Pädiatrie: Die Ernährung neugeborener Welpen

Geschrieben von Kara M. Burns

Eine proaktive Strategie bei der Erstellung von Fütterungsplänen für neugeborene Hunde- und Katzenwelpen ist wichtig, um das Wachstum und die Entwicklung unserer jüngsten Patienten zu optimieren, und basiert auf dem guten Verständnis der spezifischen Ernährungsbedürfnisse.

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5 - 15 min
Ein neugeborener Hundewelpe auf einer Waage.

Kernaussagen

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Die Ernährung beeinflusst die Gesundheit und die Entwicklung von neugeborenen Katzen- und Hundewelpen und wirkt sich auf ihr Immunsystem, ihre Körperzusammensetzung, ihre Wachstumsrate und ihre Skelettentwicklung aus.

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Verwaiste Neugeborene haben denselben Bedarf wie Neugeborene mit Mutter; auch sie benötigen eine bedarfsgerechte Ernährung und Wärme.

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Bei der regelmäßigen Überprüfung eines Fütterungsplans sollten der allgemeine Gesundheitszustand, das äußere Erscheinungsbild, das Aktivitätsniveau, der Hydratationsstatus und die Gewichtszunahme der Neugeborenen berücksichtigt werden.

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Sämtliche Bestandteile des Kolostrums sind für das Überleben neugeborener Katzen- und Hundewelpen von entscheidender Bedeutung.


Einleitung

Die Zeit nach der Geburt stellt für alle Tierarten eine kritische Phase dar. Das Wachstum ist ein komplexer Prozess mit vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Genetik, Ernährung und anderen Umwelteinflüssen. Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit und die Entwicklung neugeborener Katzen- und Hundewelpen und wirkt sich direkt auf ihr Immunsystem, ihre Körperzusammensetzung, ihre Wachstumsrate und ihre Skelettentwicklung aus. Bei Neugeborenen und jungen Tieren ist die Ernährung nicht nur gut kontrollierbar, sondern vielleicht der wichtigste Faktor, der die Gesundheit und Krankheiten beeinflusst. Das Ziel der Ernährung junger Tiere ist es, ihre Entwicklung zu gesunden erwachsenen Tiere sicherzustellen. Dieser Artikel zeigt Strategien und Ziele bei der Erstellung eines erfolgreichen Ernährungsplans für neugeborene Hunde und Katzen. Zentrale Ziele sind ein gesundes Wachstum, eine verbesserte Entwicklung, die Minimierung von Risikofaktoren für die Entstehung von Erkrankungen und die Gewährleistung eines optimalen allgemeinen Wohlbefindens. Darüber hinaus trägt eine bedarfsgerechte Ernährung auch dazu bei, die Lernfähigkeit und die Immunfunktion zu optimieren, Übergewicht und Adipositas zu vermeiden und die Entwicklung orthopädischer Erkrankungen zu verhindern. 

Neugeborene

Die ersten zwei Lebenswochen werden bei Katzen und Hunden als Neonatalperiode bezeichnet, wobei die erste Woche als die kritischste Phase für das Überleben gilt (1, 2). Aufgrund der hohen Morbiditäts- und Mortalitätsraten stellt diese Zeit nach wie vor eine große Herausforderung für tierärztliche Praxisteams, Züchter*innen und Tierhalter*innen dar. Diese Raten liegen bei Hunden zwischen 5,7 und 35 % (3-6) und bei Katzen zwischen 14 und 16 % (7, 8). Neugeborene Katzen- und Hundewelpen sind physiologisch unreif und weisen einen nur geringen Körperfettanteil von 1-2 % auf im Vergleich zu 12-35 % Körperfett bei adulten Hunden und Katzen. Aufgrund dieser Unreife in der postnatalen Phase werden Hunde und Katzen als „Nesthocker“ bezeichnet, das heißt, sie kommen unreif zur Welt und für ihr Überleben sind sie vollständig von ihrer Mutter abhängig (1,9). Wenn ein Hunde- oder Katzenwelpe verwaist, muss er von Pflegeeltern versorgt werden, bis er reif genug ist, um selbstständig überleben zu können.

Das erste und wichtigste Ernährungsbedürfnis von neugeborenen Hunde- und Katzenwelpen ist die sofortige Aufnahme von Kolostrum unmittelbar nach der Geburt (Abbildung 1). Kolostrum wird von der Mutter in den ersten 24 bis 72 Stunden nach der Geburt gebildet und liefert Nährstoffe, Wasser, Wachstumsfaktoren, Verdauungsenzyme und mütterliche Antikörper. Die meisten Antikörper liegen wie andere Faktoren im Kolostrum in Form von großen Proteinen vor, die über die Darmbarriere absorbiert werden und dem Neugeborenen eine passive Immunität verleihen (1). Neugeborene können diese Proteine jedoch nur während der ersten 24 bis 72 Lebensstunden über den Darm absorbieren. Danach bietet eine weitere Gabe von Kolostrum dem Neugeborenen keinen zusätzlichen Immunschutz. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Welpen über das Kolostrum nur vor den Krankheiten geschützt sind, gegen die ihre Mutter geimpft wurde oder an denen die Mutter zuvor selbst erkrankt war und gegen die sie deshalb eine natürliche Immunität entwickelt hat. Die mit dem Kolostrum übertragene passive Immunität schützt das Neugeborene bis zur Entwöhnung und hält in der Regel bis zum Alter von etwa 16 Wochen an (1,10).

Eine Katze säugt ihre Katzenwelpen.
Abbildung 1. Das wichtigste Ernährungsziel bei einem Wurf neugeborener Hunde- oder Katzenwelpen besteht darin, sicherzustellen, dass die Welpen so bald wie möglich nach der Geburt von ihrer Mutter gesäugt werden, um Kolostrum zu erhalten. © Shutterstock

Sämtliche Bestandteile des Kolostrums sind für das Überleben des Neugeborenen von entscheidender Bedeutung. Der wesentliche Unterschied zwischen Kolostrum und „normaler“ Muttermilch liegt im Wassergehalt und in der Nährstoffzusammensetzung (1). Kolostrum enthält weniger Wasser als Muttermilch und ist daher etwas zähflüssiger und sieht konzentrierter aus. Der Wassergehalt der Milch steigt vom ersten bis zum dritten Tag nach der Geburt allmählich an (1, 10, 11). Darüber hinaus ist die Laktosekonzentration im Kolostrum niedriger als in der Milch, während der Protein- und der Fettgehalt höher liegen. Auch der Energiegehalt der Muttermilch steigt im Laufe der Laktation an (1,10). Erst einige Tage nach der Geburt bilden Neugeborene reichlich Glykogenreserven. Dieser anfängliche Mangel an Glykogen hat zur Folge, dass Neugeborene häufig gesäugt oder gefüttert werden müssen, während der ersten Lebenswoche manchmal sogar alle zwei Stunden.

Das zweite wichtige Problem bei neugeborenen Katzen- und Hundewelpen ist ihre Unfähigkeit, die eigene Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. In der ersten Lebenswoche müssen Neugeborene deshalb in einer Umgebungstemperatur von 29,5-32 °C gehalten werden und in der zweiten Woche bei 26,5-29,5 °C, da sie in diesen ersten Lebenswochen noch nicht in der Lage sind, ihre Körpertemperatur selbst zu regulieren (Abbildung 2). Wenn Neugeborene sich nicht ausreichend warmhalten können, besteht die Gefahr einer Unterkühlung (Hypothemie). Mögliche Folgen einer Unterkühlung sind Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und bei Sondenfütterung Probleme bei der Verdauung der Nahrung. Die Verweigerung der Nahrungsaufnahme kann dazu führen, dass ein Welpe von seiner Mutter verstoßen wird (1,10-12). Die beste Wärmequelle für einen Welpen ist zweifellos die eigene Mutter. Nach sechs Tagen können neugeborene Katzen- und Hundewelpen zwar zittern, um ihre Körpertemperatur zu erhöhen, sie sind aber immer noch sehr anfällig für Unterkühlung. In den ersten Lebenswochen ist es daher äußerst wichtig, die Umgebung der Welpen warm und zugfrei zu halten.

Neugeborene Hundewelpen unter einer Infrarotlichtlampe.
Abbildung 2. Junge Hunde- und Katzenwelpen sind nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur zu regulieren, und die beste Wärmequelle ist die Mutter. Insbesondere bei verwaisten Tieren kann manchmal jedoch zusätzliche Wärme erforderlich sein, beispielsweise durch Infrarotlampen. © Shutterstock

Verwaiste Katzen- und Hundewelpen

Katzen- und Hundewelpen werden in der Regel ohne Zwischenfälle von ihrer Mutter aufgezogen und können dann im Rahmen der Entwöhnung auf eine altersgerechte Nahrung zur Unterstützung des Wachstums umgestellt werden. Bei verwaisten Neugeborenen sind dagegen andere Fütterungsstrategien erforderlich. Als „verwaist“ gelten Neugeborene dann, wenn sie von der Mutterhündin bzw. Mutterkatze nicht ausreichend versorgt werden, um zu überleben (11,12). Wenn verfügbar, sollte versucht werden, verwaiste Jungtiere von einer anderen säugenden Hündin oder Katze annehmen zu lassen. Verwaiste Neugeborene haben die gleichen Bedürfnisse wie Neugeborene mit Mutter, das heißt sie benötigen bedarfsgerechte Nahrung und Wärme. Wenn keine tierische Pflegemutter verfügbar ist, müssen Katzen- und Hundewelpen von Hand aufgezogen werden. Sehr junge oder geschwächte Neugeborene können mit einer Sonde ernährt oder, wenn sie etwas älter und fitter sind, mit der Flasche aufgezogen werden. Die Fütterung mit der Flasche ist die sicherere und einfachere Option (Abbildung 3), sie kann jedoch insbesondere bei zahlenmäßig größeren Würfen sehr zeitaufwändig sein. Mit einer entsprechenden praktischen Demonstration und Schulung durch das Praxisteam kann die Sondenfütterung von den meisten Tierhalter*innen erlernt werden, so dass ihnen dann die Option einer schnelleren, wenn auch etwas riskanteren Fütterungsmethode zur Verfügung steht (13).

Kuh- und Ziegenmilch enthält im Vergleich zu Milch von Katzen und Hündinnen weniger Fett, weniger Protein, weniger Kalzium und weniger Kalorien und sollte daher bei Katzen- und Hundewelpen nicht zum Einsatz kommen (10, 12). Die Fütterungsempfehlungen für verwaiste Welpen variieren, die anfangs empfohlene Menge liegt in der Regel jedoch zwischen 13 und 18 ml Milch pro 100 g Körpergewicht (unter Verwendung einer Rezeptur mit einer Kaloriendichte von ca. 1 kcal/ml) und wird dann mit zunehmendem Gewicht des Welpen schrittweise erhöht (1,10,13). Nach jeder Fütterung sollte eine sanfte Stimulation im Anogenitalbereich mit einem Wattestäbchen oder einem warmen Tuch erfolgen, um den Harn- und Kotabsatz anzuregen. 

Das Verhältnis von Kasein zu Molke in der Milch unterscheidet sich ebenfalls von Tierart zu Tierart. Kasein ist das feste Protein in der Milch, während es sich bei der Molke um das flüssige Protein handelt. Die in der Milch enthaltene Menge an Kasein kann die Proteinverdauung, die Mineralstoffverwertung und die Aminosäurenzusammensetzung der Milch beeinflussen. Das Verhältnis Kasein zu Molke beträgt bei Katzen 60:40 und bei Hunden 70:30 (1,10). Zu berücksichtigen ist, dass aufgrund unterschiedlicher Kalzium- und Laktosegehalte die Milch von Hündinnen für Katzenwelpen ebenso ungeeignet ist wie umgekehrt die Milch von Katzen für Hundewelpen. 

Hundewelpe wird mit der Flasche gefüttert.
Abbildung 3. Das Füttern verwaister Welpen mit der Flasche ist sicherer und einfacher als die Sondenfütterung, kann jedoch zeitaufwändig sein. © Shutterstock

Beurteilung von verwaisten Hunde- und Katzenwelpen

Bei der regelmäßigen Überprüfung eines Fütterungsplans sollten der allgemeine Gesundheitszustand, das äußere Erscheinungsbild, das Aktivitätsniveau, der Hydratationsstatus und die Gewichtszunahme der verwaisten Welpen berücksichtigt werden. Bei Katzenwelpen liegt die erwartete Gewichtszunahme bei etwa 15-20 g pro Tag (12), und bei Hundewelpen bei 4 g pro Tag pro kg des erwarteten erwachsenen Körpergewichts (13). Häufiges oder dauerhaftes Wimmern oder andere Lautäußerungen können ein Anzeichen für Unwohlsein oder Hunger sein und erfordern eine Überprüfung und Neubewertung des Fütterungsplans. Ein niedriges Geburtsgewicht ist mit einer schlechten Überlebensfähigkeit verknüpft. Die mittleren Geburtsgewichte von Katzen- und Hundewelpen sind in Box 1 angegeben. 

 

Box 1. Mittlere Geburtsgewichte bei Hunde- und Katzenwelpen (3, 11, 12, 14).

Katzenwelpen 90-120 g
Hundewelpen kleiner Rassen 100-200 g
Hundewelpen mittlerer Rassen   250-350 g
Hundewelpen großer Rassen   350-500 g
Hundewelpen von Riesenrassen   600-700 g

 

In den ersten 24 Lebensstunden können Hunde- und Katzenwelpen aufgrund einer leichten Dehydratation und infolge des ersten Kotabsatzes in geringem Maße an Gewicht verlieren (14), sie sollten dann aber täglich zunehmen und ihr Geburtsgewicht bis zum Alter von 7-10 Tagen verdoppeln. Untersuchungen haben gezeigt, dass Hundewelpen, die während der ersten zwei Lebenstage mehr als 10 % ihres Geburtsgewichts verlieren, eine deutlich geringere Überlebenschance bis zum Absetzen haben als Welpen, die ihr Gewicht in diesen beiden Tagen halten oder zunehmen (14). Praxismitarbeiter*innen müssen daher sämtliche Neugeborenen kurz nach der Geburt, sowie nach 12 und nach 24 Stunden und anschließend täglich wiegen. Die Gewichte müssen sorgfältig dokumentiert werden, um jegliche unerwartete Veränderungen des Körpergewichts unmittelbar feststellen zu können (Abbildung 4).

Ein neugeborener Hundewelpe auf einer Waage.
Abbildung 4. Neugeborene sollten täglich gewogen werden. Eine gute Dokumentation ist unerlässlich, da sie unerwartete Veränderungen des Körpergewichts aufzeigen kann.

Milchersatzprodukte

Für die Ernährung von verwaisten Welpen wird die Verwendung eines kommerziellen Milchersatzproduktes empfohlen, da viele Rezepte für selbst zubereitete Nahrungen nicht geeignet sind, um den Bedarf eines wachsenden Hunde- oder Katzenwelpen zu decken. In der Regel werden diese Rezepturen für zu Hause nach dem „Trial-and-Error“ Prinzip entwickelt, und ihr tatsächlicher Nährstoffgehalt ist unbekannt (10-12). 

Die American Association of Feed Control Officials (AAFCO) gibt keine detaillierten Richtlinien für die Prüfung von Milchersatzprodukten heraus. Aus diesem Grund müssen bei diesen Produkten die Angaben des Herstellers zur Nährstoffzusammensetzung, zur Nährstoffintegrität und zur Fütterungseffizienz sehr sorgfältig geprüft werden, um die beste Option auszuwählen (1). Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst das beste Milchersatzprodukt dem Neugeborenen nicht die Vielfalt an Antikörpern liefern kann, die im Kolostrum enthalten sind. Daher muss sehr sorgfältig auf eine saubere Umgebung geachtet und die Übertragung von Krankheiten verhindert werden (1,10). Fütterungsutensilien wie Flaschen, Sauger und Schläuche müssen zwischen den Fütterungen sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden. Der Milchersatz sollte immer frisch zubereitet oder zwischen den Mahlzeiten gekühlt gelagert werden, um das Risiko einer bakteriellen Kontamination zu verringern. Es wird empfohlen, nur die tatsächlich innerhalb von 24 Stunden zu verbrauchende Menge an Milchersatz zuzubereiten, und eventuell nicht verbrauchte Restmengen im Kühlschrank aufzubewahren (11).

Die Schlüsselnährstoffe

Wasser

Wasser ist in allen Lebensphasen der wichtigste „Nährstoff“. Bei neugeborenen Hunde- und Katzenwelpen kann der Hydratationsstatus jedoch schwer einzuschätzen sein. Neugeborene haben weniger subkutanes Fett, so dass die Einschätzung des Hautturgors mit Hilfe des Hautfaltentestes ein eher ungenauer Indikator für den Hydratationsstatus ist. Gut hydrierte Hunde- und Katzenwelpen mit heller Pigmentierung weisen in der Regel eine tiefrosa Färbung des Bauches, der Schnauze und der Mundschleimhäute auf (Abbildung 5) (14), während Dehydratation zu einer dunkler rosafarbenen bis roten Färbung dieser Bereiche führen kann. Allerdings ist auch diese Beurteilungsmethode sehr subjektiver Natur. Dehydrierte Neugeborene können auch trockene Maul- und Augenschleimhäute aufweisen. Vorsicht ist jedoch geboten bei der Beurteilung der Maulschleimhäute von Neugeborenen, die kürzlich gesäugt wurden, da auf den Schleimhäuten verbleibende Milch die Oberfläche feucht erscheinen lässt, so dass der falsche Eindruck einer normalen Hydratation entstehen kann. Der Harn ist bei Neugeborenen normalerweise verdünnt und farblos (14), und jede gelbliche Färbung ist verdächtig für eine Dehydratation. 

Hunde- und Katzenwelpen benötigen eine relativ hohe Wasseraufnahme. Im Mittel braucht ein neugeborener Hundewelpe täglich ca. 130-220 ml/kg Körpergewicht, während ein neugeborener Katzenwelpe etwa 4,4-6,5 ml Flüssigkeit pro 28 g Körpergewicht aufnehmen muss (11,12,14). Verwaiste Hunde- und Katzenwelpen sollten täglich ca. 180 ml Wasser/kg Körpergewicht erhalten, um eine bedarfsgerechte Versorgung mit Flüssigkeit zu gewährleisten. Wenn der Milchersatz in der empfohlenen Verdünnung die erforderliche Flüssigkeitsmenge nicht liefert, sollte zusätzlich Wasser verabreicht werden bis eine Zufuhr von 180 ml/kg Körpergewicht erreicht ist.

Neugeborener Hundewelpe mit geschlossenen Augen.
Abbildung 5. Ein gut hydrierter Welpe hat in der Regel eine tiefrosa Färbung vom Bauch, Schnauze und Maulschleimhaut. © Kara M. Burns

Energie

Die Milch einer säugenden Katze oder Hündin weist eine Energieverdaulichkeit von über 95 % auf. Diese hohe Verdaulichkeit steigert die Verwertbarkeit der Milch und hilft Neugeborenen, die kritischen ersten Wochen zu überleben. Milch von Hündinnen ist energiereich und liefert etwa 146 kcal /100 g GE (Gross Energy = Bruttoenergie), und die durchschnittliche tägliche Energieaufnahme bei Hundewelpen beträgt in den ersten vier Lebenswochen etwa 240 kcal pro kg Körpergewicht (12).

Die tägliche Milchaufnahme (bzw. Aufnahme eines bedarfsgerecht formulierten Milchersatzes) bei Katzenwelpen beträgt in der ersten Lebenswoche etwa 10-15 % ihres Körpergewichts und zwischen der ersten und vierten Woche 20-25 % (11).

Protein und Aminosäuren

Die Proteinverdaulichkeit der Milch von Hündinnen ist sehr hoch, mit einer Stickstoffretention von ca. 90 % in der ersten Woche nach der Geburt. Zudem enthält die Milch der Hündin pro Volumeneinheit mehr als doppelt so viel Protein wie Kuhmilch (7,5 % gegenüber 3,3 %) (12) und weist einen hohen Gehalt an Arginin, Lysin und verzweigtkettigen Aminosäuren auf. Bei der Beurteilung und Formulierung von Milchersatzprodukten muss dieses Nährstoffprofil der natürlichen Muttermilch berücksichtigt werden, da es die hohe anabole Aktivität von Hundewelpen in diesem jungen Alter widerspiegelt. Der Proteinbedarf eines Hundewelpen sollte gedeckt sein, wenn er über die Muttermilch oder eine Ersatzmilch adäquater Zusammensetzung eine ausreichende Energiemenge aufnimmt.

Der Mindestproteinbedarf von säugenden Katzenwelpen wurde bislang noch nicht ermittelt, wird jedoch ähnlich wie bei Katzenwelpen in der Entwöhnungsphase auf ca. 18-20 % TM (Trockenmasse) geschätzt. Der Proteingehalt der Muttermilch einer Katze liegt zwischen 33 und 44 % TM (11).

Jeder Milchersatz muss einen ausreichenden Gehalt an Proteinen und essenziellen Aminosäuren aufweisen. Entscheidend ist der Gehalt an Arginin und Histidin, da eine mangelhafte Versorgung mit diesen beiden Aminosäuren bei Neugeborenen zur Bildung von Katarakten sowie zu Anorexie und Wachstumsstörungen führen kann. Taurin ist eine essenzielle Aminosäure für das normale Wachstum und eine gesunde Entwicklung von Katzenwelpen. Die Muttermilch einer gesunden Katze hat einen Tauringehalt von etwa 300 mg/l, während die Milch taurinarm ernährter Mutterkatzen einen wesentlich geringeren Tauringehalt aufweist, und dies kann das normale Wachstum und die gesunde Entwicklung von Neugeborenen beeinträchtigen. Milch von Boviden (Kuh, Schaf, Ziege) ist eine schlechte Taurinquelle. Wenn Tierhalter*innen einen selbst zubereiteten Milchersatz auf Kuhmilchbasis verwenden, muss dieser unbedingt mit Taurin (30 mg Taurin/100 ml Milchersatz) supplementiert werden. 

Fett

Milchfett ist eine wichtige Energiequelle und liefert säugenden Katzenwelpen essenzielle Fettsäuren. Die Qualität und die Quantität des Milchfetts werden durch die Zusammensetzung der Ernährung einer Mutterkatze beeinflusst, und dies wirkt sich wiederum auf die Fettzusammensetzung der neugeborenen Katzenwelpen aus. Über die gesamte Laktationsperiode steigt der Fettgehalt der Milch einer Mutterkatze an; die durchschnittliche Fettkonzentration liegt in der Regel bei 28 % TM. Darüber hinaus liefert Muttermilch die essenziellen Fettsäuren Linolsäure und Arachidonsäure mit einem Anteil von 5,8 % bzw. 0,5 % TM. Docosahexaensäure (DHA) ist eine essenzielle Fettsäure für die normale Entwicklung und Funktion der Netzhaut bei Katzenwelpen. Der DHA-Gehalt in der Muttermilch spiegelt die diätetische Versorgung der Mutterkatze mit DHA wider. Der empfohlene Trockensubstanzgehalt von DHA plus Eicosapentaensäure (EPA) in der Nahrung für Katzenwelpen nach dem Absetzen beträgt 0,01 %, wobei EPA 60 % der Gesamtmenge aus DHA plus EPA nicht überschreiten sollte. Diese Werte gelten auch bei Milchersatzprodukten für verwaiste neugeborene Katzenwelpen.

Die Milch von Hündinnen sollte mindestens 9 g Fett pro 100 g Milch enthalten. Milch von Hündinnen weist einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren auf und ist reich an Linolsäure. Zu berücksichtigen ist, dass Milchfett und die Fettsäurenzusammensetzung sehr variable Komponenten der Muttermilch sind und oft die Ernährung der Mutterhündin widerspiegeln. Die Fettsäurenzusammensetzung der Milch kann durch die Art der von der Hündin mit der Nahrung aufgenommenen Fette sowie das Fettsäureprofil ihrer körpereigenen Fettdepots beeinflusst werden.

Untersuchungen zeigen, dass sich die Netzhautfunktion junger Hunde verbessert, wenn die Mutterhündin während der Trächtigkeit und Laktation mit Nahrungen gefüttert wird, die langkettige mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren (n-3) enthalten (15). Der EPA-Anteil sollte 60 % der Gesamtmenge von DHA plus EPA nicht überschreiten, das heißt, DHA muss mindestens 40 % der Gesamtmenge von DHA plus EPA oder 0,02 % ausmachen. DHA verbessert nachweislich auch die Lernfähigkeit von Hunden (16). Linolsäure ist für ein normales Wachstum erforderlich; der Linolsäuregehalt in der Milch von Hündinnen beträgt 4,9 % TM. 

Kohlenhydrate

Die Laktosekonzentration der Muttermilch einer Katze liegt zwischen 14 und 26 % in der Trockenmasse. Für säugende Katzenwelpen wurde bislang aber kein Bedarf für Kohlenhydrate definiert. Das Praxisteam muss Halter*innen von Katzenwelpen darauf hinweisen, dass eine Überfütterung mit Kuhmilch zu vermeiden ist, da es aufgrund der bakteriellen Verstoffwechselung unverdauter Laktose im Dickdarm zu Diarrhoe, Blähungen und abdominalen Beschwerden bei Katzenwelpen kommen kann. Kuhmilch sollte deshalb nur in begrenzten Mengen gegeben und bei Auftreten jeglicher Unverträglichkeit sofort abgesetzt werden.

Der Laktosegehalt (Hauptkohlenhydrat in der Milch) in der Milch von Hündinnen liegt zwischen 3,0 und 3,5 % und ist damit um etwa 30 % niedriger als in Kuhmilch. In den ersten Lebenswochen eines neugeborenen Hundewelpen sollte Laktose die Hauptkohlenhydratquelle sein, um Diarrhoe zu vermeiden. Die Aktivität des Enzyms Pankreas-Amylase ist im Alter von vier Wochen unbedeutend und im Alter von acht Wochen gering, während umgekehrt die Aktivität des Enzyms Laktase im Darm bis zum Alter von etwa vier Monaten höher ist.

Kalzium und Phosphor

Die Kalziumkonzentrationen im Kolostrum der Katze sind niedrig (0,22 % TM), steigen dann aber in Richtung Mitte bis Ende der Laktation auf etwa 1 % TM an, da der Kalziumbedarf des Neugeborenen in den frühen Lebensphasen eher gering ist und dann mit der Knochenmineralisierung und dem Wachstum ansteigt. Die Phosphorkonzentrationen in der Milch variieren dagegen nicht in gleichem Maße. Das Kalzium-Phosphor-Verhältnis steigt von einem niedrigen Wert von 0,4:1-0,8:1 am ersten Tag der Laktation auf etwa 1:1 zwischen der ersten und dritten Lebenswoche (11,17).

Bei Hündinnen ist der Kalziumgehalt im Kolostrum sehr hoch, sinkt jedoch nach zwei bis drei Tagen auf einen Wert unter dem der reifen Muttermilch. Das Kalzium-Phosphor-Verhältnis bleibt konstant bei etwa 1,3:1. Der Kalzium- und Phosphorgehalt in der Milch ist bei allen Hunderassen ähnlich.

Für die Ernährung von verwaisten Welpen wird die Verwendung eines kommerziellen Milchersatzproduktes empfohlen, da viele Rezepte für selbst zubereitete Nahrungen nicht geeignet sind, um den Bedarf eines wachsenden Hunde- oder Katzenwelpen zu decken. In der Regel werden diese Rezepturen für zu Hause nach dem „Trial-and-Error“ Prinzip entwickelt und ihr tatsächlicher Nährstoffgehalt ist unbekannt.

Kara M. Burns

Schlussfolgerung

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit und Entwicklung wachsender Hunde- und Katzenwelpen und wirkt sich direkt auf das Immunsystem, die Körperzusammensetzung, die Wachstumsrate und die Skelettentwicklung aus. Bei Neugeborenen ist die Ernährung gut kontrollierbar und vielleicht der wichtigste Faktor, der Gesundheit und Krankheit beeinflusst. Das tierärztliche Praxisteam muss wissen, dass das Ziel eines Fütterungsplans für Hunde- und Katzenwelpen darin besteht, sie zu gesunden erwachsenen Tieren zu entwickeln. Somit bestehen die spezifischen Ziele eines geeigneten Fütterungsplans für Neugeborene in der Förderung eines gesunden Wachstums und einer optimalen Entwicklung bei gleichzeitiger Minimierung von Risikofaktoren für Krankheiten.

 

Literatur

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Kara M. Burns

Kara M. Burns

MS, MEd, LVT, VTS (Nutrition), VTS Hon (Internal Medicine, Dentistry), Independant Nutritional Consultancy, Lafayette, IN, USA

Kara Burns ist Licenced Veterinary Technician (LVT) und Veterinary Technician Specialist (VTS) in Nutrition. Sie schult weltweit Unternehmen in den Bereichen richtige Ernährung von Haustieren und optimaler Einsatz tierärztlicher Praxisteams. Als Gründerin der Academy of Veterinary Nutrition Technicians, ehemalige Präsidentin der Pet Nutrition Alliance und der National Association of Veterinary Technicians in America ist sie eine international gefragte Referentin und Autorin.

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