Persönliche Empfehlungen… Der Patient mit Bluthochdruck

Geschrieben von Doroteia Bota

Die regelmäßige Blutdruckmessung bei Hunden und Katzen gilt heute nicht mehr nur als optionales Extra, sondern als ein wesentliches diagnostisches Werkzeug in der Kleintierpraxis.

Article

5 - 15 min
Katze, die auf einem Tisch liegt, während ihr Blutdruck gemessen wird.

Kernaussagen

Group 15 1

Arterielle Hypertonie kann die Lebensqualität eines Tieres erheblich beeinträchtigen.

Group 15 2

Hypertensive Tiere zeigen möglicherweise keine klinischen Symptome, eine chronische Hypertonie kann aber zu Schäden an Nieren, Gehirn, Augen oder kardiovaskulärem System („Zielorgane“) führen. 

Group 15 3

Ziel der Behandlung von Bluthochdruck ist die Verringerung des Risikos einer Schädigung von Zielorganen.

Group 15 4

Die Wahl der medikamentösen Behandlung von Hypertonie kann je nach Spezies und zugrundeliegender Erkrankungen variieren.


Einleitung

Arterielle Hypertonie (AH) wird definiert als eine persistierende Erhöhung des systolischen Blutdrucks. Die Normalwerte für Hunde und Katzen variieren zwischen veröffentlichten Studien, und verschiedene Faktoren wie Alter, Rasse, Temperament oder die verwendete Messtechnik können die Ergebnisse beeinflussen. Aus diesen Gründen ist die tatsächliche Prävalenz der AH bei Hunden und Katzen unbekannt. Eine jüngste Studie weist jedoch darauf hin, dass Katzen über neun Jahre mit höherer Wahrscheinlichkeit eine AH entwickeln (1), insbesondere wenn begleitend eine Chronische Nierenerkrankung (CNE) vorliegt. Die Blutdruckmessung sollte daher ein integraler Bestandteil jedes geriatrischen Check-ups bei Katzen sein. Bei Hunden ist der Einfluss des Alters auf den Blutdruck derzeit weniger evident, und während es bei Katzen keinen bekannten Zusammenhang zwischen Blutdruck und Rasse gibt, stellt man bei Hunden eine gewisse rassespezifische Variabilität fest: Greyhounds können beispielsweise einen um 10–20 mmHg höheren Blutdruck haben als andere Rassen (2). Es ist schwer zu sagen, ob das Geschlecht einen Einfluss auf den Blutdruck hat, da einige Studien keinen Zusammenhang zeigen, während andere Untersuchungen einen Unterschied von weniger als 10 mmHg zwischen kastrierten und nicht kastrierten Rüden und Hündinnen feststellen (2). Bei Katzen, die in der Regel kastriert sind, sind diese Unterschiede nicht eindeutig, und wenn sie auftreten, sind sie eher gering (2). Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick über die arterielle Hypertonie bei Hunden und Katzen mit Fokus auf die Diagnose und der Behandlung. Zu beachten ist, dass sich sämtliche in diesem Artikel angegebenen Werte auf den systemischen arteriellen Blutdruck (SAP) beziehen.

Typen von Bluthochdruck

Man unterscheidet drei Kategorien von arterieller Hypertonie: 

1. Situative Hypertonie („Weißkittel-Effekt“) ist das Ergebnis von Erregung und Nervosität im Zusammenhang mit dem Besuch in der tierärztlichen Praxis. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, können bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, z. B. die Messung des Blutdrucks außerhalb der Praxisumgebung. Es ist wichtig, eine situative AH auszuschließen, um eine unnötige Behandlung zu vermeiden.

2. Sekundäre Hypertonie ist die häufigste Form des Bluthochdrucks und tritt, wie der Name schon sagt, als Folge einer primären Erkrankung oder einer Medikation auf. Da die Hypertonie in einigen Fällen trotz Behandlung der primären Erkrankung persistieren kann, ist bei diesen Patienten immer eine kontinuierliche Blutdrucküberwachung zu empfehlen. Einige häufigere Ursachen für sekundäre Hypertonie:

a) Nierenerkrankungen sind die häufigste Ursache von AH, sowohl bei Hunden als auch bei Katzen. 20–65 % der Katzen mit CNE weisen eine AH auf, wobei das IRIS-Stadium nicht mit den Grad oder der Prävalenz der Hypertonie zusammenhängt (3). Ein Faktor, der sowohl das CNE-Stadium als auch den Blutdruck beeinflusst, ist Proteinurie; Hunde mit glomerulären Erkrankungen oder Leishmaniose weisen häufig eine AH auf (3), und bei Hunden kann eine AH auch zur Entstehung von Proteinurie beitragen.

b) Hyperthyreose. Die Prävalenz von AH bei Katzen mit Hyperthyreose ist variabel und betrifft möglicherweise 25 % der Fälle, wobei eine hochgradige Hypertonie nur selten auftritt (4). Da aber etwa 20 % der betroffenen Katzen trotz Behandlung eine AH entwickeln, wird eine routinemäßige Überwachung des Blutdrucks bei Kontrolluntersuchungen empfohlen (5).

c) Cushing-Syndrom (hypophysärer oder adrenaler Ursprung). 59–86 % der Hunde mit Cushing-Syndrom sind hypertensiv, wobei Tiere mit einseitigem Nebennierentumor eine höhere AH-Prävalenz aufweisen (6). Da die Blutdruckerhöhung bei diesen Tieren oft relativ signifikant ist, sollte der Blutdruck bei allen Tieren mit Thrombozytose, Proteinurie oder Hypokaliämie gemessen werden. Hunde mit Thrombozytose haben eine Sensitivität von 61 % und eine Spezifität von 100 % für AH (7); sowohl bei Katzen als auch bei Hunden kann sich Bluthochdruck trotz Behandlung der Grunderkrankung entwickeln oder persistieren  (6,7).

d) Primärer Hyperaldosteronismus. Mehr als 90 % der Katzen mit primärem Hyperaldosteronismus weisen eine AH auf, die sich nach Entfernung des Tumors zurückbildet (3, 6). Bei Hunden kommt diese Tumorart selten vor.

e) Phäochromozytom. Etwa 50 % der Patienten mit diesem bei Hunden ungewöhnlichen und bei Katzen seltenen Tumor entwickeln eine AH, die persistierend sein kann oder episodisch auftritt (6).

f) Diabetes mellitus. Etwa 35–46 % der diabetischen Hunde weisen eine Hypertonie auf, meist jedoch in relativ geringgradiger Ausprägung mit Werten < 160 mmHg (3). Bei diabetischen Katzen ist die AH-Prävalenz geringer.

g) Adipositas. Während Adipositas beim Menschen eine bekannte Ursache für Bluthochdruck ist, hängt das Auftreten von AH bei adipösen Hunden meist mit einer Begleiterkrankung zusammen. Bei Katzen wird kein Zusammenhang zwischen Adipositas und der Prävalenz von AH festgestellt (2). 

Im Unterschied zum Menschen führen Herzerkrankungen bei Hunden und Katzen per se nicht zu AH, hypertensive Tiere können aber aufgrund von Erkrankungen wie linksventrikulärer Hypertrophie, Aortendilatation oder diastolischer Dysfunktion klinische Symptome einer kardiovaskulären Erkrankung entwickeln; bei Katzen können zudem auch eine linksatriale Dilatation und eine kongestive Herzinsuffizienz auftreten (3). Zu beachten ist, dass AH auch als Nebenwirkung einiger Medikationen auftreten kann (Tabelle 1) (2). 

 

Tabelle 1. Mit sekundärer Hypertonie bei Hunden und Katzen assoziierte Arzneimittel (2).

Medikation Spezies
Glukokortikoid Hund
Mineralokortikoid Hund
Erythropoetin/Darbepoetin   Hund, Katze
Phenylpropanolamin Hund
Toceranibphosphat Hund
Toceranibphosphat Hund

 

3. Idiopathische Hypertonie liegt vor, wenn eine persistierende Erhöhung des Blutdrucks bei physiologischen Blut- und Harnwerten zu beobachten ist. Bis zu 20 % der hypertensiven Katzen können in diese Kategorie fallen (3). Zu beachten ist, dass eine AH zu Polyurie („Druckdiurese“) führen kann, und damit die Gefahr der Fehldiagnose einer Nierenerkrankung mit sich bringt. Wenn z. B. das spezifische Harngewicht < 1.030 liegt, kann eine Nierenerkrankung als Ursache für AH vermutet werden, während ein normales spezifisches Harngewicht (> 1.030) die Diagnose Nierenerkrankung unwahrscheinlich machen würde. In diesen Situationen werden bei entsprechender klinischer Indikation weiterführende Untersuchungen empfohlen. um andere potenzielle Ursachen einer AH auszuschließen: Messung des SDMA und des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn, Sonographie der Nieren und Bestimmung des Gesamt-T4 (bei Katzen) und des basalen Cortisols (bei Hunden), (2).

Die Messung des Blutdrucks

Um Fehler zu vermeiden, muss die Blutdruckmessung von einer erfahrenen Person durchgeführt werden. Zwei Punkte sind dabei äußerst wichtig: Man muss wissen, wie man dafür sorgt, dass sich der Patient in der Umgebung entspannt und ruhig fühlt, und man muss mit dem bevorzugten Messgerät und der Messtechnik gut vertraut sein. Die meisten tierärztlichen Praxen führen eine indirekte Blutdruckmessung durch, entweder mittels Doppler-Sonographie oder mit Hilfe einer oszillometrischen Messung. Die Doppler-Methode ist relativ einfach anzuwenden, erfordert keine allzu große Expertise und ist sowohl kostengünstig als auch in den meisten klinischen Settings leicht verfügbar. Bei den gemessenen Werten handelt es sich im Allgemeinen um den systolischen arteriellen Druck. Oszillometrische Methoden liefern mehr Informationen (systolische, diastolische und mittlere Blutdruckwerte), können aber bei sehr kleinen Patienten oder bei Tieren mit kardialer Arrhythmie, signifikanter Tachykardie oder Bradykardie, Vasokonstriktion oder Hypothermie weniger genau sein. 

Bei beiden Methoden wird eine Manschette an einer Gliedmaße oder am Schwanz angelegt. Die Breite der Manschette sollte 30–40 % des Umfangs der Gliedmaße oder des Schwanzes entsprechen an der bzw. an dem die Manschette angelegt wird. Dieser Umfang kann mit einem Maßband (Abbildung 1) gemessen oder anhand der Manschette selbst geschätzt werden (Abbildung 2). Bei Anwendung der Doppler-Methode wird die Sonde distal der Manschette an der kaudalen Seite der Schultergliedmaße angelegt, idealerweise, nachdem einige Haare entfernt und Gel auf die Messstelle aufgetragen wurde. Die Verwendung eines Stethoskops erleichtert die Messung.

Bild, das die Messung des Umfangs der Gliedmaße eines Hundes zeigt.
Abbildung 1. Messung des Umfangs der Gliedmaße, an der Stelle, an der Blutdruck gemessen werden soll. © Doroteia Bota
Manschette, die am Vorderbein eines Hundes angebracht ist, um die richtige Größe zu überprüfen.
Abbildung 2. Die Breite der Manschette muss 30–40 % des Umfangs der zur Blutdruckmessung ausgewählten Extremität betragen. © Doroteia Bota

Um die Blutdruckmessung zu standardisieren, sind folgende Punkte zu beachten (2): 

  • Kalibrieren Sie das Gerät zweimal jährlich gemäß den Anweisungen des Herstellers.
  • Wählen Sie eine ruhige, abgeschiedene Umgebung ohne andere Tiere, vorzugsweise in Anwesenheit des Tierhalters oder der Tierhalterin. Der Patient darf nicht sediert sein und sollte 5–10 Minuten Zeit bekommen, um sich zu akklimatisieren.
  • Der Patient muss in Seiten- oder Sternallage (Abbildung 3) liegen, und die Manschette wird an einer Gliedmaße oder am Schwanz angelegt.
  • Die Breite der Manschette muss sorgfältig ausgewählt werden. Eine zu kleine Manschette führt zu falsch hohen Werten, während eine zu große Manschette falsch niedrige Ergebnisse zur Folge hat. In der Regel befindet sich auf der Manschette neben dem Wort „Arterie” ein Pfeil, der auf das Gefäß zeigen muss, an dem der Blutdruck gemessen wird.
  • Die Blutdruckmessungen sollten immer von derselben Person durchgeführt werden, um ein standardisiertes Verfahren zu gewährleisten.
  • Die Messungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn das Tier ruhig und entspannt ist und stillhält, wobei der erste Messwert immer verworfen wird. Um ein aussagekräftiges Endergebnis zu erhalten, müssen fünf bis sieben aufeinanderfolgende Messungen mit relativ konstanten Werten durchgeführt und ein Durchschnittswert ermittelt werden. Wenn der Blutdruckwert bei jeder Messung sinkt, müssen die Messungen so lange fortgesetzt werden, bis die Werte relativ konstant sind.
  • Es muss protokolliert werden, wo der Blutdruck gemessen wurde (welche Gliedmaße oder Schwanz), welche Manschettengröße verwendet wurde und welcher Blutdruckwert ermittelt wurde.
Katze, die auf einem Tisch liegt, während ihr Blutdruck gemessen wird.
Abbildung 3. Für die Blutdruckmessung liegt eine Katze ruhig in Sternallage. © Shutterstock

Klinische Manifestationen der arteriellen Hypertonie

Ein Tier mit AH kann gesund erscheinen oder klinische Symptome einer zugrundeliegenden Erkrankung zeigen. Darüber hinaus kann eine chronische AH zu Veränderungen in bestimmten Zielorganen (z. B. Augen, Gehirn, Nieren und Herz) führen, die als „Zielorganschäden“ bezeichnet werden (Abbildung 4). Tiere mit einem Blutdruck > 160 mmHg haben ein moderates Risiko, Zielorganschäden zu entwickeln, während bei Tieren mit Werten > 180 mmHg ein hohes Risiko für Zielorganschäden besteht. Das Ziel der Behandlung einer AH ist in erster Linie eine Minimierung des Risikos oder die Verhinderung der Entstehung von Zielorganschäden (Tabelle 2).

 

Tabelle 2. Zielorgane und wichtigste klinische Befunde bei Tieren mit Hypertonie (2).

Zielorgane Klinische Befunde Ergänzende diagnostische Tests
Nieren Azotämie, Proteinurie U/C/P, SDMA, UPC
Augen Netzhautablösung
Intraokuläre Blutung
Tortuosität der Netzhautgefäße
Ophthalmologische Untersuchung
Herz und Blutgefäße LV-Hypertrophie
Kongestive Herzinsuffizienz; Herzgeräusche oder Galopprhythmus
Herzauskultation, EKG, Echokardiographie
Gehirn Anfälle, Depression Neurologische Untersuchung, MRT
U: Harnstoff; C: Kreatinin; P: Phosphor; SDMA: symmetrisches Dimethylarginin; UPC: Protein/Kreatinin-Verhältnis im Harn; LV: linke Herzkammer; EKG: Elektrokardiogramm; MRT: Magnetresonanztomographie.

 

Die ISFM empfiehlt, bei jungen adulten Katzen zwischen drei bis sechs Jahren einmal jährlich eine Blutdruckmessung in Betracht zu ziehen, da AH in dieser Altersgruppe selten auftritt (8). Bei gesunden älteren Katzen (7–10 Jahre) muss der Blutdruck dagegen mindestens einmal jährlich gemessen werden, und bei geriatrischen Katzen (> 11 Jahre) alle sechs Monate. Bei Katzen mit bekannten Risikofaktoren (z. B. CNE) sollte der Blutdruck routinemäßig alle 3–6 Monate gemessen werden. Leitlinien für Hunde empfehlen, den Blutdruck bei allen Tieren ab einem Alter von neun Jahren zu messen (2). 

Bild einer Netzhautablösung bei einer Katze.
Abbildung 4. Zielorganschaden: Netzhautablösung bei einer Katze mit arterieller Hypertonie. © Dr. Diogo Magno, AniCura Restelo

Diagnose der arteriellen Hypertonie 

Wenn nach Einhaltung der oben aufgeführten Schritte ein aussagekräftiger, endgültiger Blutdruckwert ermittelt werden konnte, kann das Risiko einer Zielorganschädigung bestimmt werden, um zu entscheiden, ob eine Intervention erforderlich ist und wie dringend eine Behandlung erfolgen muss. Die Patienten können dabei wie folgt klassifiziert werden:

  • Blutdruck < 140 mmHg; normotensiv (minimales Risiko für Zielorganschäden) 
  • Blutdruck = 140–159 mmHg; prähypertensiv (geringes Risiko für Zielorganschäden) 
  • Blutdruck = 160–179 mmHg; hypertensiv (moderates Risiko für Zielorganschäden) 
  • Blutdruck ≥ 180 mmHg; hochgradige Hypertonie (hohes Risiko für Zielorganschäden) 

Wenn der Blutdruck eines Patienten über 160 mmHg liegt, muss unverzüglich untersucht werden, ob bereits Anzeichen für Zielorganschäden vorliegen. Ist dies der Fall, wird empfohlen, eine Behandlung einzuleiten und den Blutdruck nach 7–10 Tagen erneut zu beurteilen. Wenn der Blutdruck dann weiterhin über 160 mmHg liegt und/oder Zielorganschäden vorliegen, muss der Patient weiter behandelt werden. Ergibt die erneute Beurteilung nach 7–10 Tagen dagegen einen Blutdruck unter 160 mmHg und keine Hinweise auf Zielorganschäden, reicht es aus, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren (z. B. zunächst monatlich und dann alle drei Monate, wenn der Blutdruck im Normalbereich bleibt). Wenn der Wert unter 160 mmHg liegt, muss eine Kontrolle nur alle 6–12 Monate erfolgen, es sei denn, es liegen klinisch Gründe für eine frühere Kontrolle vor.

Behandlung der arteriellen Hypertonie

Wie bereits erwähnt, liegt bei den meisten Tieren mit AH eine primäre Ursache zugrunde, die parallel zur gewählten blutdrucksenkenden Therapie behandelt werden muss. In einigen Fällen kann bereits die Behandlung der primären Erkrankung zu einer zumindest teilweisen Besserung der AH führen. Eine progressive und graduelle Senkung des Blutdrucks ist vorzuziehen. Insbesondere bei Hunden kann jedoch mehr als ein blutdrucksenkendes Arzneimittel erforderlich sein, um eine adäquate Senkung des Blutdrucks zu erreichen. Ziel der antihypertensiven Therapie ist es, den Blutdruck des Patienten unter 160 mmHg zu halten, wobei Werte < 140 mmHg ideal sind, um das Risiko von Zielorganschäden zu minimieren. Wenn der Blutdruck auf < 120 mmHg fällt, muss die Medikation entsprechend angepasst werden, um das mit einer Hypotonie einhergehende Risiko von Schwäche oder Synkopen zu vermeiden. Anzumerken ist, dass die Einschränkung der diätetischen Natriumzufuhr bei hypertensiven Patienten umstritten ist, da es nur wenige Evidenzen dafür gibt, dass eine Natriumrestriktion allein zu einer wirksamen Senkung des Blutdrucks führt (2).

Behandlung der Hypertonie bei Hunden

Antihypertensiva müssen entsprechend der klinischen Situation des Patienten ausgewählt werden – beispielsweise sollten Tiere mit Phäochromozytom vorzugsweise mit Alpha- und Beta-adrenergen Rezeptorblockern behandelt werden (2). Die am häufigsten angewendeten Antihypertensiva sind jedoch Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS)-Hemmer und Kalziumkanalblocker (2). Bei hypertensiven Hunden werden an erster Stelle RAAS-Hemmer eingesetzt (aufgrund ihrer antiproteinurischen Wirkung), wobei Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker und Aldosteronantagonisten die relevantesten Vertreter sind. ACE-Hemmer sind in der Regel die erste Wahl, obwohl der Angiotensin-II-Rezeptorblocker Telmisartan eine ebenso wirksame Alternative darstellt. Bei sehr hohem Blutdruck > 200 mmHg sollte dem RAAS-Hemmer ein Kalziumkanalblocker (z. B. Amlodipin) hinzugefügt werden. Wenn die AH persistiert und der Hund bereits hohe Dosen von RAAS-Hemmern und Kalziumkanalblockern erhält, kann zusätzlich auch ein weiteres Antihypertensivum eingesetzt werden (Tabelle 3). 

 

Tabelle 3. Antihypertensive Medikation bei Hunden (H) und Katzen (K) (aus 2).

Art des Antihypertensivums Dosierung
Alpha-adrenerge Rezeptorblocker
Prazosin (PO) H: 0,5–2 mg/kg alle 8–12 Stunden 
K: 0,25–0,5 mg/Katze alle 24 Stunden
Phenoxybenzamin (PO) H: 0,25 mg/kg alle 8–12 Stunden oder 0,5 mg/kg alle 24 Stunden
K: 2,5 mg/Katze alle 8–12 Stunden oder 0,5 mg/Katze alle 24 Stunden
Acepromazin (PO) H/K: 0,5–2 mg/kg alle 8 Stunden
Vasodilatator
Hydralazin (PO) H: 0,5–2 mg/kg alle 12 Stunden
K: 2,5 mg/Katze alle 12–24 Stunden
Aldosteronantagonist (AA)
Spironolacton (PO) H/K: 1–2 mg/kg alle 12 Stunden
Beta-adrenerge Rezeptorblocker
Propranolol (PO) H: 0,2–1 mg/kg alle 8 Stunden 
K: 2,5–5 mg/Katze alle 8 Stunden
Atenolol (PO) H: 0,25–1 mg/kg alle 12 Stunden 
K: 6,25–12,5 mg/Katze alle 12 Stunden
Diuretika
Hydrochlorothiazid (PO) H/K: 2–4 mg/kg alle 12–24 Stunden
Furosemid (PO) H/K: 1–4 mg/kg alle 8–24 Stunden
Kalziumkanalblocker
Amlodipin (PO) H: 0,1–0,25 mg/kg alle 24 Stunden
K: 0,625–1,25 mg/Katze alle 24 Stunden
Angiotensin-Rezeptorblocker 
Telmisartan (PO) H/K: 1 mg/kg alle 24 Stunden
Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer
Benazepril (PO) H: 0,5 mg/kg alle 12–24 Stunden
K: 0,5 mg/kg alle 12 Stunden
Enalapril (PO) H: 0,5 mg/kg alle 12–24 Stunden
K: 0,5 mg/kg alle 24 Stunden
Dopamin-1-Rezeptoragonist
Fenoldopam (DTI)* H: 0,8 μg/kg/Min 
K: 0,5 μg/kg/Min 
*Dauertropfinfusion 

 

Behandlung der Hypertonie bei Katzen

Unter den Antihypertensiva für Katzen sind Kalziumkanalblocker die erste Wahl und können bei hypertensiven Patienten eine Blutdrucksenkung von 28–55 mmHg bewirken (2). Die Anfangsdosis von Amlodipin beträgt 0,625 mg/Katze/Tag bei einem Blutdruck < 200 mmHg und 1,25 mg/Katze/Tag bei Blutdruckwerten über 200 mmHg (2). Eine Dosiserhöhung ist nur selten erforderlich, und vor einer Erhöhung sollte zunächst bestätigt werden, dass diese Behandlung auch tatsächlich wirksam ist.

Telmisartan kann bei Katzen mit CNE zur Kontrolle der Proteinurie eingesetzt werden (9) und hat sich in einer Dosierung von 2 mg/kg/Tag auch bei der Behandlung von AH (bei Blutdruckwerten von 160–200 mmHg) als wirksam erwiesen (10). Die Kombination eines Kalziumkanalblockers mit einem Angiotensin-II-Rezeptorblocker wurde bei einer kleinen Gruppe von Katzen untersucht und als gut verträglich beschrieben (9). Diese Antihypertensiva dürfen jedoch nicht bei dehydrierten Tieren angewendet werden, da deren glomeruläre Filtrationsrate rapide sinken kann. ACE-Hemmer sollten bei Katzen nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt werden, da sie (im Unterschied zu Hunden) im Hinblick auf eine signifikante Senkung des Blutdrucks nur begrenzt wirksam sind. Wenn eine zufriedenstellende Kontrolle der Hypertonie mit Kalziumkanalblockern nicht zu erreichen ist, können ACE-Hemmer jedoch als „Zusatztherapie” eingesetzt werden (Tabelle 3). Bei hypertensiven Katzen mit primärem Hyperaldosteronismus, bei denen eine chirurgische Behandlung keine Option ist, reichen Aldosteronantagonisten möglicherweise nicht aus, um die arterielle Hypertonie in den Griff zu bekommen, so dass Kalziumkanalblocker bei diesen Patienten ebenfalls eine Rolle spielen können. 

Notfallbehandlung

Bei Patienten mit hochgradiger Hypertonie und akuten Zielorganschäden muss eine aggressive Behandlung eingeleitet werden, die auf eine progrediente Senkung des Blutdrucks abzielt. Fenoldopam ist ein humanmedizinisches Antihypertensivum, das offenbar sowohl bei Hunden als auch bei Katzen sicher ist; es handelt sich um einen Dopamin-D1-Rezeptoragonisten, der eine Dilatation der Nierenarterien und eine Natriumausscheidung induziert (2). Weitere parenterale Arzneistoffe sind Labetalol, Hydralazin und Nitroprussid, die jedoch alle keine renale Vasodilatation hervorrufen. Eine orale Behandlung kann bei Patienten mit hochgradiger Hypertonie ohne Zielorganschäden eingeleitet werden, wobei Hydralazin sowohl bei Hunden als auch bei Katzen empfohlen wird (2); Amlodipin kann bei Katzen auch als First-Line-Therapie eingesetzt werden (Tabelle 3). 

Überwachung hypertensiver Tiere

Nach bestätigter Diagnose einer Hypertonie ist eine wiederholte Beurteilung des Patienten essenziell. Je höher der Blutdruck, desto früher sollte eine Nachkontrolle erfolgen, und Tiere mit manifesten Zielorganschäden sollten immer innerhalb von 48 Stunden nach Einleitung der blutdrucksenkenden Behandlung erneut untersucht werden. Zusätzlich zur Blutdruckmessung muss auch die primäre Erkrankung überwacht werden, sofern eine solche diagnostiziert wurde. Dies kann beispielsweise die Bestimmung des Serumkreatinins und des Protein/Kreatinin-Verhältnisses im Harn sowie eine gezielte Untersuchung der Zielorgane umfassen, um festzustellen, ob Schädigungen vorliegen. In den meisten Fällen stellt eine AH keinen medizinischen Notfall dar, und in der Regel kann zunächst über eine gewisse Zeit abgewartet werden, bevor entschieden wird, ob die antihypertensive Therapie geändert werden muss. Bei Tieren mit CNE muss eine entsprechende Neubewertung jedoch 5–10 Tage nach jeder Anpassung der Medikation erfolgen. 

20–65 % der Katzen mit CNE weisen eine arterielle Hypertonie auf, wobei das IRIS-Stadium nicht mit den Grad oder der Prävalenz der Hypertonie zusammenhän.

Doroteia Bota

Schlussfolgerung

Arterielle Hypertonie tritt häufig bei Hunden und sehr häufig bei Katzen auf. Betroffen sind insbesondere Tiere im geriatrischen Alter, aber auch viele Patienten mit einer zugrundeliegenden Primärerkrankung. Wichtig ist eine Identifizierung sämtlicher Tiere mit Risiko für die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie, um medizinische Maßnahmen ergreifen zu können, bevor schwerwiegende Komplikationen auftreten, und um das Fortschreiten mit Hilfe regelmäßiger Kontrolluntersuchungen zu überwachen. Für die Behandlung einer Hypertonie stehen verschiedene Arzneimittel zur Verfügung, mit deren Hilfe der Blutdruck in vielen Fällen erfolgreich auf ein normales oder nahezu normales Niveau gesenkt werden kann. Von entscheidender Bedeutung sind jedoch die Identifizierung und eine wirksame Behandlung zugrundeliegender Ursachen einer Hypertonie.

Literatur

  1. Bijsmans ES, Jepson RE, Chang YM, et al. Changes in systolic blood pressure over time in healthy cats and cats with chronic kidney disease. J. Vet. Intern. Med. 2015;29:855-861.
  2. Acierno MJ, Brown S, Coleman AE, et al. ACVIM consensus statement: Guidelines for the identification, evaluation, and management of systemic hypertension in dogs and cats. J. Vet. Intern. Med. 2018;32:1803-1822.
  3. Challoub S, Palma D. Systemic Hypertension. In: Cotê E, Ettinger SJ, Feldman EC, Ettinger’s Textbook of Veterinary Internal Medicine. 9th ed. Philadelphia: Elsevier Inc. 2024;1422-1433.
  4. Syme HM. Cardiovascular and renal manifestations of hyperthyroidism. Vet. Clin. North Am. Small Anim. Pract. 2007;37:723-743.
  5. Jepson RE. Diagnosis, management and monitoring of hypertension in the cat. Available at: www.easethepressure.co.uk Accessed Nov 5th 2024.
  6. Reusch CE, Schellenberg S, Wenger M. Endocrine hypertension in small animals. Vet. Clin. North Am. Small Anim. Pract. 2010;40:335-352.
  7. San José PG, Bermejo CA, Moral IC, et al. Prevalence and risk factors associated with hypertension in dogs with spontaneous hyperadrenocorticism. J. Vet. Intern. Med. 2020;34:1788-1778.
  8. Taylor SS, Sparkes AH, Scansen BA. ISFM Consensus Guidelines on the Diagnosis and Management of Hypertension in Cats. J. Feline Med. Surg. 2017;19(3):288-303.
  9. Sent U, Gossl R, Elliott J, et al. Comparison of efficacy of long-term oral treatment with telmisartan and benazepril in cats with chronic kidney disease. J. Vet. Intern. Med. 2015;29:1479-1487.
  10. Glaus TM, Elliott J, Herberich E. et al. Efficacy of long-term oral telmisartan treatment in cats with hypertension: Results of a prospective European clinical trial. J. Vet. Intern. Med. 2019;33:413-422.

 

Doroteia Bota

Doroteia Bota

DVM, Dip. ECVIM-CA, AniCura Restelo Veterinary Hospital, Lissabon, Portugal

Dr. Bota erwarb 2007 einen integrierten Master-Abschluss in Veterinärmedizin an der Universität Lissabon, Portugal. Anschließend absolvierte sie ein allgemeines Internship und im Anschluss daran eine Residency im Bereich Innere Medizin am Centre Hospitalier Veterinaire Frégis, Frankreich, die sie 2012 abschloss. Im Jahr 2018 erhielt sie das Diplom des European College of Veterinary Internal Medicine (ECVIM-Ca). Als anerkannte Spezialistin für Innere Medizin der Kleintiere mit Zertifikat des European Board of Veterinary Specialisation (EBVS) arbeitet sie in einer tierärztlichen Klinik in Lissabon.