anzubieten, wie zum Beispiel Spielzeug und Leckerlis. So erweist sich zum Beispiel ein Korb mit Spielzeug im Bereich der Eingangstür, wo Gäste eintreten, als gute Möglichkeit, Beißverhalten dort zu verhindern oder umzulenken, wo es am wahrscheinlichsten vorkommt. Erfolgreiche Umlenkung verhindert aber auch Frustration bei Welpen selbst, die wiederum zu vermehrtem Beißverhalten führen kann. Ermutigen Sie Halter*innen deshalb, andere Verhaltensweisen bei ihrem Welpen zu fördern und zu verstärken, um vom unerwünschten Beißverhalten abzulenken. Diese Ablenkung kann nicht nur in der aktuellen Situation hilfreich sein sondern Welpen auch dazu bringen, in Zukunft bessere Entscheidungen zu treffen. Hundewelpen, die schon in der Lage sind, erlernte Verhaltensweisen zu beherrschen, können in entsprechenden Situationen mit Hilfe bestimmter Kommandos wie „Platz“ oder „Touch“ gezielt zu einem alternativen Verhalten aufgefordert werden, das mit dem Beißverhalten in dieser Situation nicht vereinbar ist, immer gefolgt von positiver Verstärkung. 

Wenn ein Welpe beißt, muss zunächst überlegt werden, aus welchem Grund dieses Verhalten auftritt. Häufige Ursachen unerwünschter Beißvorfälle sind auf dem Boden spielende Kinder oder Erwachsene, Ringen, reizüberflutete Umgebungen, Frustration oder Schlafmangel. Kommt es trotz der oben empfohlenen Maßnahmen zu einer weiteren Eskalation unerwünschten Beißverhaltens, sollte die gebissene Person dem Welpen zunächst unmittelbar die Aufmerksamkeit entziehen. Beenden Sie in einer solchen Situation unmittelbar die Interaktion, legen Sie eine Pause ein, geben Sie einige Sekunden lang keinerlei visuelles oder verbales Feedback, und lenken Sie den Welpen dann in Richtung einer geeigneten Alternative für das Beißverhalten um. Sollten Familienmitglieder in diesen Situationen überfordert oder frustriert sein und selbst eine Pause brauchen, gibt man dem Welpen ein langlebiges Kauspielzeug oder ein Spielzeug mit Futterspenderfunktion im Bereich seines Liegeplatzes oder einem anderen geeigneten Ort (11).

Das während der Phase des Zahnwechsels zu beobachtende Kauen, Knabbern und Beißen ist Teil des natürlichen Verhaltens von Welpen in diesem Lebensabschnitt. Daher ist es wichtig, geeignete und sichere Kauspielzeuge zur Verfügung zu stellen.

Jessica L. Benoit

Enrichment – Bereicherung und Verbesserung der Lebensumstände

Unter Enrichment versteht man die Bereicherung und Verbesserung der Lebensumstände über die Schaffung von Erfahrungen und Umgebungen, die es einem Hund ermöglichen, seine natürlichen, artspezifischen Verhaltensweisen auszuleben und so sein allgemeines körperliches und emotionales Wohlbefinden zu verbessern. Fünf Kategorien werden unterschieden (13, 14).

  • Occupational Enrichment bedeutet, dem Hund „Jobs“ oder Aufgaben zu geben, mit deren Hilfe er sein instinktives Verhalten ausleben kann, wie z. B. Agility-Training oder Kurse mit Gruppentraining.
  • Physical Enrichment bedeutet, die Umgebung eines Welpen so zu verändern und zu gestalten, dass er neue Erkundungs- und Entdeckungsmöglichkeiten erhält. Dazu gehört unter anderem auch eine Erhöhung der Komplexität in der häuslichen Umgebung. Einfache Möglichkeiten sind ein neues Bett, neues Spielzeug oder Spaziergänge zu neuen Orten. Zu erwägen sind auch Spielzeuge unterschiedlicher Texturen oder eine Wühlkiste (14). 
  • Social Enrichment umfasst die Interaktionen des Hundes mit anderen Hunden, Menschen und anderen Spezies. Die Auswahl passender Hunde zum Spielen und die Begegnung mit neuen Menschen kann für einige, aber nicht unbedingt für alle Hunde eine wirksame Bereicherung sein. Weisen Sie Halter*innen darauf hin, dass sie stets auf die individuellen Bedürfnisse ihres Welpen nach sozialen Interaktionen mit Artgenossen eingehen müssen. 
  • Nutritional Enrichment ist die häufigste Form der Bereicherung. Dabei wird Futter als Motivation für die Nahrungsaufnahme, für das Lösen von Problemen und für das Verdienen von Belohnungen eingesetzt. Futterpuzzle sind eine einfache Möglichkeit, diese Art des Enrichment in den Alltag eines Welpen zu integrieren (15).
  • Sensory Enrichment umfasst Aktivitäten, die einen oder mehrere der fünf Sinne ansprechen: Riechen, Sehen, Schmecken, Tasten und Hören (16) (Abbildung 6). Geruchsarbeit, Schnüffeln an der langen Leine (17) und hundefreundliche TV-Programme sind nur einige Möglichkeiten, um das Bedürfnis eines Welpen nach sensorischer Stimulation zu erfüllen.
Welpe spielt in einem Bällebad.
a
Welpe mit dem Kopf in einer Pappschachtel.
b / Abbildung 6. Sensory Enrichment: Im Welpenkurs erkunden die Hunde verschiedene Oberflächen und Hindernisse: (a) Bällebad; (b) Kartons und Luftpolsterfolie. © Jessica L. Benoit

Box 1 listet einige Empfehlungen zur Förderung der physischen und emotionalen Sicherheit von Enrichment-Maßnahmen auf. Diese Aspekte müssen gegenüber Kund*innen kommuniziert werden, um die Sicherheit der Welpen zu gewährleisten.

 

Box 1. Tipps für ein erfolgreiches Enrichment.

  • Bei allen Enrichment-Aktivitäten ist eine Beaufsichtigung erforderlich.
  • Bei Welpen, die dazu neigen, zerkleinerbare oder Non-Food-Materialien (z. B. Pappe oder Holz) abzuschlucken, sollten solche Materialien nicht für das Enrichment eingesetzt werden.
  • Beobachten Sie den Welpen auf Anzeichen von Angst oder Unruhe, wenn Sie ihm neue Enrichment-Optionen anbieten. 
  • Achten Sie auf Frustration beim Welpen, wenn Sie kommerzielle oder selbstgemachte Futterpuzzle einführen. Stellen Sie sicher, dass Futter anfangs leicht zugänglich ist und steigern Sie die Herausforderung erst, wenn der Welpe erfolgreich ist.
  • Wechseln Sie Enrichment-Spielzeug aus und bieten Sie neue Aktivitäten an, damit Welpen neue Erfahrungen machen können (18).

 

Schlussfolgerung

Eine Voraussetzung für erfolgreiches Lernen in der sensiblen Entwicklungsphase ist die wirksame Aufklärung der Welpenhalter*innen über wichtige Aspekte wie Stressvermeidung und positive Erfahrungen für Welpen. Als Tiermedizinische Fachangestellte haben wir die einzigartige Möglichkeit, Halter*innen mit positiven und wissenschaftlich fundierten Empfehlungen durch die unterschiedlichen Entwicklungsphasen ihres Welpen zu begleiten. Aufgrund unserer Rolle in der Praxis sind wir als TFAs in der Lage, Interaktionen mit unseren Welpenpatienten so stressfrei wie möglich zu gestalten, Halter*innen über die wichtige Bedeutung eines sicheren Umgangs mit den Welpen aufzuklären und über häufige Verhaltensweisen sowie Lösungen bei Verhaltensproblemen zu informieren. Indem wir Halter*innen beraten, wie sie einige der schwierigeren Phasen der Welpenzeit durchstehen und erfolgreich bewältigen können, stärken wir nicht nur die Mensch-Tier-Bindung, sondern schaffen auch gegenseitiges Vertrauen und die Voraussetzungen für eine offene Kommunikation mit dem tierärztlichen Praxisteam für die kommenden Jahre.

 

Literatur

1. Scott JP, Fuller JL. The development of behavior. In: Genetics and the Social Behavior of the Dog (1st ed.). Chicago: The University of Chicago Press, 1965;101-108.

2. Luesher AU. Canine behavior and development. In: Shaw JK, Martin D, eds. Canine and Feline Behavior for Veterinary Technicians and Nurses. Chichester: Wiley-Blackwell, 2014;30-50.

3. Radosta L. Canine behavior and development. In: Shaw JK, Martin D, eds. Canine and Feline Behavior for Veterinary Technicians and Nurses. Chichester: Wiley-Blackwell, 2014;34-58.

4. Overall K. Normal Canine behavior and ontogeny. In: Manual of Clinical Behavioral Medicine for Dogs and Cats – E-Book (1st ed.). Elsevier, 2013;126-128.

5. Martin K, Martin D. The role of the veterinary technician in animal behavior. In: Shaw JK, Martin D, eds. Canine and Feline Behavior for Veterinary Technicians and Nurses. Chichester: John Wiley & Sons, 2023;8-31.

6. González-Martínez N, Martínez MF, Rosado B, et al. Association between puppy classes and adulthood behavior of the dog. J. Vet. Behav. 2019;32:36-41. https://doi.org/10.1016/j.jveb.2019.04.011

7. Howell TJ, King T, Bennett PC. Puppy parties and beyond: The role of early age socialization practices on adult dog behavior. Vet. Med. (Auckl.) 2015;6:143-153. https://doi.org/10.2147/VMRR.S62081

8. Martin K, Martin D. Socialization. In: Puppy Start Right: Foundation Training for the Companion Dog. Waltham MA: Karen Pryor Clickertraining, 2011;53-56.

9. Overall K. Abnormal canine behavior. In: Manual of Clinical Behavioral Medicine for Dogs and Cats – E-Book (1st ed.). Elsevier, 2013;298.

10. Scott JP, Fuller JL. The development of behavior. In: Genetics and the Social Behavior of the Dog (1st ed.). Chicago: The University of Chicago Press, 1965;101-102.

11. Benoit J. Preventative behavioral health for puppies. In: Calder CD, Koven P, eds. Low Stress Handling, Restraint, and Behavior Modification for Dogs and Cats. (2nd ed.). Davis: CattleDog Publishing, 2024;91-130.

12. Sreejani SM, Manabi P, Shubhra S et al. Denning habits of free-ranging dogs reveal preference for human proximity. Sci. Rep. 2016;6(1);32014. https://doi.org/10.1038/srep32014

13. Young RJ. Environmental enrichment: an historical perspective. In: Environmental Enrichment for Captive Animals. Oxford: Blackwell Publishing, 2003;100-108.

14. Tu AY, Radosta L. Prevention: the best medicine. In: Landsberg G, Radosta L, Ackerman L, eds. Behavior Problems of the Dog and Cat. (4th ed.). St. Louis: Elsevier, 2024;67-68.

15. Bender A, Strong E. Foraging. In: Canine Enrichment for the Real World. Wenatchee: Dogwise Publishing, 2019;80-97.

16. Bender A, Strong E. Instinctual Behaviors. In: Canine Enrichment for the Real World. Wenatchee: Dogwise Publishing, 2019;68-79.

17. Stremming S (Host). Decompression walks [Audio Podcast Episode]. In COG DOG Radio. The Cognitive Canine. 2018 Jan 9. Available at: https://sarahstremming.com/podcasts/a-decompression-walk-chat/

18. Bender A, Strong E. Safety and Security. In: Canine Enrichment for the Real World. Wenatchee: Dogwise Publishing, 2019;62.

 

Jessica L. Benoit

Jessica L. Benoit

RVT, VTS (Verhalten), CPDT-KA, KPA CTP, Companion Veterinary Clinic, Edmonton, Kanada

Kanada

Jessica Benoit schloss ihre Ausbildung am NAIT Animal Health Technology Program im Jahr 2010 ab. Sie ist Veterinary Technician Specialist (VTS), Certified Professional Dog Trainer - Knowledge Assessed (CPDT-KA), Karen Pryor Academy Certified Training Partner (KPA CTP) und Fear Free Certified Veterinary Professional/Trainer. Derzeit ist sie Mitinhaberin der Companion Veterinary Clinic, einer Fear Free Certified Practice in Edmonton, Kanada. Im Jahr 2013 entwickelte sie ein erstes Trainings- und Verhaltensprogramm in ihrer Klinik und bietet heute Lehrpläne für Hundetrainingskurse, Katzenwelpenkurse, Tricktraining und private Kurse zur Trainings- und Verhaltensmodifikation an. Ihr besonderes Interesse gilt dem Thema Cooperative Care in der Tiermedizin. Sie freut sich, Hunde- und Katzenpatienten dabei zu helfen, sich bei tierärztlichen Untersuchungen und Eingriffen wohler zu fühlen. Zudem hält Jessica Benoit Vorträge, leitet Workshops und veröffentlicht Beiträge in der tierärztlichen Fachliteratur.