Psychische Gesundheit von Katzenwelpen: Empfehlungen für den Erfolg
Tiermedizinische Fachangestellte spielen eine wichtige Rolle bei der Beratung frisch gebackener Halter*innen von Katzenwelpen. Ziel ist die Förderung der Mensch-Tier-Beziehung und damit die Vorbereitung auf einen lebenslangen Erfolg.

Kernaussagen
Tiermedizinische Fachangestellte spielen eine wichtige Rolle in der präventiven Verhaltensberatung für Katzenwelpen.
Halter*innen von Katzenwelpen müssen Empfehlungen zur Förderung der Mensch-Tier-Beziehung erhalten.
Die sensible Lernphase bei Katzenwelpen beginnt im Alter von zwei Wochen und endet im Alter von etwa sieben Wochen; dieser kurze Zeitraum stellt eine Herausforderung für eine erfolgreiche psychologische Entwicklung dar.
Die Fünf Säulen einer gesunden, katzengerechten Umwelt sind ein hervorragender Orientierungspunkt, um die Grundbedürfnisse eines Katzenwelpen zu erfüllen.
Einleitung
Tiermedizinische Fachangestellte sind in einer einzigartigen Position, wenn es darum geht, frisch gebackene Halter*innen von Katzenwelpen zu unterstützen und zu beraten. Schließlich gehören wir zu den allerersten Expert*innen, mit denen Katzenhalter*innen nach dem Erwerb ihres neuen Welpen in Kontakt kommen. Dies gibt uns die Möglichkeit, wichtige Empfehlungen für das Management und das Training gängiger Verhaltensweisen von Katzenwelpen zu geben, über die Vorteile von Enrichment aufzuklären, Kund*innen zu zeigen, wie sie eine katzenfreundliche Umgebung einrichten können, und realistische Erwartungen an das Zusammenleben mit einem Katzenwelpen und dessen Aufzucht zu formulieren. Sämtliche Beratungen zielen darauf ab, die Kund*innen dort abzuholen, wo sie stehen, die Mensch-Tier-Beziehung zu schützen und zu unterstützen, das Vertrauen des Katzenwelpen zu stärken, die emotionale und körperliche Gesundheit der Katze über ihr gesamtes Leben zu fördern und nicht zuletzt die Kund*innen an die Praxis zu binden.
Die sensible Lernphase eines Katzenwelpen beginnt im Alter von zwei Wochen und endet etwa im Alter von sieben Wochen. Dieser kurze Zeitraum stellt eine Herausforderung für eine erfolgreiche psychologische Entwicklung dar. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Katzenwelpen, die bis zum Alter von acht Wochen nicht von mindestens vier verschiedenen Personen betreut werden, Schwierigkeiten haben, sich an neue Bezugspersonen zu binden (1). Es geht aber nicht nur darum, einen Katzenwelpen mit Menschen und anderen Katzen zu sozialisieren. Wichtig ist es darüber hinaus, die kleine Katze mit anderen Tieren, verschiedenen Umgebungen, körperlichem Handling sowie neuen Geräuschen und unterschiedlichen Oberflächen vertraut zu machen. Der Schwerpunkt sollte in dieser Zeit aber eher auf der Qualität der Erfahrungen liegen als auf der Quantität, und generell sollten Katzenwelpen eher positiv beeinflusst werden als neutrale oder negative Erfahrungen zu machen.
Die American Association of Feline Practitioners (AAFP) und die International Society of Feline Medicine (ISFM) haben ein Instrument mit der Bezeichnung „Five Pillars of Healthy Feline Environment“ (Box 1) entwickelt, das Tierärzt*innen und TFAs einen hervorragenden Orientierungspunkt bietet, um wichtige Themen der Erziehung bei der Beratung frisch gebackener Halter*innen von Katzenwelpen anzusprechen (2).
Box 1. Box 1. Five Pillars of a Healthy Feline Environment – Die fünf Säulen einer gesunden, katzengerechten Umwelt dienen TFAs als nützliche Orientierung für die Aufklärung ihrer Kunden über das Wohlbefinden von Katzen. © AAFP/ISFM-Feline Environmental Needs Guidelines
| 1 | Schaffung sicherer Rückzugsorte |
|---|---|
| 2 | Bereitstellung multipler, räumlich voneinander getrennter Umweltressourcen: Futter, Wasser, Katzentoiletten, Kratzbäume, Spielbereiche, Ruhe- oder Schlafplätze |
| 3 | Schaffung von Möglichkeiten zum Ausleben des Spiel- und Beuteverhaltens |
| 4 | Schaffung einer positiven, regelmäßigen und vorhersehbaren Mensch-Katzen-Interaktion |
| 5 | Schaffung einer Umgebung, die die Bedeutung des Geruchssinns der Katze respektiert |
Unsere Rolle als Tiermedizinische Fachangestellte
Beratungen zum Thema Verhalten durch Tiermedizinische Fachangestellte erfolgen entweder während den üblichen Gesundheits-Checks oder Impfterminen für Katzenwelpenoder im Rahmen von speziell dafür vorgesehenen Sprechstunden, die sich in erster Linie auf das Thema Verhalten konzentrieren. Diese Empfehlungen sollten Folgendes beinhalten::
- Transportbox-Training
- Set-up der Katzentoilette
- Kratzverhalten
- Positive menschliche Interaktionen
- Katzenfreundliche Umgebung und Enrichment
Wenn Sie sich ausreichend Zeit für die Besprechung dieser Themen nehmen, können Sie den Stress für frisch gebackene Halter*innen von Katzenwelpen erheblich verringern und Ihre Kund*innen stets mit aktuellen Informationen versorgen.
Eine weitere wichtige Empfehlung für Katzenhalter*ìnnen ist die Teilnahme an Katzenwelpenkursen. Obwohl diese weniger populär und weniger bekannt sind als Hundewelpenkurse, können Katzenwelpenkurse sehr erfolgreich sein, und zwar sowohl als Präsenzveranstaltungen als auch in Form von Online-Kursen. Katzenwelpen sollten vor Erreichen eines Alters von 14 Wochen an einem Kurs teilnehmen (3, 4), und gute Kurse sollten folgende Themen beinhalten:
- Handling in der tierärztlichen Praxis (Abbildung 1)
- Spielen - sowohl interaktiv als auch allein (Abbildung 2)
- Vermittlung grundlegender Verhaltensweisen durch positive Verstärkung
- Verhalten rund um die Katzentoilette, Pflege von Katzentoiletten
- Enrichment - Bereicherung der Umwelt
- Informationen zur Entwicklung von Katzenwelpen
- Interpretation der Körpersprache von Katzen
- Tipps für häufige Verhaltensprobleme
- Tipps für die Schaffung einer katzenfreundlichen Umgebung
- Die Vorteile der positiven Verstärkung


Transport zur tierärztlichen Praxis
Stressfreie Besuche in der tierärztlichen Praxis beginnen mit dem richtigen Transportbox-Training. Viele Katzen kommen mit ihrer Transportbox zum ersten Mal in Kontakt, wenn sie zum Tierarzt oder zur Tierärztin transportiert werden sollen. Diese ungewohnte Situation kann Angst und Stress auslösen und ist oft der Beginn einer regelrechten Angstkaskade, wie sie häufig bei tierärztlichen Untersuchungen von Katzen zu beobachten ist. Untersuchungen zeigen, dass erfolgreiches Transportbox-Training zu angenehmeren Autofahrten und zu weniger Stress bei der tierärztlichen Untersuchung führen kann (5). Die Aufgabe von TFAs besteht darin, Kund*innen über ein Transportbox-Training bei Katzenwelpen aufzuklären, indem sie dieses Thema proaktiv ansprechen und zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stellen, die als langfristige Referenzen dienen. Wichtige Punkte sind die Auswahl einer Transportbox der richtigen Größe und die positive Konditionierung von Katzenwelpen auf die Transportbox. Hier folgen nun einige Richtlinien, die TFAs ihren Kund*innen an die Hand geben können, um die Transportbox zu einem sicheren und vertrauten Ort für Katzenwelpen zu machen:
- Die richtige Größe bedeutet, dass die Transportbox ausreichend dimensioniert sein sollte, damit der Katzenwelpe aufstehen, sich umdrehen und bequem hinlegen kann. Außerdem muss die Transportbox mit dem Katzenwelpen wachsen. Weisen Sie Halter*innen also darauf hin, dass der Kauf einer neuen Transportbox notwendig werden kann, sobald der Katzenwelpe das Erwachsenenalter erreicht. Als Faustregel gilt, dass die Transportbox 1,5-mal so groß wie die Katze selbst sein sollte. Eine katzengerechte Transportbox sollte stabil, gut belüftet und leicht zerlegbar sein, um die Eingewöhnung zu erleichtern.
- Positive Assoziation schaffen. Stellen Sie die Transportbox an einem vertrauten Ort zu Hause auf, zum Beispiel in einem Raum, in dem die kleine Katze viel Zeit verbringt. Erhöhte Stellflächen können in Betracht gezogen werden, wenn die Box stabil ist. Zusätzlich können Halter*innen den Liegeplatz der Katze zur Verbesserung der Behaglichkeit mit einem synthetischen Pheromonspray behandeln (Abbildung 3) (6).
- Schrittweise Einführung. Nehmen Sie die Transportbox auseinander und beginnen Sie mit dem Training, indem Sie zunächst nur das Bodenteil ohne Dach anbieten. Legen Sie eine vertraute Liegeunterlage in das Bodenteil der Transportbox und verteilen Sie einige Leckerlis darauf. Trainieren Sie dies ein paar Tage lang, bis sich der Katzenwelpe freiwillig in das Bodenteil der Transportbox begibt. Sobald sich die kleine Katze an den Boden der Transportbox gewöhnt hat, kann das Oberteil zunächst ohne Tür aufgesetzt werden.
- Besuch der „Boxen-Fee“, damit die Transportbox zu einem freudvollen und interessanten Ort wird. Legen Sie den ganzen Tag über unbemerkt vom Katzenwelpen sehr schmackhafte Leckerlis oder beliebte Spielzeuge in die Transportbox. Wenn die kleine Katze dann die Transportbox aus freien Stücken betritt, wird sie mit diesen Leckereien oder neuen Spielsachen überrascht.
- Bringen Sie die Tür an, wenn der Katzenwelpe beginnt, mehr Zeit in der Transportbox zu verbringen. Lassen Sie die Tür zunächst offenstehen und wiederholen Sie dann die oben beschriebenen „Boxen-Fee“-Empfehlungen bei angebrachter, aber offener Tür.
- Steigern Sie die Aufenthaltsdauer bei geschlossener Tür, nachdem sich der Katzenwelpe an den Aufenthalt in der Box mit eingehängter, aber noch offenstehender Tür gewöhnt hat. Empfehlen Sie Halter*innen, dem Welpen anfangs alle 3 bis 5 Sekunden ein Leckerli durch die geschlossene Tür der Transportbox zu stecken und die Katze dann allmählich immer weniger häufig zu belohnen. Beispiel: Während der ersten Trainingseinheit zählen Sie fünf Leckerlis ab und geben Sie alle 3-5 Sekunden ein Leckerli durch die Tür. Bei der nächsten Einheit zählen Sie wiederum fünf Leckerlis ab und belohnen die Katze jetzt aber in längeren Abständen von je 10-20 Sekunden. Diese Trainingseinheiten sollten über mehrere Tage hinweg stattfinden. Eine weitere einfache Möglichkeit, die Aufenthaltsdauer in der Box zu verlängern, besteht darin, dem Katzenwelpen ein Futterspielzeug (Futterpuzzle) zu geben, die Tür zu schließen und dann wieder zu öffnen, sobald das Futter aufgebraucht ist.
- Die erste Autofahrt ist entscheidend für den Erfolg des Boxen-Trainings! Unterstützen Sie eine erfolgreiche Fahrt auf verschiedene Weise:
- Spielen Sie beruhigende klassische Musik ab, um Geräusche auszublenden und Stress abzubauen.
- Geben Sie der kleinen Katze einige Spielsachen und Leckerlis, um sie während der Fahrt zu unterhalten.
- Decken Sie die Transportbox mit einer Decke ab, damit sich die Katze wohl fühlt und ruhig bleibt und um visuelle Reize abzuschirmen.
- Besprühen Sie die Decke im Bodenteil der Box mit einem synthetischen Pheromon.
Auf lange Sicht können Situationen wie Untersuchungstermine in der tierärztlichen Praxis, Transporte und Reisen für Katzenwelpen viel einfacher werden, wenn die Transportbox langsam und schonend eingeführt wird. Überzeugen Sie Ihre Kund*innen, dass sich der Aufwand lohnt!

Set-up der Katzentoilette
Das Management und das Set-up der Katzentoilette sind entscheidende Aspekte für eine gute emotionale und körperliche Gesundheit sowie als Vorbeugung künftiger Harnabsatzprobleme. Um individuell maßgeschneiderte Empfehlungen geben zu können, sollten TFAs Informationen sammeln über weitere im Haushalt lebende Tiere (insbesondere Katzen oder Hunde, die Zugang zum Bereich der Katzentoilette haben) und über das derzeitige Set-up der Katzentoiletten.
Katzen bevorzugen im Allgemeinen große Katzentoiletten (7, 8). Eine Katzentoilette sollte so dimensioniert sein, dass ein Katzenwelpe leicht hineingehen, herumlaufen und darin graben kann (Abbildung 4). Bei der Wahl der Katzentoilette kann man durchaus auch über den Tellerrand hinaus schauen und unkonventionelle Lösungen finden, wie zum Beispiel flache Behälter mit niedrigem Rand. Alternativ können Halter*innen aber auch den Rand einer Kiste an einer Seite ausschneiden, um dem Katzenwelpen das Betreten und Verlassen der Toilette zu erleichtern. Zu bevorzugen sind Katzentoiletten ohne Dach, da sie den Katzenwelpen mehrere Ein- und Ausgänge bieten, wodurch sie sich nicht so schnell in die Enge getrieben fühlen. Für das Aufstellen der Katzentoilette(n) wählen Sie am besten einen ruhigen, wenig frequentierten Bereich des Hauses, und es empfiehlt sich, stets mehrere Katzentoiletten auf verschiedenen Ebenen der Wohnung aufzustellen. Als Faustregel für Mehrkatzenhaushalte gilt, dass pro im Haushalt lebender Katze eine Katzentoilette und zusätzlich eine weitere zur Verfügung stehen sollte (d. h., in einem Haushalt mit zwei Katzen sollten drei Katzentoiletten vorhanden sein). Vermeiden Sie automatische, selbstreinigende Katzentoiletten, da diese Katzen erschrecken und zu Unsauberkeitsproblemen beitragen können.
Hygiene und Sauberkeit der Katzentoilette sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Da Untersuchungen zufolge mangelnde Hygiene die Hauptursache für Unsauberkeitsprobleme ist, sollten Sie Halter*innen empfehlen, Katzentoiletten täglich zu reinigen (8). Katzen bevorzugen oft klumpende, sandähnliche Streu (9). Sobald die Katze eine Vorliebe für eine bestimmte Art von Katzenstreu entwickelt hat, sollte diese nicht mehr verändert werden, um die Entwicklung einer Aversion gegen Substrate zu vermeiden. Und schließlich muss mit der zunehmenden Körpergröße des heranwachsenden Katzenwelpen auch die Größe der Katzentoilette angepasst werden. Dieses wichtige Thema sollte nicht nur bei der ersten Untersuchung des Katzenwelpen angesprochen werden, sondern auch bei allen künftigen Terminen mit der heranwachsenden jungen Katze.

Kratzverhalten
Kratzen ist ein normales, instinktives Verhalten von Katzenwelpen und Katzen. Wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Vorbeugung und Behandlung von unerwünschtem Kratzverhalten, das zu Schäden führt, sind die Verfügbarkeit geeigneter, sicherer Kratzbäume, eine Vielzahl verschiedener Oberflächen, häufiges Kürzen der Krallen und ein umfassendes Enrichment, also eine katzengerechte Bereicherung und Verbesserung der Lebensumstände (10). Kratzen hilft Katzenwelpen, ihre Muskeln zu dehnen, ihr Revier zu markieren und die Krallen gesund zu erhalten, indem regelmäßig die außerste Schicht der Kralle entfernt wird, (11). Zu empfehlen sind verschiedene sowohl senkrecht als auch waagerecht orientierte Kratzbäume unterschiedlicher Materialien wie Seile, Teppiche und Wellpappe, die vorzugsweise in Bereichen aufgestellt werden, in denen der Katzenwelpe zum Kratzen neigt (12). Mit Hilfe von Duftstoffen wie Geißblatt und Katzenminze können Katzenwelpen in diese neuen Bereiche gelockt werden und so das Kratzen an dafür vorgesehenen Oberflächen gefördert werden.
Um unerwünschtes Kratzverhalten in den Griff zu bekommen, ist es wichtig, mehrere Kratzmöglichkeiten einzurichten und mit der Methode des Umlenkens von Verhalten zu arbeiten. Beginnt ein Katzenwelpe beispielsweise, an einem Möbelstück zu kratzen, lenken Sie ihn in diesem Moment zu einem bestimmten Kratzbaum um. Loben und belohnen Sie die kleine Katze, wenn sie an geeigneten Stellen kratzt (10).
Positive menschliche Interaktionen
Katzenwelpen erkunden ihre Umgebung in erster Linie mit ihrem Maul und ihren Pfoten. Für eine gesunde soziale Entwicklung ist es wichtig, dass Interaktionen mit dem Menschen nicht zu unerwünschtem Spiel- oder Raubtierverhalten gegenüber Personen führen. Indem wir unsere Kund*innen beraten, wie sie an besten mit ihrer Katze spielen, zum Beispiel Stabspielzeug (Federstab, Katzenangel etc.) und anderen interaktiven Spielzeugen, die zum Jagen, Fangen und Beißen anregen, geben wir den Katzenwelpen nicht nur ein Ventil für diese natürlichen Verhaltensweisen, sondern fördern auch positive Interaktionen mit Menschen. Zudem können wir Halter*innen empfehlen, diese Sitzungen positiv zu beenden, indem sie das Spielzeug gegen ein Leckerli eintauschen.
Umlenken ist eine wichtige Interventionsstrategie, um unerwünschtes Beißverhalten zu verhindern. Geben Sie der kleinen Katze, die ein entsprechendes Fehlverhalten zeigt, etwas, das sie stattdessen jagen darf, und halten Sie Spielzeug- und Leckerli-Stationen in Bereichen bereit, in denen das unerwünschte Verhalten am häufigsten auftritt. Fängt ein Katzenwelpe beispielsweise an, zu jagen und zu kratzen oder in die Füße zu beißen, wenn eine Person den Raum betritt, erweist es sich als gute Strategie, Spielzeug aus einem Korb neben der Tür zu nehmen, um das Verhalten der Katze damit umzulenken. Diese Methode verhindert Frustration bei der Katze, die zu weiterem Beißverhalten führen kann. Im Idealfall können wir das Verhalten eines Katzenwelpen bereits dann umleiten, wenn körpersprachliche Signale auf hohe Erregung hindeuten, z. B. Starren, Schwanzwedeln und Kauern (Abbildung 5).

Enrichment der Umwelt
Zur Befriedigung der emotionalen und physischen Bedürfnisse einer Katze gehört die Schaffung einer katzengerechten Umgebung, in der sie ihre natürlichen und instinktiven Verhaltensweisen wie Jagen, Klettern, Spielen, soziale Interaktionen, Ruhen und Kratzen ausleben kann. In einer nicht ausreichend katzengerechten Umgebung kann es zu erhöhtem Stresslevel und Ängsten kommen, die wiederum zu Verhaltensproblemen und medizinischen Problemen führen können (13).
Eine Möglichkeit zur Bereicherung der Umgebung einer Katze ist die Bereitstellung und Organisation verschiedener Aktivitäten rund um die Futter- und Trinkwasserversorgung, zum Beispiel mit futterspendenden Spielzeugen für Trockenfutter und Leckerlis. Um die Entstehung von Frustration zu vermeiden, empfiehlt es sich, dieses Training mit hochschmackhaften und begehrten Snacks zu beginnen. Einfache Do-it-Yourself-Varianten sind das Verstecken von Futter in zusammengeknüllten Papiertaschentüchern oder in Pappröhren mit Löchern oder das Legen von Futter in einen leeren Eierkarton, um die Aufnahme etwas zu erschweren (Abbildung 6). Für Feuchtfutter eignen sich Puzzle-Feeder wie Muffin-Förmchen oder Eiswürfelbehälter, und das Verstecken kleiner Portionen Feuchtfutter im Haus kann Katzen zur „Jagd“ anregen. Auch Trinkwasser lässt sich als Enrichment-Option einsetzen. So kann ein Wasserbrunnen eine hervorragende Alternative zu einem herkömmlichen Wassernapf sein, insbesondere für Katzen, die gerne fließendes Wasser trinken (14).

Katzen sind von Natur aus neugierig und profitieren von Bewegung und Aktivitäten, die ihre Sinne anregen. Ihr unglaubliches Sehvermögen, ihr hervorragendes Gehör und ihr feiner Geruchssinn machen sie zu ausgezeichneten Jägern. Enrichment-Strategien sollten daher insbesondere auch diese Fähigkeiten berücksichtigen und fördern. So bieten beispielsweise Tunnel aus weichem Stoff oder stabilen Papiertüten Gelegenheiten zum Ausleben des natürlichen Erkundungsverhaltens. Interaktives Spielen mit Stabspielzeug (Federstab, Katzenangel etc.) ahmt das Beutefangverhalten nach und fördert Verhaltensweisen wie Anpirschen und Anspringen. Eine Studie hat gezeigt, dass Katzen vorzugsweise an einem Faden befestigte Haargummis aus Baumwolle oder Gummi jagen, wahrscheinlich weil diese Objekte dem natürlichen Beuteverhalten sehr viel näher kommen als andere Arten von Spielzeugen, die Bewegungen nachahmen (15). Auf Platz zwei der Beliebtheit in der Studie landete mit Futter gefülltes Plastikspielzeug. Für Abwechslung sorgen Spiele wie das „Torwartspiel“, bei denen Katzen Leckerlis fangen oder blockieren, die eine schräge Fläche hinunterrollen. Eine weitere Möglichkeit, die Aufmerksamkeit hochzuhalten, besteht darin, Katzenwelpen dazu anzuregen, allein zu spielen, indem man Spielzeug wie Plüschmäuse, Knisterbälle oder Tischtennisbälle an interessanten Orten zur Verfügung stellt.
Erhöhte Flächen sind ein Muss für eine katzengerechte Umgebung, da sich Katzen an höher gelegenen Orten sicher fühlen und sich gern dorthin zum Ruhen zurückziehen. Beispiele für katzengerechte erhöhte Orte in der Wohnung wären Katzenbäume, Regale oder Laufstege. Unterschiedliche Verstecke wie überdachte Liegeflächen, mit weichen Handtüchern ausgekleidete Boxen oder behelfsmäßige Unterschlupfe bieten Katzen sichere Ruhe- und Rückzugsmöglichkeiten (16).
Eine weitere Möglichkeit für körperliche und geistige Stimulation bietet ein olfaktorisches Enrichment, also die Bereicherung der Umgebung durch spezifische Gerüche, wie dies unter anderem in den „Five Pillars of Healthy Feline Environment“ also den fünf Säulen einer gesunden, katzengerechten Umwelt (Box 1) aufgelistet wird. Um Informationen über ihre Umgebung zu sammeln, verlassen sich Katzen in hohem Maße auf ihren Geruchssinn und auf chemische Signale. Achten Sie also darauf, dass die Katze das Enrichment in diesem Bereich positiv und verlockend wahrnimmt und nicht etwa als bedrohlich (2). Ein gutes Beispiel für ein positives, vorteilhaftes olfaktorisches Enrichment ist es, die Außenwelt nach innen in die Wohnung zu holen, indem man Laub, Gras oder Zweige sammelt, um der Katze auch indoor interessante Erkundungsmöglichkeiten zu bieten. Weitere Möglichkeiten, die für viele Katzen verlockend sein können, sind nach Katzenminze duftende Gegenstände (17), das Aufstellen von Katzengras und das Anlegen von „Partyboxen“ mit Papiertüchern, Luftschlangen und anderen Gegenständen, die nach Katzenminze, Geißblatt oder Lavendel duften (Abbildung 7). Wichtig bei all diesen Aktivitäten ist aber eine Beaufsichtigung der kleinen Katze(n), um zu verhindern, dass nicht zum Verzehr geeignete Gegenstände aufgenommen und abgeschluckt werden.

Zu den visuellen und akustische Enrichment-Möglichkeiten gehört „Katzenfernsehen“ mit Filmen über Vögel, Nagetiere oder Fische. Achten Sie aber darauf, ob dies bei der Katze statt Freude eher Frustration auslöst. Beruhigende Musik oder Pheromonsprays können zusätzlich Entspannung und Erkundungsverhalten fördern. Sichere Außengehege sind eine weitere gute Möglichkeit, um Katzen einen Zugang nach draußen zu ermöglichen und sie dennoch zu schützen. Zudem können Katzen auch von Clickertraining und Agility-Übungen profitieren, da solche Aktivitäten sowohl Spaß machen als auch geistig anregend sind (18). Zu empfehlen sind kurze erfolgreiche Einheiten von 2-3 Minuten Länge zum Trainieren von Tricks oder grundlegenden Verhaltensweisen wie Berührung, Sitz, Geschirrkonditionierung und Rückrufen. Agility-Parcours mit Tunneln, Kissen und Stühlen sorgen für körperliche Herausforderungen, und Geschirrtraining und Freigehege ermöglichen Katzen eine sichere Erkundung der freien Natur und das Training ihrer Sinne in einer kontrollierten Umgebung.
Die Erfüllung dieser grundlegenden Bedürfnisse ist ein Muss für jede Katze, sämtliche Maßnahmen sollten aber stets auf ihr Alter, ihren Gesundheitszustand und ihre Mobilität abgestimmt sein. Die Schaffung einer katzengerechten Umgebung kann das Wohlbefinden eines Katzenwelpen steigern, die Entwicklung unerwünschter Verhaltensweisen verhindern und das Risiko einer Entstehung stressbedingter Probleme verringern. Dies trägt entscheidend dazu bei, ein glückliches, gesundes und artgerechtes Leben zu führen.
Das Management und das Set-up der Katzentoilette sind entscheidende Aspekte für eine gute emotionale und körperliche Gesundheit sowie als Vorbeugung künftiger Harnabsatzprobleme. Um individuell maßgeschneiderte Empfehlungen geben zu können, sollten TFAs Informationen über weitere im Haushalt lebende Tiere und das derzeitige Set-up der Katzentoiletten erheben.
Schlussfolgerung
Bei der Einrichtung einer katzenfreundlichen Umgebung sollten Katzenhalter*innen dazu angehalten werden, „wie eine Katze zu denken“. Zahlreiche erhöhte Flächen, unterschiedliche Verstecke, mehrere Standorte für Futterstellen, Katzentoiletten, Kratzmöglichkeiten und separate Ruhebereiche fördern das emotionale Wohlbefinden. Um eine erfolgreiche sensible Entwicklungsphase und ein gesundes und erfülltes Leben als adulte Katze sicherzustellen, müssen Halter*innen von Katzenwelpen über die wichtige Bedeutung der Vermeidung von Stress aufgeklärt werden. Tierärzt*innen und TFAs sollten sich bemühen, jede Interaktion mit Katzen so stressfrei wie möglich zu gestalten. Ferner müssen wir Halter*innen über die Bedeutung einer sicheren Umwelt, das Spektrum normaler Verhaltensweisen von Katzenwelpen und die Notwendigkeit, einer katzengerechten häuslichen Umgebung aufklären, um das Wohlbefinden der Tiere zu optimieren und Verhaltensprobleme zu vermeiden.
Literatur
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2. Ellis SLH, Rodan I, Carney HC, et al. AAFP and ISFM feline environmental needs guidelines. J. Feline Med. Surg. 2013. https://doi.org/10.1177/1098612X13477537 Accessed 27th March 2025.
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4. Yuschak S. School is in session: Kittens only! Today’s Veterinary Nurse. Winter 2022. https://todaysveterinarynurs e.com/behavior/kitten-socialization-classes/ Accessed 27th March 2025.
5. Pratsch L, Mohr N, Palme R, et al. Carrier training cats reduces stress on transport to a veterinary practice. Appl. Anim. Behav. Sci. 2018;206:64-74. https://doi.org/10.1016/j.applanim.2018.05.025
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7. Carney HC, Sadek TP, Curtis TM, et al. AAFP and ISFM guidelines for diagnosing and solving house-soiling behavior in cats. J. Feline Med. Surg. 2014;16(7):579-598. https://doi.org/10.1177/1098612X14539
8. Neilson JC. Is bigger better? Litterbox size preference test. In: Proceedings of the ACVB/AVSAB Animal Behavior Symposium. New Orleans, LA, USA, 2008;31-34.
9. Neilson JC. Pearl vs. clumping: litter preference in a population of shelter cats [abstract]. In: Proceedings, ACVB/AVSAB Animal Behavior Symposium. Boston, MA, USA; 2001;14.
10. Cisneros A, Litwin D, Niel L, et al. Unwanted scratching behavior in cats: Influence of management strategies and cat and owner characteristics. Animals. 2022;12(19):2551. https://doi.org/10.3390/ani12192551
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12. Wilson C, Bain M, DePorter T, et al. Owner observations regarding cat scratching behavior: An internet-based survey. J. Feline Med. Surg. 2016;18(10):791-797. http://doi:10.1177/1098612X15594414
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14. Dantas LM, Delgado MM, Johnson I, et al. Food puzzles for cats: Feeding for physical and emotional wellbeing. J. Feline Med. Surg. 2016;18(6):451-459. http://doi:10.1177/1098612X16643753
15. Denenberg S. Cat toy play trial: a comparison of different toys. In: Proceedings, Annual Scientific Symposium of Animal Behaviour, American Veterinary Society of Animal Behaviour. Denver, CO, USA; 2003.
16. Kry K, Casey R. The effect of hiding enrichment on stress levels and behaviour of domestic cats (Felis sylvestris catus) in a shelter setting and the implications for adoption potential. Anim. Welf. 2007;16(4):375-383. https://doi.org/10.1017/S0962728600027196
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Jessica L. Benoit
RVT, VTS (Verhalten), CPDT-KA, KPA CTP, Companion Veterinary Clinic, Edmonton, Kanada
Kanada
Jessica Benoit schloss ihre Ausbildung am NAIT Animal Health Technology Program im Jahr 2010 ab. Sie ist Veterinary Technician Specialist (VTS), Certified Professional Dog Trainer - Knowledge Assessed (CPDT-KA), Karen Pryor Academy Certified Training Partner (KPA CTP) und Fear Free Certified Veterinary Professional/Trainer. Derzeit ist sie Mitinhaberin der Companion Veterinary Clinic, einer Fear Free Certified Practice in Edmonton, Kanada. Im Jahr 2013 entwickelte sie ein erstes Trainings- und Verhaltensprogramm in ihrer Klinik und bietet heute Lehrpläne für Hundetrainingskurse, Katzenwelpenkurse, Tricktraining und private Kurse zur Trainings- und Verhaltensmodifikation an. Ihr besonderes Interesse gilt dem Thema Cooperative Care in der Tiermedizin. Sie freut sich, Hunde- und Katzenpatienten dabei zu helfen, sich bei tierärztlichen Untersuchungen und Eingriffen wohler zu fühlen. Zudem hält Jessica Benoit Vorträge, leitet Workshops und veröffentlicht Beiträge in der tierärztlichen Fachliteratur.