Optimales Welpenwachstum für einen gesunden Start ins Hundeleben
Geschrieben von Georgia Woods-Lee
Bei Hundewelpen hängt der bestmögliche Start ins Leben ganz entscheidend von der optimalen Ernährung ab. Wachstumskurven können sehr hilfreich sein und bei richtiger Anwendung dazu beitragen, mögliche Entwicklungsprobleme frühzeitig zu erkennen.
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Einleitung
In der ersten Lebensstunde, sobald ein Hundewelpe atmen und sich frei bewegen kann, ist sein vorherrschender Antrieb die instinktgesteuerte Suche nach Nahrung und Flüssigkeit. Der kleine Welpe muss möglichst schnell seine Mutter lokalisieren, eine Zitze finden und mit dem Saugen der Muttermilch beginnen (Kolostrum in den ersten 24-36 Lebensstunden) (Abbildung 1). Von Geburt an hängen die Überlebenschancen, das optimale Wachstum und der allgemeine Gesundheitszustand eines Welpen in hohem Maße von der verfügbaren Nahrung ab. Eine optimale Ernährung während der gesamten Wachstumsphase ist zudem auch von entscheidender Bedeutung für die langfristige Gesundheit, da ein suboptimales Wachstum lebenslange schädliche Auswirkungen haben kann. Tiermedizinische Fachangestellte spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung eines optimalen Wachstums von Hundewelpen, indem sie die Halter*innen beraten, unterstützen und aufklären und bei Fragen oder Problemen als hervorragende Informationsquelle dienen (Abbildung 2).


Wachstumsphasen
Hundewelpen wachsen sehr schnell, ihr Wachstum verläuft über die gesamte Entwicklungszeit hinweg aber nicht linear. In den ersten Lebensmonaten ist die Wachstumsrate am höchsten, später verlangsamt sich das Wachstum und erreicht seinen Abschluss mit der Skelettreife. Die Dauer des Wachstums wird zum einen durch die Größenkategorie der Rasse bestimmt (Tabelle 1), zum anderen aber auch durch rassespezifische und individuelle Variablen, wie zum Beispiel das Geschlecht des Welpen.
Tabelle 1. Dauer des Wachstums von Hundewelpen in Abhängigkeit von der Größe der Rasse.
Größe der Hunderasse | Alter, in dem die Skelettreife erreicht wird und die Wachstumsphase endet |
---|---|
Kleine Rassen | 8-12 Monate |
Mittelgroße Rassen | 12-18 Monate |
Große Rassen/Riesenrassen | 18-24 Monate |
Neugeborene
Neugeborene Welpen erhalten alle essenziellen Nährstoffe und die notwendige Flüssigkeit ausschließlich über die Muttermilch. Das Kolostrum enthält darüber hinaus Immunglobuline, die für einen Immunschutz des Welpen gegen Krankheitserreger sorgen, gegen die die Mutter eine erworbene Immunität entwickelt hat. Im Gegensatz zu menschlichen Babys, die etwa 80 % ihrer anfänglichen Immunität bereits während der Schwangerschaft über die Plazenta erhalten, werden bei Hunden 80-90 % der mütterlichen Immunität in den ersten 36 Lebensstunden über das Kolostrum auf die Welpen übertragen (1). Für die Gesundheit und das Überleben von Hundewelpen ist die Aufnahme einer ausreichenden Menge an Kolostrum in den ersten Lebensstunden daher von entscheidender Bedeutung. Auch wenn die maternale Immunität bei Hundewelpen bereits ab der 4. Lebenswoche abnimmt, werden die meisten Impfprogramme (wenn nicht alle) erst einige Wochen nach diesem Zeitpunkt eingeleitet, um zu verhindern, dass noch vorhandene maternale Antikörper den wirksamen Aufbau eines Impfschutzes verhindern.
Die ersten 36 Lebensstunden sind für das Überleben entscheidend, da die Sterblichkeitsrate bei Hundewelpen vor der Entwöhnung 12-15 % betragen kann (2). Eine wichtige Rolle bei der Prävention dieser vor der Entwöhnung auftretenden Todesfälle spielen sowohl Umweltfaktoren als auch die Ernährung. Um ein gesundes Wachstum bei Welpen während dieser wichtigen Anfangsphase sicherzustellen, sollten sie täglich gewogen werden, um zu kontrollieren, ob ihr Körpergewicht gemäß ihrem Alter in Wochen zunimmt (Tabelle 2). Züchter*innen sollten in dieser Phase umgehend tierärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, wenn die Gewichtszunahme geringer ausfällt als erwartet, selbst innerhalb einer einzigen 24-Stunden-Periode. In diesen Fällen können ein engmaschigeres Monitoring und eine zusätzliche Fütterung mit Milchersatzprodukten erforderlich sein.
Tabelle 2. Erwartete tägliche Gewichtszunahme von Welpen in Abhängigkeit vom Alter (3).
Alter in Wochen | Durchschnittliche tägliche Gewichtszunahme |
---|---|
1 | 8% |
2 | 6% |
3 | 4% |
4 | 3.5% |
In den ersten Lebenswochen (0-4 Wochen) benötigen Hundewelpen neben essenziellen Nährstoffen wie Kalzium auch große Mengen an Fett und Protein, um die gesunde Entwicklung des Skeletts und anderer Gewebe zu gewährleisten. Die Zusammensetzung der Muttermilch passt sich dem mit zunehmendem Alter veränderten Bedarf des Welpen an und sorgt so für eine perfekt abgestimmte, bedarfsgerechte Ernährung.
Die Entwöhnung
Bis zum Beginn der Entwöhnung im Alter von 3 bis 4 Wochen deckt die Muttermilch den gesamten Bedarf an Nährstoffen und Flüssigkeit. Im Anschluss an die Neugeborenenphase und die frühe Wachstumsphase werden die Welpen allmählich unabhängig von ihrer Mutter und ihre Nahrungsquelle ändert sich (Tabelle 3). In jeder neuen Lebensphase müssen die Auswahl, die Art und die Konsistenz der Nahrung sowie die Häufigkeit der Fütterung und die Höhe der Tagesrationen berücksichtigt werden. Ziel der Entwöhnung ist es, die Welpen an feste Nahrung heranzuführen und ihnen die Techniken der Futteraufnahme beizubringen. Ideal geeignet für die Entwöhnungsphase sind Nahrungen, die speziell für diesen Zweck entwickelt wurden, alle essenziellen Nährstoffe enthalten und mit Flüssigkeit zu einer breiartigen Konsistenz aufgeweicht werden können. Anfangs werden Welpen dieses weiche, breiartige Futter oft aufschlecken, und im Laufe einiger Tage kann der zusätzliche Flüssigkeitsgehalt langsam reduziert werden, da die Welpen allmählich lernen, zunehmend trockenere Nahrung von einem Teller oder aus einem Napf aufzunehmen. Nach der schrittweisen Gewöhnung an trockenere Futterkonsistenzen sollten Hundewelpen schließlich im Alter von 6 Wochen in der Lage sein, Trockennahrung in Form von Kroketten aufzunehmen, die ihrer Körpergröße und der Größe ihrer Maulhöhle angepasst sind. Obwohl die Entwöhnung bei Hundewelpen in der Regel im Alter von etwa 4 Wochen abgeschlossen ist, lassen viele Mutterhündinnen ihre Welpen noch länger saugen, oft bis sie schließlich im Alter von etwa 8 Wochen in ein neues Zuhause abgegeben werden. Dies sollte gefördert werden, da den Welpen durch die Nähe zur Mutter auch weiterhin essenzielle Lebenskompetenzen vermittelt werden. Da auch die Entwicklung des autonomen Verhaltens erst im Alter von etwa 8 Wochen abgeschlossen ist, sollten Welpen nicht zu früh von ihrer Mutter getrennt werden.
Tabelle 3. Nahrungsquelle in Abhängigkeit vom Alter des Welpen.
Alter | Wachstumsphase | Nahrungsquelle |
---|---|---|
0-2 Wochen | Neugeborenenphase | Muttermilch |
2-4 Wochen | Frühes Wachstum | Muttermilch |
4-6 Wochen | Entwöhnung/Absetzen | Muttermilch/Futter vom Züchter |
6 Wochen bis 8 Wochen | Wachstumsphase | Futter vom Züchter |
8 Wochen bis zur Skelettreife | Futter vom Welpenhalter |
Das neue Zuhause
Sobald Hundewelpen bezüglich Ernährung und Verhalten unabhängig von ihrer Mutter sind, können sie in ein neues Zuhause abgegeben werden. Da dies für Welpen eine schwierige Zeit mit emotionalen und körperlichen Belastungen ist, sollte man versuchen, die Entstehung von Verdauungsstörungen zu vermeiden. Unter anderem wird empfohlen, abgegebenen Welpen eine kleine Menge ihres derzeit gewohnten Futters in ihr neues Zuhause mitzugeben. Um die Entstehung von Verdauungsstörungen zu vermeiden, sollten die neuen Halter*innen in den ersten Tagen entweder mit dem bisher gewohnten Futter fortfahren oder die Ernährung über einen Zeitraum von etwa 3-4 Tagen schrittweise von der bisherigen Nahrung auf das neue Welpenfutter umstellen und gleichzeitig nicht zu viele Snacks und Leckerli geben.
In den folgenden Monaten wird der Welpe nun weiter heranwachsen, bis er schließlich die Skelettreife erreicht. Um sicherzustellen, dass sämtliche in dieser Phase erforderlichen Nährstoffe auch weiterhin in der bedarfsgerechten Menge zugeführt werden, sollte der Welpe eine speziell für das Wachstum konzipierte Nahrung erhalten. Da die Wachstumsrate bei Hundewelpen von der Geburt bis zum Erreichen des Erwachsenenalters wie bereits erwähnt nicht linear verläuft, sind häufiges Wiegen zur Überwachung der Entwicklung des Körpergewichts und sorgfältige Anpassungen der Futterrationen erforderlich, um ein optimales Wachstum zu gewährleisten. Dynamische, adaptive Ernährungsempfehlungen sind daher während der gesamten Wachstumsperiode von zentraler Bedeutung für eine optimale Entwicklung und eine gute Gesundheit.
Junge erwachsene Hunde
Mit dem Erreichen der Skelettreife kann die Fütterung des jungen erwachsenen Hundes auf eine Erhaltungsnahrung für adulte Hunde umgestellt werden, deren Ziel die Aufrechterhaltung eines gesunden Körpergewichts ist. Da der während der Wachstumsphase vorhandene höhere Nährstoffbedarf jetzt nicht mehr besteht, kann eine verzögerte oder ausbleibende Umstellung der Ernährung zu einer übermäßigen Energiezufuhr führen, deren Folgen eine Gewichtszunahme und später Übergewicht oder Adipositas sind. Umgekehrt kann eine zu frühzeitige Umstellung auf eine Nahrung für erwachsene Hunde noch vor Erreichen der Skelettreife dazu führen, dass dem heranwachsenden Welpen wichtige Nährstoffe und Energie vorenthalten werden. Daher ist es wichtig, Tierhalter*innen eindringlich über die Bedeutung des richtigen Zeitpunkts für solche Ernährungsumstellungen zu beraten.
Da Nahrungen für erwachsene Hunde aufgrund ihres Nährstoff- und Energiegehaltes für Welpen im Wachstum nicht geeignet sind, kann eine verfrühte Futterumstellung bei Welpen großer Rassen zu einer unausgewogenen Nährstoffaufnahme führen, insbesondere auch zu einer übermäßigen Kalziumaufnahme, die das Risiko orthopädischer Erkrankungen erhöht.
Anpassungen bei großen Rassen
Hunde sind im Tierreich deshalb so einzigartig, weil sie als Spezies eine enorme Größenvariation aufweisen. Große Rassen und Riesenrassen haben im Vergleich zu kleineren Hunderassen eine verlängerte Wachstumsphase. Insbesondere bei diesen großen Hunden sollte die Ernährung daher nicht vorzeitig auf eine Nahrung für erwachsene Hunde umgestellt werden. Vielmehr sollten sie bis zum Erreichen der Skelettreife eine spezifische Nahrung für das Wachstum von Hunden dieser Größenkategorie erhalten. Da Nahrungen für erwachsene Hunde aufgrund ihres Nährstoff- und Energiegehaltes für Welpen im Wachstum nicht geeignet sind, kann eine verfrühte Futterumstellung bei Welpen großer Rassen zu einer unausgewogenen Nährstoffversorgung führen, insbesondere auch zu einer nicht bedarfsgerechten Kalziumaufnahme, die das Risiko orthopädischer Erkrankungen erhöht. Generell sollten Hundewelpen niemals zusätzliches Kalzium in Form von Ergänzungsfuttermitteln erhalten, es sei denn, sie bekommen ein ungeeignetes Futter als Hauptmahlzeit. Gesundheitliche Risiken bestehen zudem, wenn Halter*innen von Welpen einer großen Rasse oder einer Riesenrasse versuchen, ein maximales Wachstum bei ihren Welpen zu fördern, weil sie der Meinung sind, „größer ist besser“. Ein künstlich beschleunigtes Wachstum kann einen Hund aber nicht nur für Adipositas prädisponieren, sondern auch entwicklungsbedingte orthopädische Erkrankungen wie hypertrophe Osteodystrophie, Osteochondrose (OCD) und Hüftdysplasie begünstigen. In Anbetracht der Tatsache, dass 20 % aller orthopädischen Erkrankungen bei erwachsenen Hunden im Zusammenhang mit Ernährungsfaktoren stehen (4), sollten Welpen der großen Rassen und der Riesenrassen ausschließlich Nahrungen erhalten, die speziell für die Wachstumsphase dieser Rassen formuliert sind. Idealerweise sollten diese Nahrungen auch die besonderen Ernährungsbedürfnisse für eine längere Wachstumsdauer berücksichtigen.
Sicherstellen eines optimalen Wachstums
Viele geeignete vollwertige und ausgewogene spezifische Welpennahrungen unterstützen das Wachstum aufgrund ihres im Verhältnis zu ihrem Energiegehalt optimal ausgewogenen Gehalts an Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und Fettsäuren. Laut gesetzlicher Vorschriften muss jede Futtermittelpackung Informationen über die geeigneten Tagesrationen enthalten, die in der Regel in Form tabellarischer Fütterungsempfehlungen angegeben werden. Bei genauerer Betrachtung sind solche Fütterungsempfehlungen jedoch lediglich grobe Richtwerte für die Rationsgrößen. Und so kann es trotz entsprechender Angaben auf den Packungen schwierig sein, die im Einzelfall tatsächlich erforderliche Rationsgröße für einen individuellen Welpen zu bestimmen und zu erkennen, welche Anpassungen im Falle eines nicht optimalen Wachstumsverlaufes vorzunehmen sind. Tiermedizinische Fachangestellte sind bestens in der Lage, Halter*innen von Welpen in diesen Fragen kompetent zu beraten, nicht zuletzt, mit Hilfe von evidenzbasierten Wachstumskurven (Grafik 1). Wachstumskurven sind ein seit kurzem sowohl für Hundewelpen (5) als auch für Katzenwelpen (6) kostenfrei erhältliches wertvolles Hilfsmittel für die effektive Überwachung der Entwicklung von Körpergewicht und Wachstum und die gezielte Einleitung notwendiger Anpassungen.

Von entscheidender Bedeutung bei der Verwendung einer Wachstumskurve ist die Wahl der im Einzelfall geeigneten Kurve. Für Hundewelpen steht eine Reihe verschiedener Wachstumskurven auf der Basis ihres zu erwartenden Endgewichts zur Verfügung (Tabelle 4), die sowohl für Rüden als auch für Hündinnen unterschiedlicher Größenkategorien konzipiert sind. Die verschiedenen Kurven spiegeln die Unterschiede im Wachstum von Welpen in den verschiedenen Größenkategorien sowie geschlechtsspezifische Größenunterschiede wider. Wenn das zu erwartende Endgewicht des erwachsenen Hundes nicht bekannt ist (wie z. B. bei vielen Mischlingshunden), kann in vielen Fällen ein annäherndes Endgewicht geschätzt werden auf der Grundlage der Größe des Elternteils mit dem gleichen Geschlecht wie der Welpe. Damit kann die Wahl der Wachstumskurve oft auf eine von zwei möglichen Varianten eingegrenzt werden. Die anfänglichen Körpergewichte können dann zunächst in beide in Frage kommenden Diagramme eingetragen werden, und im Laufe der Zeit (auch unter Berücksichtigung klinischer Variablen) kristallisiert sich dann in der Regel die für den betreffenden Welpen am besten geeignete Kurve deutlich heraus. Im Zweifelsfall sollte die Kurve gewählt werden, bei der das Wachstum des Welpen einer der mittleren Perzentillinien folgt.
Tabelle 4. Verfügbare Wachstumskurven für Welpen, kategorisiert nach dem erwarteten
Endgewicht und typische Rassen für die die einzelnen Kurven geeignet sind.
Erwartetes Endgewicht | Beispiele für Rassen |
---|---|
unter 6,5 kg | Yorkshire Terrier, Zwergspitz, Zwergpudel |
6.5-9kg | Zwergschnauzer, Shih Tzu, Bichon Frisé |
9-15kg | Mops, Beagle, Boston Terrier |
15-30kg | Boxer, Chow Chow, Englische Bulldogge |
30-40kg | Golden Retriever, Deutscher Schäferhund, Amerikanische Bulldogge |
Um mit der Aufzeichnung einer Wachstumskurve zu beginnen, werden zunächst das Geburtsdatum des Welpen und sein aktuelles Körpergewicht in Kilogramm benötigt. Hierzu wird der Welpe auf einer geeichten Waage ohne Geschirr, Halsband oder Leine gewogen, und anhand des Geburtsdatums wird sein Alter in Wochen berechnet (Abbildung 3). Mit Hilfe spezieller Smartphone-Apps kann diese Berechnung in der Regel sehr schnell und einfach durchgeführt werden.

Sobald das passende Wachstumsmuster für den Welpen ermittelt ist, kann in einem zweiten Schritt anhand mehrerer aufgezeichneter Punkte das passende Perzentil für diesen Welpen bestimmt werden. Die so gewählte Perzentillinie dient dann als Orientierung für die weitere Gewichtsentwicklung des Welpen (bis zu dem Punkt, an dem die Kurve abflacht). Zudem können wir den Halter*innen anhand der gewählten Perzentillinie auch das zu erwartende Endgewicht ihres Hundes bei Erreichen des Erwachsenenalters nennen. Und nicht zuletzt dient der Verlauf der Kurve auch der kontinuierlichen Überprüfung der richtigen Futtermenge.
Da innerhalb einer bestimmten Größenkategorie verschiedene Rassen (und auch Individuen innerhalb von Rassen) unterschiedliche Größen bzw. Endgewichte haben können, gibt es unter Umständen nicht das einzige richtige oder ideale Perzentil für einen bestimmten Welpen. Mit anderen Worten: die richtige Perzentillinie für einen Welpen ist letztlich diejenige, die der Entwicklung dieses Welpen folgt, während er mit gesundem Körpergewicht heranwächst. Jede Perzentillinie zeigt eine anfängliche Periode schnellen Wachstums, das sich im weiteren Verlauf verlangsamt, während sich der Welpe allmählich der Skelettreife nähert. Da Wachstumskurven das optimale Wachstum abbilden, können sie auch zur Feststellung von Abweichungen von diesem „Normalzustand“ eingesetzt werden. Tierärzt*innen oder TFAs können dann gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Ursachen solcher Abweichungen zu beheben. Auf dieser Basis erhalten Halter*innen fundierte Ernährungsempfehlungen, die individuell auf ihren Welpen zugeschnitten sind und ihnen die Gewissheit geben, dass ihr Tier richtig wächst. Um den Vorlieben sämtlicher Halter*innen gerecht zu werden, sind Wachstumskurven zum Ausdrucken und als Online-Version erhältlich. Auch wenn das Online-Tool bei möglichen Abweichungen vom erwarteten Wachstumsverlauf automatische Warnhinweise gibt, sollten Halter*innen stets ermutigt werden, ihre tierärztliche Praxis zu kontaktieren, um solche potenziellen Abweichungen verifizieren zu lassen und spezifische Ratschläge zu erhalten. TFAs sind in besonderem Maße geeignet, die entsprechenden Beratungen durchzuführen.
Damit Wachstumskurven ein wirksames und aussagekräftiges Instrument sein können, müssen zahlreiche Gewichtspunkte eingetragen werden, um bestimmte Wachstumsmuster zu erkennen. Bis zum sechsten Lebensmonat sollte ein Welpe mindestens einmal im Monat gewogen werden, danach alle drei Monate. Häufigeres Wiegen, zum Beispiel einmal pro Woche, kann in vielen Fällen eine noch feinere Abstimmung in Richtung des optimalen individuellen Wachstumsmusters ermöglichen.
Bedenkliche Wachstumsmuster
Neben der Unterstützung der Gewichtskontrolle und der Darstellung des idealen Wachstumsverlaufes auf der Grundlage der aufgezeichneten Gewichtspunkte ermöglichen Wachstumskurven auch das Erkennen von besorgniserregenden Wachstumsmustern. Diese Informationen erleichtern die Überprüfung der Ernährung und gelegentlich sogar diagnostische Untersuchungen zur Ermittlung der Ursache.
Adipositasrisiko im erwachsenen Alter
Ein nach oben abweichendes Wachstumsmuster, bei dem die Gewichtskurve des Welpen Perzentillinien kreuzt (insbesondere zwei oder mehrere), kann ein Prädiktor für ein erhöhtes Adipositasrisiko im Erwachsenenalter sein (5) (Grafik 2). Durch frühzeitiges Erkennen solcher Risiken mittels einfacher Überwachung der Wachstumsmuster können sehr schnell entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden, in der Hoffnung, dadurch Adipositas und ihre klinischen Folgen verhindern zu können. Adipositas ist eine bei Hunden weit verbreitete und weiter zunehmende Erkrankung: 65 % der Hunde im Vereinigten Königreich (7) und bis zu 63 % in den USA (8) weisen einen erhöhten Body Condition Score auf, der auf Übergewicht oder Adipositas hinweist. Angesichts der klinischen Folgen von Adipositas, einschließlich ihrer direkten Auswirkungen (9), des erhöhten Risikos für Adipositas-assoziierte Erkrankungen (9), der kürzeren Lebenserwartung (10) und der schlechteren Lebensqualität (11) ist eine solche Wachstumsüberwachung bei Hundewelpen unerlässlich.

Wachstumsverzögerung
Wenn ein Hundewelpe offenbar nicht mehr wächst oder sich seine Gewichtszunahme deutlich verlangsamt, muss eingeschritten werden. Im Wachstumsdiagramm ist dies anhand einer sich abflachenden Kurve zu erkennen, wobei die Gewichtskurve des Welpen eine oder mehrere Perzentillinien nach unten kreuzt (Grafik 3). In diesem Fall sollte eine klinische Untersuchung durchgeführt werden, um mögliche Erkrankungen und eventuelle Veränderungen der Ernährung oder des Aktivitätsniveaus abzuklären. Anschließend können gezielte Korrekturmaßnahmen und eine engmaschigere Überwachung eingeleitet werden, damit der Welpe sein normales Wachstumsmuster wiedererlangen kann.

Schnelles Aufholwachstum
Alle Halter*innen von Hundewelpen wünschen sich, dass ihr Tier wächst und gedeiht, und nicht selten vergleichen sie ihren Welpen mit anderen Welpen, gelegentlich auch mit Wurfgeschwistern (Abbildung 4). Wenn ein Welpe eine kleinere Statur hat und sein Wachstum entlang einer der unteren Perzentilen verläuft, könnten Halter*innen versucht sein, die Gewichtszunahme zu beschleunigen, damit ihr Welpe zu den anderen Perzentilen aufschließt (Grafik 4). Von dieser Praxis ist jedoch abzuraten, da ein unangemessen schnelles Wachstum negative gesundheitliche Folgen haben kann (siehe oben). Halter*innen sollten in diesen Fällen vielmehr darin bestärkt werden, dass die Perzentillinie, der ihr Welpe folgt, genau die richtige für ihn ist, sofern er insgesamt gesund ist.


Groß für das Alter
Eine Wachstumskurve besteht aus zahlreichen Perzentillinien mit numerischer Bezeichnung. Diese Zahlen repräsentieren den Anteil der Population in dieser Kategorie, der in einem bestimmten Alter leichter ist als das jeweils angegebene Gewicht. So ist beispielsweise ein entlang des 99,6..Perzentils wachsender Welpe eher ungewöhnlich, da diese Kurve lediglich 0,4 % der entsprechenden Population repräsentiert (Grafik 5). Für den betreffenden Welpen kann es sich dabei aber durchaus um ein normales Wachstumsmuster handeln. Allerdings ist ein für das Alter sehr hohes Körpergewicht auch mit einem höheren Adipositasrisiko im Erwachsenenalter verbunden, selbst wenn die Perzentillinien nicht überschritten werden (obwohl dies nicht selten der Fall ist). Halter*innen größerer Welpen sollten daher dazu angehalten werden, diese häufiger zu wiegen und die Fütterung entsprechend anzupassen.

Dynamische Ernährungsempfehlungen
Mit Hilfe einer Wachstumskurve kann das Wachstum eines Welpen sehr präzise verfolgt werden, so dass die Tagesrationen je nach Bedarf sehr feinjustiert angepasst werden können. Damit haben Halter*innen die Gewissheit, dass die zum entsprechenden Zeitpunkt verabreichte Tagesration angemessen ist, sofern das Wachstum ihres Welpen dem idealen Gewichtsverlauf entspricht. Während der Welpe weiter wächst, können kleine Anpassungen der Tagesrationen vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass die Gewichtsentwicklung des Welpen auch weiterhin seiner idealen Perzentillinie folgt. Auch wenn Wachstumskurven in erster Linie zu Hause von den Halter*innen geführt werden, sind häufige Besuche in der tierärztlichen Praxis anzuraten, um eine professionelle Überwachung der Entwicklung zu gewährleisten. Werden Abweichungen festgestellt, können spezifische Empfehlungen ausgesprochen werden, um das Wachstum des Welpen wieder in die richtigen Bahnen zu lenken, entweder durch Erhöhung oder Verringerung der täglichen Futteraufnahme. Die Gabe von Snacks und Leckerlis sollte generell begrenzt werden (idealerweise auf weniger als 5 % der täglichen Kalorienzufuhr), um eine insgesamt ausgewogene Ernährung sicherzustellen. Wachstumskurven geben schließlich auch annähernd den Zeitpunkt des Erreichens der Skelettreife an und erleichtern damit die Umstellung der Fütterung von der Welpennahrung auf eine Erhaltungsnahrung für adulte Hunde.
Schlussfolgerung
Ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt hängt die Gesundheit von Hundewelpen in hohem Maße von ihrer Ernährung ab. Da die Wachstumsphase eine Zeit der Veränderung ist, müssen Ernährungsempfehlungen stets die aktuellen Bedürfnisse der wachsenden Welpen widerspiegeln. Evidenzbasierte Wachstumskurven für Welpen sind heute ein wichtiges Hilfsmittel für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Ernährung und einer gesunden Entwicklung. Durch die graphische Darstellung des Wachstums eines Welpen in einer Wachstumskurve kann das Risiko der Entwicklung von Erkrankungen während der Wachstumsphase oder im späteren Leben verringert werden.
Literatur
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- German AJ, Woods G, Ward E, et al. “We should adopt new definitions for clinical obesity in companion animals”. Vet. Rec. 2025;196:197-198.
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Georgia Woods-Lee
BSc (Hons) RVN CertCFVHNut VTS (Nutrition)
Vereinigtes Königreich von Großbritannien Georgia Woods-Lee qualified as a Registered Veterinary Nurse (RVN) in 2004 from Myerscough College, Preston, UK. After working in a mixed practice, a multidisciplinary referral center and a ECC hospital, Georgia was appointed as Head Nurse and clinical coach of a small animal practice in 2010. Since June 2015, Georgia has been the Royal Canin® Weight Management Clinic Nurse at the University of Liverpool, Small Animal Teaching Hospital, UK, where she focuses exclusively on pet obesity care and nutrition. Georgia is involved in research and provides nutrition training for vets, nurses and technicians from all over the world. She gained her Certificate in Canine and Feline Veterinary Health Nutrition in 2017, the American Veterinary Technician Specialist (VTS) Certificate in Nutrition in 2019, and her BSc (Hons) Veterinary Nursing (Top up) degree in 2022.